Arbeitszeitmodelle
73
E-Mails, weil ihn das von seiner aktuellen Aufgabe ablenken würde.
Meistens können die Nachrichten doch ein bisschen warten. „Die
Welt geht davon nicht unter. Um eine andere Gewohnheit zu formen,
muss man das einfach ein paar Dutzend Mal gemacht haben.“
Entscheidend findet der Abenteurer vor allem die eigene Einstel-
lung zur Arbeitszeit: „Eine Stunde haben wir allein durch ein neues
Mindset gespart. Irgendwie mussten wir es schaffen, mit weniger
Arbeitszeit klarzukommen – und wir haben das geschafft“, so Fabian
Dittrich. Doch wer angestellt sei und sowieso bis 17 Uhr arbeiten
müsse, habe keine intrinsische Motivation, fokussierter und mit
mehr Disziplin zu arbeiten. Könne man jedoch nach getaner Arbeit
seine Freizeit genießen, sei das etwas anderes. „Wir wussten, wenn
wir unsere Aufgaben abgearbeitet haben, können wir an unserer
Doku weiter drehen oder in den Wasserfall springen.“ Das hält der
„Arbeitsverdichtungskünstler“ auch für einen der Erfolgsfaktoren
in Unternehmen. „Wenn mein Chef sagt, ich muss nur noch fünf
Stunden arbeiten für das gleiche Gehalt, dann will ich ihn natürlich
davon überzeugen, dass das eine gute Idee ist.“
Wie sich die Motivation der Mitarbeiter in einem digitalen Arbeits-
umfeld aufrechterhalten oder gar steigern lässt, beschäftigt indes
viele. „Unternehmen stellen aktuell fest, dass ihre Zielvereinbarungs-
kisten irgendwie nicht mehr so gut funktionieren wie früher. Manche
wählen eine kollektivere Form der Vergütung und versuchen es mit
agilen Projektmanagement-Ansätzen – verschiedene Modelle, die
auf Zusammenarbeit und Erfolg ausgelegt sind, an dem alle parti-
zipieren“, analysiert Professor Armutat. Weitgehend unbeantwortet
bleibe allerdings noch die Frage, wie dies alles mit der Arbeitszeit
korrespondiere. Initiativen wie die von Lasse Rheingans sind laut
dem Forscher aus Bielefeld auch ein Versuch, sich diesem Thema
zu nähern.
Wie bei jedem Experiment gilt demnach auch hier: Der Ausgang
ist offen. Doch die Erfolgschancen der mutigen Vorreiter für Arbeits-
zeitverkürzung waren nie so gut wie heute.
„Eine Stunde haben wir allein
durch ein neues Mindset
gespart. Irgendwie mussten
wir es schaffen, mit weniger
Arbeitszeit klarzukommen –
und wir haben das geschafft.“
Fabian Dittrich, nomadischer Entrepreneur
STEFANIE HORNUNG ist freie Journalistin in Tübingen.
Als Autorin für das Personalmagazin verbringt sie derzeit viel
Arbeitszeit im Zug nach Freiburg.