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Im Zusammenhang mit der Einführung des
Konzeptes des „durchschnittlichen Marktzins-
satzes“ nach § 253 (2) HGB im Rahmen des
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (Bil-
MoG) zum Stichtag 31.12.2009 kam es in der
Praxis bei der Bewertung der
Pensionsrück-
stellungen
in aller Regel zu deutlichen Erhö-
hungen. Der zu diesem Zeitpunkt festgestellte
Erhöhungsbetrag musste nicht sofort als Auf-
wand erfasst werden, sondern kann bis zum
31.12.2024 (!) verteilt werden. Wenn von die-
ser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, ist in
jedem Jahr mindestens 1/15 als Aufwand zu
erfassen. Der
Fehlbetrag
ist
im (Konzern-)
Anhang
nach HGB
anzugeben
(vgl. Art. 67
(1), (2) EGHGB).
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c) Aktuelle Änderungen der handelsrecht-
lichen Bilanzierung von Altersversor-
gungsverpflichtungen
Am
16.03.2016
wurden in Folge des dauerhaft
niedrigen Zinsniveaus am Kapitalmarkt - insbe-
sondere auf Drängen diverser Unternehmen
und Verbände - die Regelungen zur Bilanzie-
rung von Altersversorgungsverpflichtungen
(kurz: AVP) durch
§ 253 (2) S. 1 und (6) HGB
neuer Fassung
wie folgt geändert:
·
Rückstellungen für AVP sind danach auf Basis
des
durchschnittlichen Marktzinssatzes
der vergangenen 10 Jahre
zu ermitteln.
·
Für die Rückstellungen für AVP ist allerdings
zukünftig
in jedem (!) Geschäftsjahr der
Unterschiedsbetrag
zwischen den Rück-
stellungen, die auf Basis des „alten“ 7-jähri-
gen Durchschnitts und des „neuen“ 10-jähri-
gen Durchschnitts zu berechnen.
·
Der dabei festgestellte
Unterschiedsbetrag
ist unter der Bilanz oder im Anhang anzuge-
ben. Gewinne dürfen ferner nur ausgeschüt-
tet werden, wenn die nach der Ausschüttung
verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen zu-
züglich eines Gewinnvortrags und abzüglich
eines Verlustvortrags mindestens diesem er-
mittelten Unterschiedsbetrag entsprechen.
Die dargestellten Änderungen sind nach Art. 75
(6) S. 1 EGHGB
pflichtweise
erstmals auf Jah-
resabschlüsse für Geschäftsjahre anzuwenden,
die nach dem 31.12.2015 enden. Sie dürfen
gemäß Art. 75 (7) S. 1 EGHGB
wahlweise
aber auch schon auf Jahresabschlüsse für sol-
hier einen
zentralen Unterschied
. In IAS 37
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ist mit dem jeweiligen „Markzinssatz“ am Bi-
lanzstichtag abzuzinsen, während nach
§ 253
(2) S. 1 HGB
Rückstellungen mit einer Rest-
laufzeit von mehr als einem Jahr mit dem ihrer
Restlaufzeit entsprechenden durchschnitt-
lichen Marktzinssatz der vergangenen sie-
ben Geschäftsjahre
abzuzinsen sind.
Besonderheiten bestehen darüber hinaus bei
Rückstellungen für Altersversorgungsver-
pflichtungen oder vergleichbaren langfris-
tig fälligen Verpflichtungen
. Diese dürfen ge-
mäß
§ 253 (2) S. 2 HGB
(wahlweise) auch pau-
schal mit dem durchschnittlichen Marktzins-
satz abgezinst werden, der sich bei einer
angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren
ergibt. Die relevanten Abzinsungszinssätze
werden von der
Deutschen Bundesbank
er-
mittelt und monatlich auf deren Homepage
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bekannt gegeben. Da es sich um einen
durch-
schnittlichen Marktzinssatz
der letzten 7
Jahre handelt, ist dieser bei weitem nicht so vo-
latil wie der
stichtagsbezogene „Marktzins-
satz“
nach IFRS. Die Schwankung der Rück-
stellungen – insbesondere der Pensionsrück-
stellungen – fällt daher nach HGB deutlich ge-
ringer aus als im Abschluss nach IFRS.
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Die
aus der
Änderung des Diskontierungssatzes
resultierende Veränderung des Rückstellungs-
betrags ist im
HGB
allerdings immer
erfolgs-
wirksam
zu erfassen, während diese bei den
Pensionen nach IAS 19 erfolgsneutral
zu
buchen ist.
jahr innerhalb von drei Monaten, oder für Ab-
raumbeseitigung, die im folgenden Geschäfts-
jahr nachgeholt werden,
zu bilden.
Dabei
handelt es sich systematisch um sog. „
Auf-
wandsrückstellungen
“. Bei diesen Rück-
stellungen mangelt es an den in IAS 37.14 (a)
geforderten Ansatzkriterien. Insoweit besteht
bei diesen Sachverhalten zwingend ein Unter-
schied zwischen den Bilanzierungsregeln
nach IFRS und HGB.
Im Bereich der
Pensionsrückstellungen
gibt
es darüber hinaus in
Art. 28 EGHGB
noch ge-
wisse
Passivierungswahlrechte
für solche
Pensionszusagen, die
vor dem 1.1.1987 er-
teilt
wurden. Dieser Fall kommt in der Praxis
leider immer wieder vor. Zumindest ist dann
aber im (Konzern-)
Anhang nach HGB
über
den
Umfang nicht gebuchter Pensionsrück-
stellungen zu berichten.
b) Bewertung von Rückstellungen
Im Gegensatz zu den unterschiedlichen Auffas-
sungen in der Kommentarliteratur zu IAS 37 ist
es für Zwecke des HGB-Abschlusses unum-
stritten, dass Rückstellungen im Falle von
Sach- und Dienstleistungsverpflichtungen
zu
Vollkosten
zu bewerten sind.
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Ferner wurde im Rahmen des BilMoG in Annä-
herung zu den IFRS-Regelungen in
§ 253 (2)
HGB
eine
generelle Abzinsungspflicht für
Rückstellungen
eingeführt. Allerdings gibt es
Autoren
Thomas Amann, WP, StB, CPA
ist Vorsitzender des Verwaltungsrates der iaf Institute for Ac-
counting & Finance SE sowie geschäftsführender Gesellschafter
der Amann Advisory GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Neben seiner Referententätigkeit für das CA institute for accoun-
ting & finance betreut er schwerpunktmäßig börsennotierte Ge-
sellschaften in Fragen der internationalen Rechnungslegung.
Carsten Ernst, WP, StB
ist Mitglied des Verwaltungsrates der iaf Institute for Accoun-
ting & Finance SE sowie geschäftsführender Gesellschafter der
WirtschaftsTreuhand GmbH. Neben seiner Referententätigkeit
für das CA institute for accounting & finance prüft und berät er
börsennotierte Konzerne sowie große mittelständische Familien-
unternehmen.
Bilanzierung von Rückstellungen nach IFRS, HGB und Bilanzsteuerrecht