Personalmagazin 8/2017 - page 38

personalmagazin 08/17
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MANAGEMENT
_PERSONALRISIKOMANAGEMENT
deutlich, dass es – retrospektiv betrach-
tet – bessere und schlechtere Entschei-
dungen gibt, und der Entscheidung sowie
den an den Entscheidungen beteiligten
Personen eine besondere Bedeutung zu-
kommt.
Know-how und Know-how-Träger ha-
ben also eine besondere Bedeutsamkeit
sowohl für das operative Geschäft als
auch für strategisch relevante Entschei-
dungen. Deshalb sollte es aus Sicht des
Risikomanagements darum gehen, die
Gefahr des Abflusses von Know-how zu
verhindern, um sicherzustellen, dass die
notwendigen Handlungskompetenzen er-
halten bleiben.
Humankapitalrechnung
(Saarbrücker Formel)
Diesem Anspruch wendet sich die Hu-
mankapitalrechnung zu. Hier wird
versucht, den Wert des Humankapitals
durch die Integration input- und output­
orientierter Kennzahlen festzustellen.
Ein weit entwickeltes Verfahren hierzu
stellt die sogenannte Saarbrücker For-
mel dar.
Humankapital wird konzipiert aus den
Faktoren Wertbasis (Vollzeitäquivalente
in Zuordnung zur jeweiligen Beschäf-
tigtengruppe – unter Berücksichtigung
der höchsten erreichten Qualifikation –
verbunden mit den branchenüblichen
Durchschnittslöhnen und -gehältern)
und Wertverlust (verstanden als Re-
levanzverfall des Wissens verbunden
jeweils mit einem qualifikationsbasier-
ten Branchenindikator) sowie Wertkom-
pensation (konzipiert als monetärer
Aufwand von Personalentwicklungs-
maßnahmen) und Wertveränderung
(berücksichtigt als Motivationsindex,
gewonnen aus Mitarbeiterbefragungen).
Zentrale Rechengröße in diesem Kon-
text ist die erfasste (und auch zweifelsfrei
erfassbare formalisierte) Qualifikation.
Es wird der Zusammenhang unterstellt,
dass Qualifikation im Zeitverlauf ab-
nimmt, veraltet. Dies trägt dem Umstand
der These der sogenannten „Halbwert-
zeit des Wissens“ Rechnung. Diesem
Alterungseffekt kann nun durch Qualifi-
zierungsmaßnahmen begegnet werden.
Formal gesehen stellt die Saarbrücker
Formel damit eine elegante Lösung dar,
die dem Anspruch an die oben in Aus-
sicht gestellte Bilanzierung nahekommt.
Da jeder Mitarbeiter einzeln mit seinem
Vollzeitäquivalent in die Berechnung ein-
geht, erscheint das Ergebnis hinreichend
reaktionsschnell und sensibel zu sein.
Inhaltlich gesehen löst die Formel einen
weiter oben entwickelten Anspruch je-
doch nicht ein, verbleibt sie doch auf dem
Niveau der Qualifikationen.
Zentral an dieser Stelle ist der Begriff
des Wissens, der mit dem Begriff der
Kompetenz verbunden wird. Kompetenz
hat als personengebundene Komponen-
te einen weitaus exklusiveren Charak-
ter als Qualifikation. (Entscheidungs-)
Kompetenz nimmt einen zentralen
Einfluss auf die Qualität einer Entschei-
dung. Pointiert gesprochen, sind es die
getroffenen Entscheidungen, die dem
Unterschied von Produkten und Dienst-
leistungen unterliegen, die den Unter-
schied zwischen Gewinn und Verlust
ausmachen: Der Unterschied zwischen
(formaler) Qualifikation und Kompetenz
ist der Unterschied zwischen „Kenner“
und „Könner“. Gerade die Könnerschaft,
verstanden als der Aufbau beruflicher
Handlungskompetenz, entsteht aber im
Rahmen von Anwendungsprozessen
mit einer gegenläufigen Tendenz zur
Entwicklung von Qualifikationen: Der
Aufbau von Erfahrung entsteht im Zeit-
verlauf, sodass der Erfahrungsschatz im
Verlaufe der Zeit größer wird, während
der Wert einer Qualifikation abnimmt.
Kompetenz, verstanden als der Zusam-
menschnitt aus Know-how und Do-how,
ist damit als zentrale Ressource zu iden-
tifizieren und im Rahmen des Risikoma-
nagements prominent handzuhaben.
Die Humankapitalrechnung bezieht
sich durch Konzentration auf Qualifikati-
onen lediglich auf die weiter oben ange-
rissenen operativen Risiken, sie schließt
strategisch relevante Kompetenzen nicht
mit ein.
Operative vs. Strategische Risiken
Fassen wir die Diskussion einmal zusam-
men: So lassen sich zwei grundsätzliche
Risiko-Klassen unterscheiden: Strategi-
sche Risiken, die auf (Handlungs-)Kompe-
tenzen beruhen und die qualitativ hoch-
wertige Entscheidungsprozesse „echter“
Alternativentscheidungen sicherstellen
und operative Risiken, die Aufrechterhal-
tung und Ausführung bereits organisier-
ter Leistungen im Rahmen von Routine-
entscheidungen garantieren.
Während strategische Risiko-Parame-
ter mit Alternativen verbundene Ent-
scheidungen abbilden müssen, müssen
operative Risiko-Parameter die aktuellen
Produktions- und/oder Dienstleistungs-
prozesse fokussieren. Dies könnte zum
Beispiel die Bedienung einer Maschine
oder die Ausführung einer zentralen
Aufgabe auf einem bestimmten Niveau
beinhalten.
Im Falle strategischer Risiken lässt
sich festhalten, dass eine substanzielle
Gefahr nur bei dauerhaftem Ausfall der
Ressource besteht. Dies ist bei opera-
tiven Risiken nicht der Fall, hier können
auch kurzfristige (zum Beispiel Bedien-)
Engpässe zu (Produktions-)Stillstän-
den und substanziellen Verzögerungen
führen. Dementsprechend sind bei den
operativen Risiken Soll-Werte zu definie-
ren, die einen stabilen Produktions- bzw.
Dienstleistungsprozess reflektieren.
Kompetenz, verstanden
als Zusammenschnitt
aus Know-how und Do-
how, ist eine zentrale
Ressource und damit im
Risikomanagement zu
berücksichtigen.
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