Personalmagazin 8/2017 - page 40

personalmagazin 08/17
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MANAGEMENT
_PERSONALRISIKOMANAGEMENT
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
sichtigung des Arbeitsmarktes gesetzt
werden, kann herausgearbeitet werden,
wo mögliche Risiken liegen. Damit lässt
sich die quantitative demografische Ent-
wicklung qualitativ um Risikohypothesen
ergänzen. Wir sprechen deshalb von Hy-
pothesen, weil sich Handlungskompeten-
zen, die sich im beruflichen Alltag häufig
ungeplant und damit auch undokumen-
tiert und zuweilen auch unbemerkt ent-
wickeln, nur bedingt „am grünen“ Tisch
nach Datenlage erfassen lassen.
Personenbezogene Analyse: Die
Critical-Incident-Methode
Der Wert dieser Hypotheseninformati-
on besteht zunächst einmal darin, dass
das Personalcontrolling vom antizipier-
ten Austrittsdatum nun zurückrechnen
kann, um den Zeitpunkt zur Klärung
der Hypothese festzulegen. Ein solches
Vorgehen kann also hypothetische Aus-
sagen im Zeitverlauf ausweisen, ohne
jedoch die tatsächliche Klärung herbei-
geführt zu haben.
Dies erfordert eine „personenscharfe“
und nicht mehr nur stellenbasierte Ein-
schätzung des Risikos: Zu einem zuvor
systematisch-konzeptionell festgelegten
Zeitpunkt wird in einem gemeinsamen
Screening von Führungskraft und Per-
sonalcontrolling über die unverzichtba-
ren (solchermaßen exklusiven) Kompe-
tenzen des aktuellen Stelleninhabers
reflektiert.
Eine Möglichkeit, dies zu tun, sind
einschätzende Interviews auf Grundlage
der sogenannten „Critical-Incident-Me-
thode“, bei denen Führungskräfte zu-
sammen mit dem Personalmanagement
herausarbeiten, in welchen Entschei-
dungsprozessen der Vergangenheit die
bald ausscheidenden Mitarbeiter beson-
dere Kompetenzen bewiesen haben, mit
denen sie in Zukunft wohl fehlen wür-
den. Sinnvollerweise geht dieses Scree-
ning über das Kerngeschäft hinaus und
beleuchtet sämtliche der oben genann-
ten Kapitalien an den vorliegenden Pro-
zessschnittstellen. Operationalisiert mit
relevanten Aufgabenbeschreibungen
gegebenenfalls unter Zuhilfenahme
von vorliegenden Kompetenzmodellen,
Aufgaben- und Stellenbeschreibungen
lässt sich so relativ einfach ein Inventar
entwickeln, mithilfe dessen ein solches
einschätzendes Interview durchgeführt
werden kann. Die Frage, die es bezogen
auf die Anwendung dieses Inventars
zu klären gilt, ist dabei relativ einfach:
„Würde Ihnen die jeweils vorgetragene
Aufgabenerledigung beim Ausscheiden
des Mitarbeiters wegfallen? Worin genau
besteht der Verlust?“ Wenn ja, so besteht
gegebenenfalls Handlungsbedarf in Form
geeigneter kompensatorischer Maßnah-
men.
Risiko-Hypothesen ohne Eindeutig-
keitsanspruch
Wir ersetzen mit diesem partizipativen
Schritt den (nicht einlösbaren) Eindeu-
tigkeitsanspruch einer rein faktenbezo-
genen Risikoanalyse durch eine durch
die Führungskraft zu falsifizierenden/
verifizierenden Risikohypothese. So
wird deutlich, dass das Personalcontrol-
ling diese Hypothesenbildung zunächst
auch ohne die Führungskraft vorneh-
men kann: Mit dem Ausscheiden des
Stelleninhabers könnte es (Hypothese!)
zu einem substanziellen Know-how-
Verlust bei den strategischen Risiken
kommen.
Bei den operativen Risiken hingegen
wird es (eindeutig) zu substanziellen
Performance-Verlusten kommen, da die
definierten Soll-Anforderungen nicht
mehr gewährleistet sind.
Wissenstransfer, Einarbeitung & Co.
als Techniken der Risikoreduktion
Handelt es sich bei dem Verlust von Res-
sourcen umoperativ riskante Ressourcen,
so reicht eine strukturierte Einarbeitung
(inklusive der Zurverfügungstellung ent-
sprechender Informationsbestände) oder
auch der Aufbau redundanter Strukturen
wie zum Beispiel Stellvertreterregelun-
gen et cetera. Hilfreich sind hier auch
die vorliegenden Methoden der Wissens-
stafette oder der Wissenslandkarte oder
auch der Rückgriff auf bekannte Quali-
fizierungsmaßnahmen. Diese Methoden
stellen den sogenannten Wissensgeber
in den Vordergrund. Sein – auch impli-
zit – genutzter Wissensbestand wird ex-
pliziert und als Zielgröße für den Trans-
ferprozess herangezogen. Es handelt sich
hier um geberzentrierte Methoden. Der
Transfer bezieht sich dementsprechend
darauf, Wissensbestände sichtbar zu ma-
chen und einen Informationsaufbau beim
Wissensnehmer zu erzielen. Es geht dar-
um, einen „Kenner“ auf der Stelle sicher-
zustellen.
Handelt es sich um den Verlust von
Kompetenzen, so ist ein moderierter
Transferprozess wie in der sogenannten
„Nova-PE-Methode“ beschrieben, ratsam.
Dieser erreicht den Transfer oder den Auf-
bau von Handlungskompetenz bei einem
sogenannten Wissensnehmer. Hier wird
zunächst der Kompetenzaufbau des Wis-
sensgebers rekonstruiert und ausgehend
von der Basis des Wissensnehmers der
Aufbau der Handlungskompetenz ange-
gangen. Es handelt sich dabei um eine
nehmerzentrierte Moderationsmethode.
Es geht darum, einen „Könner“ auf der
Stelle sicherzustellen.
Standardisierung und Automatisie-
rung zur langfristigen Risikoreduktion
Möglicherweise ist eine personelle
Umbruchsituation auch Anlass einer
grundlegenden Reorganisation, Standar-
Die klassischen per-
sonalwirtschaftlichen
Instrumente stoßen bei
der Identifikation von
Risiken in Bezug auf
Know-how-Verlust an
ihre Grenzen.
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