personalmagazin 4/2017 - page 12

personalmagazin 04/17
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TITEL
_
VERGÜTUNGSTRENDS
I
nnovationen sind seit jeher Funda-
ment und Lebenselixier der deut-
schen Wirtschaft. Erfindergeist
und Mut machten kleine Personen-
gesellschaften zu internationalen Kon-
zernen und Marktführern. Doch heute
stehen diese Global Player vor der Her-
ausforderung, sich gegen neue, agilere
Wettbewerber zu wehren und in wis-
sensintensiven, dynamischen Märkten
zu bestehen. Insbesondere die globale
Digitalisierung hat das Potenzial, In-
dustrien und ganze Volkswirtschaften
nachhaltig zu verändern. In Zeiten solch
rapiden Wandels und zunehmender
Komplexität sind Flexibilität und Ge-
schwindigkeit essenziell.
Im selben Maße, wie sich Organisati-
onen fortwährend verändern, müssen
Vergütungssysteme kontinuierlich auf
den Prüfstand gestellt werden. Sind alt-
hergebrachte Anreizinstrumente – die
auf komplexen, zentral gesteuerten und
Von
Björn Hinderlich, Sebastian Wetzel
und
Svenja Koida
kontrollierten Prozessen der Zielkaska-
dierung, auf finanziellen Kennzahlen
und einer streng mathematischen Ablei-
tung von Auszahlungen basieren – noch
zeitgemäß? Passen bestimmte Organisa-
tionsformen noch in eine agile Umwelt?
Sind über Jahre perfektionierte und im-
mer weiter optimierte Vergütungs- und
Nebenleistungspakete noch attraktiv?
Unternehmen können diese Fragen
häufig nicht mehr eindeutig mit „ja“ be-
antworten. Sie propagieren stattdessen
Freiheit, Teamarbeit und mehr Kreativi-
tät und schaffen, wie zum Beispiel Bosch
oder Daimler, in diesem Zuge Bonuszah-
lungen ab, die von der individuellen Lei-
stung abhängen, um den Teamgedanken
zu stärken. Auch die Gründung konzern­
eigener Start-up-Einheiten spiegelt die-
sen Zeitgeist wider. Hierbei erhalten die
Mitarbeiter nicht nur eine häufig vom
Konzernstandard abweichende Vergü-
tung, sondern werden auch durch echte
Beteiligung am Kapital zu Mitunter-
nehmern gemacht. Dies ist nicht nur
ein Trend bei Start-ups, sondern auch
in etablierten Unternehmen, die wieder
verstärkt auf die Beteiligung ihrer Mit-
arbeiter setzen. Neben der permanent
schwelenden Debatte zur Begrenzung
von Vorstandsgehältern sind es insbe-
sondere diese Themen, die den Diskurs
rund um Vergütung bestimmen.
Von Start-ups lernen
Mit ihren jahrelang perfektionierten
Prozessen, festen Entscheidungswegen
und Strukturen erscheinen Konzernum-
gebungen – trotz großzügiger Kapital-
ausstattung – häufig zu langsam, risiko-
scheu und starr, um auf die neue Umwelt
zu reagieren und Innovationen auf den
Weg zu bringen, für die der Markt zu-
nächst zu klein erscheint. Dabei ist die
fortwährende Suche nach neuen, das an-
gestammte Geschäft ergänzenden Ideen
heute mehr denn je essenzieller Bestand-
teil der Unternehmensentwicklung.
Nicht selten wandert der Blick daher
neidvoll auf Start-ups. Mit ihrer Trial-
and-Error-Mentalität, ihrer Geschwin-
digkeit, Flexibilität und ihrem Teamgeist
sind diese risikofreudiger als etablierte
Unternehmen, angetrieben von einer
innovationsfördernden Lernkultur und
einer gemeinsamen Vision. Daher rufen
große etablierte Unternehmen heute
vermehrt sogenannte „Speed Boats“
ins Leben. Diese eigenständigen Start-
up-Einheiten können unabhängig vom
Konzernverbund agieren und dennoch
dessen Vorteile, etwa finanzielle Mittel
oder Kundennetzwerke, nutzen. Neben
der Erschließung neuer Märkte und
dem Zugriff auf attraktive Technologien
erhoffen sich die Konzerne von diesen
Investitionen oft nicht weniger als einen
grundlegenden Kulturwandel auch im
Stammgeschäft, der nachhaltige Innova-
tionen fördern soll.
Diese neue Welt verlangt jedoch nach
einem neuen Typus Mitarbeiter, der sich
als Mitunternehmer fühlt, sich mit sei-
ner Organisationseinheit identifiziert
und sich vollends ihrem Erfolg ver-
schreibt. Entrepreneurship ist das neue
Selbstverständnis. Dabei fühlt dieser
Mitarbeiter sich nicht an Konzernregeln
gebunden und ist nicht willens, lang-
wierigen Genehmigungsprozessen zu
Anreize neu ausrichten
ÜBERBLICK.
Teamboni, Gewinnbeteiligung und Co.: Wie Unternehmen zeitgemäße
Vergütungssysteme für die sich verändernde Arbeitswelt gestalten können.
Im selben Maße, wie
sich Organisationen
fortwährend verändern,
müssen Vergütungs­
systeme kontinuierlich
auf den Prüfstand ge-
stellt werden.
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