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06/18 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
kräfte, 200 Unternehmen und 7.500
Mitarbeiter weltweit zu ihrer Unter
nehmenskultur, Zielen und Erfolgen
befragt. Dabei zeigte sich, dass die meis
ten der befragten Unternehmen bei der
Entwicklung ihrer Unternehmenskultur
einen streng mitarbeiterorientierten An
satz verfolgen, indem sie die der Kultur
entsprechenden Verhaltensweisen un
ter ihren Mitarbeitern fördern und neue
Mitarbeiter einstellen, die gut zu dieser
vorgegebenen Kultur passen. Über 80
Prozent der weltweit befragten Unter
nehmen nutzen diesen Ansatz derzeit,
ein Kostenfaktor von durchschnittlich
über 2.200 US-Dollar pro Mitarbeiter und
Jahr. Trotz dieser hohen Investitionen in
den Ausbau einer bestimmten Unterneh
menskultur sind allerdings nur 31 Pro
zent der Personalverantwortlichen über
zeugt, dass ihre Organisation tatsächlich
die richtige Kultur hat, um die zukünftige
Geschäftsentwicklung voranzutreiben.
Eine der zentralen Erkenntnisse der
Analyse ist, dass es bei der Entwicklung
einer leistungsfähigen Unternehmens
kultur nicht lediglich darum geht, eine
„richtige“ Kultur auszuwählen und zu
verkünden. Natürlich muss zunächst
festgestellt werden, welche Kultur aktu
ell das Unternehmen faktisch bestimmt,
und was daran gegebenenfalls zu ändern
ist. Entscheidend ist dann, die Mitarbei
ter dazu zu bringen, die Kultur zu leben
und anzuwenden, die das Unternehmen
braucht. DiesewechselseitigeAnpassung
Mitarbeiter – Kultur ist ein strategischer
Prozess, der weit über übliche Kultur
entwicklungsansätze wie etwa Kom
munikation und Trainings hinausgeht.
Bevor Personalverantwortliche jedoch
eine Kulturstrategie erstellen, müssen
sie sich der drei wichtigsten Lücken bei
Mitarbeitern bewusst sein, die der Kul
turentwicklung häufig entgegenstehen:
• Wissenslücke: Den Mitarbeitern fehlt
das Bewusstsein für die Kultur, welche
die Organisation braucht.
• Mindset-Lücke: Mitarbeiter glauben
nicht an die Kultur, welche die Organi
sation benötigt.
• Verhaltenslücke: Mitarbeiter berück
sichtigen nicht die Verhaltensweisen,
welche mit der benötigten Kultur in Zu
sammenhang stehen.
Gestalten Sie eine Kultur,
die funktioniert
Die Kombination von Wissen, Denkwei
se und Verhalten wird als Workforce-
Culture-Alignment (WCA) bezeichnet.
Ein signifikanter Einfluss der WCA auf
Umsatz und Ertrag (bis zu neun Pro
zent) konnte in der Studie nachgewie
sen werden. Eine hohe WCA zeichnet
sich dadurch aus, dass ein möglichst ho
her Anteil der Führungskräfte und Mit
arbeiter im Unternehmen in Bezug auf
Wissen („Welche Unternehmenskultur
wollen wir leben?“), Denkweisen („Ist
das der richtige unternehmenskulturel
le Ansatz?“) und Verhalten („Setzen wir
die kulturellen Vorgaben in der Praxis
um?“) an einem Strang ziehen. Alle drei
Elemente werden außerdem gleichzeitig
durch passende Maßnahmen adressiert.
Fällt nur ein Baustein heraus, drohen
alle positiven Effekte zu verpuffen.
Leena Nair, CHRO bei Unilever, einem
britisch-niederländischen transnatio
nalen Konsumgüterunternehmen, stand
beispielsweise vor der Herausforderung,
dass dem Unternehmen der Verlust von
Marktanteilen an lokale Mitbewerber
drohte, solange die Mitarbeiter nicht in
der Lage waren, lokale Trends schnell zu
erproben und zu verstehen.
Klar war also, dass sich Elemente der
Kultur ändern mussten: Insbesondere
gab es erkennbar zu wenig Feedback-
und Kooperationsprozesse zwischen
einzelnen Mitarbeitern und über Abtei
lungsgrenzen hinweg. Gleichzeitig sollte
die Kernstruktur der Organisation erhal
ten bleiben. Das Unternehmen verfolgte
dabei einen breiten Ansatz, der sich auf
die Änderung unternehmensweiter Sys
teme zur Erfassung und Bearbeitung
externer Daten und Markttrends kon
zentrierte. Dementsprechend hat Uni
lever eine Bewegung mit dem Namen
C4G (Connected for Growth) ins Leben
gerufen, die Innovationen durch die Be
seitigung von Hindernissen, das Hervor
heben von Erfolgen und Belohnungen
von Mitarbeitern, die die gewünschten
Kompetenzen entwickelten, förderte.
Die Kultur durch mitarbeitergeführte
Diagnose verstehen
Um eine Kultur zu schaffen, die funkti
oniert, reicht es für Unternehmen nicht
aus zu wissen, welche Kultur sie brau
chen – sie müssen auch die aktuelle
Kultur klar verstehen und erkennen, ob
sie geändert werden muss, um zukünf
tiges Wachstum zu unterstützen. Die
Umfrage ergab jedoch, dass nur zehn
Prozent der Personalverantwortlichen
davon überzeugt sind, dass ihre Unter
nehmen die gelebte Kultur verstehen.
Organisationen sollten zu einer von
Mitarbeitern geführten Kulturdiagnose
übergehen, indem sie beobachten, wie
Mitarbeiter die Arbeitskultur wahrneh
men und interpretieren.
ING, ein niederländisches multina
tionales Bank- und Finanzdienstleis
tungsunternehmen, hat dies erfolgreich
umgesetzt, indem es den Wandel in
teraktiv und engagierend gestaltet hat.
Anstatt eine kleine, ausgewählte Grup
pe von Mitarbeitern daran arbeiten zu
lassen, neue Verhaltensparameter zu
identifizieren und diese dann unter
nehmensweit zu kommunizieren, be
zog ING die gesamte Belegschaft mit in
die Diskussion ein. Als „virales“ Pro
jekt, wurden alle Mitarbeiter weltweit
anhand verschiedener Maßnahmen
(Surveys, Kommunikation) aktiv und
wiederkehrend ermuntert, sich an der
HR muss die Mitarbeiter
dazu bringen, die Kul
tur anzuwenden und zu
leben, die das Unterneh
men braucht – wie auch
immer diese gerade
aussehen mag.