HR-Management
personalmagazin 10.18
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vier Jahren eingeführt wurde, korrigierte das Start-up den Lohn
zunächst entsprechend der Stundenzahl nach unten. „Diese
Lohnanpassung ist aber mittlerweile von der einen oder ande-
ren Gehaltserhöhung wieder aufgefressen worden. Wir zahlen
jetzt ein volles Gehalt“, meint Mitgründer Andreas Stückl, der
am Standort Berlin die Geschäfte führt. Neun Stunden pro Tag,
Kernarbeitszeit von 9 bis 15 Uhr – und der Freitag ist für die rund
20 Mitarbeiter in Österreich und auch für die vier in Deutsch-
land frei. Dies gilt allerdings nicht, wenn es in der Woche einen
Feiertag gibt. Dann machen die Bike Citizens Überstunden. „In
Deutschland gibt es im Mai extrem viele Feiertage. Das würde
mit unseremModell in eine Drei-Tage-Woche münden. Deshalb
gibt es in den Wochen in der Regel einen Working Friday – zu-
mal, da im Fahrradbusiness Hochsaison ist.“ Die Mehrstunden
werden den Mitarbeitern dann auf ihrem Stundenkonto gutge-
schrieben – ein Prozedere, zu dem Unternehmen in Österreich
gesetzlich verpflichtet sind und das die Bike Citizens auch in
Deutschland praktizieren.
Die Mitarbeiter schätzen laut Andreas Stückl die Vier-Ta-
ge-Woche. Es habe aber auch schon Ausnahmen gegeben, wenn
jemand damit gar nicht klarkomme. Beispielsweise müsse ein
Mitarbeiter nachmittags immer die Kinder vom Kindergarten
abholen und arbeite deshalb doch an fünf Tagen mit einer ge-
ringeren Stundenzahl. „Bei uns ist nichts in Stein gemeißelt“,
sagt der Entrepreneur. Er macht sich auch Gedanken, wie man
das Modell noch weiter ausbauen könnte. Auf 32 Stunden zu
reduzieren hält Stückl für möglich. Momentan habe die Agentur
aber so viel zu tun und müsse noch viele Abläufe verbessern,
neue Tools und Kampagnen-Arten testen. Wenn die Mitarbeiter
das stemmten und sich die Prozesse einspielten, könne man die
Arbeitszeit weiter reduzieren. „Dass wir die 25-Stunden-Woche
einführen, kann ich mir allerdings momentan nicht vorstellen.
Es wäre natürlich super, aber dann würden wir unsere Arbeit
vermutlich nicht schaffen“, zeigt sich der Gründer bezüglich des
Modells aus Bielefeld skeptisch.
Fabian Dittrich: Expedition in die
Arbeitszeitverkürzung
Einem anderen Berliner kann es in Sachen Arbeitszeitverdich-
tung nicht weit genug gehen: Fabian Dittrich ist ein Abenteurer,
wie er selbst sagt. Er gründete nach einigen Jahren als Pre-Sales
Consultant bei Zendesk in San Francisco die erste nomadische
Firma, während er mit einem Land Rover durch Südamerika
fuhr. „Wir hatten unterwegs gar nicht die Zeit, acht bis zehn
Stunden zu arbeiten und mussten gezwungenermaßen die
Arbeit auf drei bis vier Stunden komprimieren“, erzählt der
Gründer. Zu der Zeit drehte Fabian Dittrich eine Video-Doku
über seine Reise und hatte nicht immer Internet. Gleichzeitig
konnte er seinen Kunden, zu denen Firmen wie Microsoft,
Intel oder Twitter gehören, nicht erzählen, „Ich bin jetzt mal
in der Wüste“.
Er entdeckte auf Reisen eine Vielzahl an Tools. Da Fabian
Dittrich ständig Telefontermine mit Kunden auf der ganzen
Welt erstellen muss, verbrachte er viel Zeit damit zu überlegen,
in welcher Zeitzone er und seine Gesprächspartner sich gerade
befanden. Dann folgte eine lange Abstimmungsprozedur. Dafür
nutzt er heute eine App, die den Kunden Zugriff auf seinen Ka-
lender ermöglicht, automatisch die Zeitzonen synchronisiert und
eine direkte Terminbuchung zulässt. „Da wird aus zehn Schritten
schnell nur einer.“ Zudem nutzt der nomadische Entrepreneur
die „Alfred App”, um sich selbst Shortcuts zu erstellen. Laut Sta-
tistik verwendet er jeden Tag 132 Mal einen davon. „Dafür muss
man kein Nerd sein. Wenn man 132 Mal nur 20 Sekunden spart,
dann sind das schnell zwei Stunden. Jeder kennt den Shortcut
‚copy and paste‘ und die Welt wäre eine andere, wenn wir alles
abtippen müssten.“ Es gelte einfach zu analysieren, welche Dinge
man besonders häufig tue und für was man eigentlich überquali-
fiziert sei – sich wiederholende administrative Prozesse. „Über
einen Shortcut lege ich bestimmte Tools immer an die gleiche
Stelle auf dem Desktop. Das hilft mir, einfacher und schneller zu
arbeiten. Ich brauche das nicht mehr manuell zu öffnen, vieles
geht über eine Tastenkombination.“
Außerdem wendet der nomadische Gründer eine Art Zeit-
management-Methode an, die er „Batching“ nennt: Er versucht,
ähnliche Tätigkeiten wie am Fließband abzuarbeiten. „Wenn
wir von Santiago nach Lima gefahren sind, waren wir vier Tage
unterwegs, die wir in unseren Kalendern komplett blockiert hat-
ten. An einem freien Tag mit Internetzugang haben wir dann die
ganzen Kundengespräche hintereinander geführt. Das ist hoch-
effizient, weil man nicht dauernd von einer Aufgabe zur anderen
springen muss.“ Fabian Dittrich schaut nicht ständig auf seine
Bei E-Magnetix wird vorsichtiger geplant: eine 30-Stunden-
Woche bei gleichem Lohn und etwas weniger Arbeit.