Controller Magazin 6/2018 - page 65

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Zusätzlich wird die Beschäftigung mit Risiken
in den letzten Jahren auch als originäres Auf-
gabenfeld praktischer Controllerinnen und
Controller betrachtet. Hier ist jedoch die Ab-
grenzung von Risikomanagement und Risiko-
controlling in der Praxis häufig unklar. Zudem
besteht die Vermutung, dass sich verschiede-
ne Abteilungen und Funktionsbereiche – in
Großkonzernen neben dem Controlling auch
Risikomanagement i. e. S., Treasury/Finanz-
abteilung, Compliance, Interne Revision und
Qualitätsmanagement – mit verschiedenen,
teilweise aber auch denselben Risiken be-
schäftigen, diese bewerten und Steuerungs-
ansätze entwickeln sollen, ohne dass eine Ab-
stimmung stattfände oder Daten im großen
Stil zusammengeführt oder aufeinander abge-
stimmt würden. Durch das neue CSR-Richt-
linie-Umsetzungsgesetz, nach dem große ka-
pitalmarktorientierte Unternehmen erweiter-
ten Berichtspflichten zu nicht-finanziellen
Themen unterliegen, und die gestiegene öf-
fentliche Sensibilisierung für Risikomanage-
ment und Risikocontrolling gewinnt das The-
ma weiter an Brisanz. Vor diesem Hintergrund
hat das Aalener Institut für Unternehmensfüh-
rung (AAUF) im Jahr 2018 eine Online-Erhe-
bung zu Risikomanagement und Risikocon-
trolling in der Praxis durchgeführt.
Untersuchungsrahmen
Die nachstehenden Auswertungen beziehen
sich auf die Ergebnisse einer Befragung von
Managern und Controllern in unterschiedlich
großen Unternehmen. Ziel der Studie war es,
ein aktuelles Bild über die Risikomanagement-
praxis in deutschen Unternehmen zu gewin-
nen. Hierbei stehen insbesondere die Ausge-
staltung des Risikomanagements sowie Ten-
denzen und Herausforderungen im Mittelpunkt
der Betrachtung. Insgesamt enthielt der Fra-
gebogen 45 Fragen, die in sieben Abschnitte
unterteilt waren.
Die Datenerhebung erfolgte mit Hilfe eines
standardisierten Online-Fragebogens, der offe-
ne und geschlossene Fragen enthielt. Zur Über-
prüfung des Fragebogens wurde zunächst ein
Pre-Test mit mehreren Probanden durchge-
führt, der im Durchschnitt etwa 20 Minuten
dauerte. Im Anschluss erfolgte die tatsächliche
Befragung im Zeitraum vom 16.01.2018 bis
zum 14.02.2018. Hierfür wurden vorab mit Hil-
fe der Datenbank Nexis (ehemals LexisNexis)
per Zufallsprinzip E-Mail-Adressen von deut-
schen Unternehmen unterschiedlicher Größen
generiert. Insgesamt erhielten 19.632 Unter-
nehmen den Link zur Onlineumfrage. Der On-
linefragebogen wurde im Befragungszeitraum
1.991-mal aufgerufen, was einer Teilnahme-
quote von 9,86 Prozent entspricht. 331 Unter-
nehmen beantworteten die gestellten Fragen,
wobei 11 Unternehmen die Umfrage vorzeitig
abbrachen (Ausschöpfungsquote: 16,62 Pro-
zent). Die Stichprobengröße beläuft sich somit
auf 320 Unternehmen und die Rücklaufquote
auf 1,63 Prozent.
62 Prozent der Fragebögen wurden von ange-
stellten Manager(innen) ausgefüllt, 11 Prozent
von der Geschäftsführung oder dem Top-Ma-
nagement, die restlichen Fragebögen von Per-
sonen anderer Positionen. Im Durchschnitt ge-
hören die Unternehmen zur Gruppe der Groß-
unternehmen mit 3.114 Mitarbeitern und 798
Mio. Euro Umsatz. Eine Mehrheit von 52 Pro-
zent der Unternehmen ist als GmbH formiert,
gefolgt von 18 Prozent in der Rechtsform
GmbH & Co KG. Die Verteilung nach Branchen
gestaltet sich wie folgt: 36 Prozent der Unter-
nehmen sind Industrieunternehmen, 9 Prozent
Handelsunternehmen und 55 Prozent Dienst-
leistungsunternehmen, wovon 13 Prozent im
Finanzdienstleistungssektor tätig sind. 60 Pro-
zent der befragten Unternehmen sind Teil ei-
nes Konzerns, wobei es sich bei 53 Prozent
um das Mutterunternehmen und bei 47 Pro-
zent um eine Tochtergesellschaft handelt. Mit-
bestimmungspflichtig sind 48 Prozent der Un-
ternehmen. Bezüglich der Unterscheidung
zwischen Familien- und Nicht-Familienunter-
nehmen sind gemäß den Angaben der Proban-
den 39 Prozent der Unternehmen Familienun-
ternehmen und 61 Prozent Nicht-Familien-
unternehmen.
Rahmenbedingungen
Risikomanagement ist in den meisten Unter-
nehmen (81 Prozent) ein Thema, das aktiv und
regelmäßig von Geschäftsführung oder Vor-
stand diskutiert wird. Die Gesamtverantwor-
tung für Risikomanagement liegt hauptsächlich
beim CEO bzw. der Geschäftsführung (38 Pro-
zent). In weiteren 12 Prozent der Unternehmen
ist der Chief Risk Officer verantwortlich, in 10
Prozent der Chief Financial Officer. In 14 Pro-
zent der Unternehmen ist keine explizite Verant-
Autoren
Prof. Dr. habil. Patrick Ulrich
ist Inhaber der Professur für Unternehmensführung und -kon-
trolle an der Hochschule Aalen – Technik und Wirtschaft. Er
ist Sprecher des Direktoriums des Aalener Instituts für Unter-
nehmensführung (AAUF).
E-Mail:
Dipl. Wirtsch.-Ing. Thomas Spitzenpfeil
war bis 30.9.2018 CFO/CIO der Carl Zeiss AG, Oberkochen,
seit 1.10.2018 ist er CFO und Mitglied des Management Boards
der Schenck Process Group, Darmstadt.
Prof. Dr. Ingo Scheuermann
ist Dekan der Fakultät Wirtschaftswissenschaften an der
Hochschule Aalen und Direktor des Aalener Instituts für Unter-
nehmensführung.
E-Mail:
CM November / Dezember 2018
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