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KANZLEIEN
_MEHR ALS 20 ARBEITSRECHTLER
spezial Kanzleien im Arbeitsrecht 2017
Ein Schwerpunkt des Arbeitsrechtlers ist die
Verhandlung von Interessenausgleichen
und Sozialplänen. Was ist im Umgang mit
dem Betriebsrat zu beachten?
Dr. Christopher Melms:
Der Betriebsrat hat
bei Interessenausgleichen und Sozialplänen
sehr weitreichende Rechte. Deshalb ist es
wichtig, von Beginn an eine konstruktive Ver-
handlungssituation zu schaffen. Wir nehmen
den Betriebsrat ernst und hören uns seine
Sichtweise und Argumente in Ruhe an, damit
wir seinen Standpunkt nachvollziehen kön-
nen. Nur so können wir am Ende sachgerech-
te Lösungen finden, die für alle Beteiligten
annehmbar sind. Die Verhandlungsstrategie
und Argumentation bereiten wir in Abstim-
mung mit dem Mandanten sehr gründlich
vor. Dazu gehört auch viel Aufklärungsar-
beit, denn die Situation des Arbeitgebers ist
dem Betriebsrat nicht immer hinreichend
bekannt. Häufig ist die geplante Restrukturie-
rung der einzige Weg, um das Unternehmen
und damit auch die restlichen Arbeitsplätze
zu erhalten. Nicht nur die zu erwartenden
Nachteile der betroffenen Arbeitnehmer,
sondern auch die wirtschaftliche Lage des
Unternehmens muss bei der Bestimmung des
Sozialplanvolumens berücksichtigt werden.
Wie gehen Sie in Ihrer Kanzlei grundsätzlich
an Mandate heran und wie stellen Sie sich
personell dabei auf?
Melms:
Jedes Mandat ist anders und erfor-
dert eine individuelle Betreuung. Eine gute
und vertrauensvolle Beziehung zwischen
dem Mandanten und dem mandatsführenden
Anwalt ist der Grundstein einer erfolgreichen
Partnerschaft. Bei Sonderprojekten stellen wir
bei Bedarf Teams mit einer größeren Manpo-
wer zur Verfügung. Aufgrund der Teamstärke
können wir auf umfangreichere und kurzfristi-
ge Anfragen schnell reagieren. Falls der Man-
dant auch Fragen zu anderen Rechtsgebieten
hat, können wir jederzeit Anwälte aus diesen
Rechtsgebieten hinzuziehen. Sie sitzen bei
uns direkt „im Haus“, so dass Abstimmungs-
prozesse bei interdisziplinären Mandaten
reibungslos funktionieren. Bei ausländischen
Rechtsfragen ziehen wir Kolleginnen und Kol-
legen unserer Büros im Ausland hinzu oder
greifen auf unser internationales Netzwerk
zurück. Wir arbeiten in unserer Kanzlei häufig
fachübergreifend und überörtlich zusammen.
Unsere Mandanten schätzen das.
Die Digitalisierung wirkt sich auf verschie-
dene Arbeitsbereiche in Unternehmen aus.
Welche arbeitsrechtlichen Fragen stellen
sich dabei nach Ihrer Erfahrung? In welchen
arbeitsrechtlichen Bereichen sehen Sie ei-
nen Handlungsbedarf des Gesetzgebers?
Melms:
Die Digitalisierung beschäftigt auch
die Arbeitsrechtler in zunehmendem Maße. Es
stellen sich vor allem Fragen zu den Möglich-
keiten einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung.
Die weltweite Vernetzung macht es immer öf-
ter nötig, dass Arbeitnehmer auch mal in den
Abendstunden an einer Telefonkonferenz teil-
nehmen oder E-Mails beantworten müssen.
Gleichzeitig wünschen sich die Mitarbeiter
mehr Work-Life-Balance, möchten also zum
Beispiel ihre Kinder nachmittags von der Kita
abholen und am Abend von zuhause aus wei-
terarbeiten. Dieser Praxis setzt das deutsche
Arbeitszeitrecht enge Grenzen. Das Weißbuch
„Arbeiten 4.0“ des Bundesarbeitsministeriums
Interview
mit Dr. Christopher Melms, Leiter der Praxisgruppe Arbeitsrecht, München
Dr. Christopher Melms
ist ein erster Schritt in die richtige Richtung,
aber es gibt für den Gesetzgeber noch sehr
viel zu tun. Auch zu Homeoffice und mobiler
Arbeit werden wir häufig gefragt. Hier kommt
es auf eine saubere Gestaltung an, denn diese
Arbeitsmodelle bergen einige rechtliche Fall-
stricke, zum Beispiel beim Unfallschutz, Da-
tenschutz und der Mitbestimmung. Im Zuge
der Digitalisierung entstehen auch neue Ar-
beitsformen wie zum Beispiel Crowdworking.
Dabei spielt vor allem das Thema Scheinselb-
ständigkeit eine Rolle.