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Liebe Leserin, lieber Leser,
zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderun-
gen an ein Risikomanagementsystem,
die sich aus dem KonTraG ergeben, ist die
Risikoaggregation zwingend erforderlich.
Durch diese werden die Kombinations-
effekte der quantifizierten Einzelrisiken aus-
gewertet, um festzustellen, ob sich durch
diese eine „bestandsgefährdende Entwick-
lung“ (im Sinne § 91 Absatz 2 AktG) ergibt
(siehe IDW PS 340).
Bekanntlich erfordert die Risikoaggregation eine
Monte-Carlo-Simulation, da Risiken nicht addier-
bar sind. Das Ergebnis der Risikoaggregation ist
der aggregierte Gesamtrisikoumfang. Viele
Risikomanager und Controller haben noch immer
Probleme, wenn es darum geht, das Ergebnis
der Risikoaggregation – den Gesamtrisiko-
umfang – der Finance-Abteilung, dem Control-
ling und der Geschäftsführung oder dem Vor-
stand zu vermitteln. Man benötigt eine möglichst
einfache interpretierbare Kennzahl.
Ein Kennzeichen für den Gesamtrisikoumfang ist
der „Eigenkapitalbedarf“ (Value at Risk, der die
Höhe von Verlust ausdrückt, die z.B. mit 99%iger
Sicherheit nicht überschritten wird). Weniger
bekannt ist der Variationskoeffizient der (aus-
schüttungsfähigen) Erträge – oder näherungs-
weise der Gewinne. Diese Kennzahl für die
Planungssicherheit zeigt den Umfang möglicher
risikobedingter Ertragsschwankungen und ist
formal das Verhältnis der Standardabweichung
zum Erwartungswert (siehe Gleißner, Grundlagen
des Risikomanagements, 3. Aufl., 2017,
S. 206 - 207). Die Kenntnis des Variations-
koeffizienten des eigenen Unternehmens erlaubt
einen Vergleich des eigenen Risikoumfangs
bzw. der Robustheit des eigenen Geschäfts-
modells mit anderen Unternehmen (s. Tab. 1).
Für die Kommunikation und Nutzung von Risiko-
informationen ist hilfreich, dass man den
Variationskoeffizienten in einen Kapitalkosten-
satz, also in eine risikogerechte Anforderung an
die Rendite eines Unternehmens (oder Projektes)
umrechnen kann. So kann man Ergebnisse der
Risikoaggregation in der wertorientierten Unter-
nehmenssteuerung nutzen (Berechnung von
WACC für EVA oder Strategiebewertung). Nähe-
rungsweise ist der Kapitalkostensatz k = risiko-
loser Zins + 0,5 ·
Ѝ
· Variationskoeffizient (mit
Ѝ
= 0,25 als „Marktpreis des Risikos“ / Sharpe
Ratio und bei mittlerer Diversifikation d = 0,5;
genauer bei Gleißner, 2017, S. 366 - 378).
In dieser Ausgabe des Controller Magazins
finden Sie im Beitrag von Robert Rieg, „Hebel-
wirkung des Fremdkapitals – Grenzen und
Risikoabschätzung mittels Monte-Carlo-Simu-
lation“, ein Beispiel für die Anwendung der
Monte-Carlo-Simulation: Die Erhöhung des
Fremdkapitals führt hier zu steigendem Varia-
tionskoeffizienten und höheren Kapitalkosten.
Auch zwei weitere interessante Texte möchte ich
empfehlen: Oliver Kunze und Markus Fellner
mit „The Tactical Gap – Warum gute strategische
Pläne in der Umsetzung scheitern“ sowie
Dieter Pape mit „Integrierte Kennzahlen im
Risikomanagement &Controlling“. //
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!
Prof. Dr. Werner Gleißner
TOP
EVENT
18. Mai 2017
– Sitzung des AK „Interne Revision
und Risikomanagement“ in Wolfsburg
07. Juli 2017
– Sitzung des AK „Integriertes
Risikomanagement“ – Ort wird noch festgelegt
10. Juli 2017
– Sitzung des AK „Human-Risk-Factors“
zu Gast bei der Technischen Hochschule Stuttgart
16. /17. Okt. 2017
– 12. Risk Management Congress
Impressum
Ralf Kimpel
Vorsitzender des Vorstands der
Risk Management Association e. V.
V.i.S.d.P.
RMA-Geschäftsstelle
Risk Management Association e. V.
Englmannstr. 2, D-81673 München
Tel.: +49.(0)1801 – RMA TEL (762 835)
Fax: +49.(0)1801 – RMA FAX (762 329)
E-Mail:
Web:
Prof. Dr. Werner Gleißner
Tel.: +49.(0)711- 79 73 58 30
CM Mai / Juni 2017
Der Variationskoeffizient der Erträge
Eine einfache Kennzahl für den Gesamtrisikoumfang
Prof. Dr. Werner Gleißner
Unternehmen
1*
2*
Fresenius Medical Care
0,13
4,7%
Henkel
0,14
4,8%
Linde
0,14
4,8%
Fresenius
0,17
5,2%
Adidas
0,17
5,3%
SAP
0,17
5,3%
Siemens
0,19
5,5%
Beiersdorf
0,20
5,6%
BMW
0,24
6,2%
Deutsche Börse
0,25
6,3%
BASF
0,26
6,5%
Bayer
0,29
6,9%
Münchener Rück
0,29
6,9%
ProSiebenSat.1
0,30
7,0%
Daimler
0,39
8,3%
Merck
0,39
8,3%
Continental
0,41
8,6%
Allianz
0,45
9,1%
Deutsche Post
0,45
9,1%
K+S
0,64
11,9%
Lufthansa
0,66
12,2%
Tabelle 1: Ertragsrisiko und Kapitalkosten
(Gleißner, BewertungsPraktiker 2016, S. 60-70)
1. Variationkoeffizient der Gewinne (1997 bis 2016)
2. Kapitalkosten aus Variationskoeffizient