personalmagazin 08/17
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MANAGEMENT
_PERSONALRISIKOMANAGEMENT
W
issenserhaltung ist aus
zwei Gründen ein zuneh-
mend relevanter werden-
des Thema für deutsche
Unternehmen: Erstens wegen der demo-
grafischen Entwicklung und des damit
programmierten Ausscheidens gebur-
tenstarker Kohorten aus dem Erwerbs-
leben. Zweitens wegen der Zunahme der
Bedeutung von Wissen im weiteren Sin-
ne im Produktionsprozess.
Nach den Mindestanforderungen an
das Risikomanagement (MaRisk) ist
operationelles Risiko die Gefahr von
Verlusten, die infolge der Unangemes-
senheit oder des Versagens von inter-
nen Verfahren, Menschen und Systemen
oder infolge von externen Ereignissen
eintreten. Scheiden Wissensträger aus
und kommt es dadurch zu Verlusten, so
handelt es sich um die Materialisierung
operationellen Risikos. Nachfolgend
wird dargestellt, wie sich ein Unterneh-
men so aufstellen kann, dass das ope-
rationelle Risiko seltener oder weniger
gravierend wird.
Pflicht zum Risikomanagement
Obwohl die moderne Finanzmarktthe-
orie unter idealisierten Annahmen zu
dem Ergebnis kommt, dass Risikoma-
nagement keinen Shareholder Value
generiert, managen Unternehmen den-
noch ihre Risiken: Zum einen, weil die
Annahmen der Theorie in praxi verletzt
sind und zum anderen, weil es für bör-
sennotierte Unternehmen gesetzliche
Verpflichtungen gibt. Gemäß § 289 Abs.
1 Satz 4 HGB und §91 Abs. 2 AktG ist ein
Risikomanagement einzurichten, damit
den Fortbestand der Gesellschaft gefähr-
dende Entwicklungen früh erkannt wer-
den. Des Weiteren besteht Evidenz darü-
ber, dass Unternehmen mit ausgereiftem
Risikomanagement profitabler sind.
Personalrisiken häufig vernachlässigt
Gegenstand der Risikobetrachtung heu-
te sind klassischerweise Markt-, Kredit-,
Liquiditäts- und operationelle Risiken.
Die Risiken, die vom Produktionsfaktor
Personal ausgehen, bleiben in der Regel
aus dem Risikomanagement ausgespart.
Dies mag erstaunen, wird doch vielfach
der besondere Wert von Mitarbeitern
als „größtem Kapital“ von Unterneh-
men herausgestellt und im Rahmen
des Human Resources Managements
als Ressource betrachtet. Grundschema
ressourcenbasierter Ansätze ist die An-
nahme, dass die strategischen Ressour-
cen Einfluss auf das Verhalten der Orga-
nisationsmitglieder nehmen und damit
den Unternehmenserfolg beeinflussen.
Von
Frank Lehrbass
und
Rüdiger Piorr
Das Wissensrisiko managen
METHODEN.
Nur durch eine systematische Verknüpfung von Personal- und Risikoma-
nagement lässt sich drohender Know-how-Verlust identifizieren und kompensieren.
Dementsprechend müssten existenzge-
fährdende Veränderungen des Faktors
Arbeit, genauer: des Know-hows, eben-
falls Gegenstand des Risikomanage-
ments sein. Es besteht also ein Bedarf,
eine systematische Verknüpfung von
Personal- und Risikomanagement zu
konzipieren, um Know-how als riskante,
strategisch relevante Ressource sicher
handhaben zu können.
Altersstrukturanalyse und ihre Grenzen
Die Risikobetrachtung der Folgen des
demografischen Wandels obliegt aktuell
dem Personalmanagement, das damit
der Aufgabe nachkommt, in Erfahrung
zu bringen, ob und inwieweit das eigene
Unternehmen den Gefahren des demo-
grafischen Wandels ausgesetzt ist. Aus
Perspektive des Personalcontrollings
hat sich die Altersstrukturanalyse als
erstes Analyseinstrument durchgesetzt.
Streng genommen zeigt diese Analyse
für sich genommen lediglich den Hand-
lungsbedarf auf, Personal zukünftig
gegebenenfalls in größeren Mengen
beschaffen und einbinden zu müssen.
Risiken jenseits der nicht zu vernach-
lässigenden Beschaffungskosten leiten
sich hieraus jedoch nicht zwingend ab.
Problematisch wird ein Ausscheiden
nur dann, wenn ein geeigneter Mitar-
beiter nicht zur Verfügung steht. Dabei
muss es nun nicht die Qualifikation an
sich sein, an der es mangelt. In vielen
Fällen wird es eher das drohende Fehlen
eines spezifischen Leistungsergebnisses
sein, das die Qualität des Arbeitspro-
zesses gefährdet. Aus dieser Perspekti-
ve heraus verliert die formale Eignung
Die Risiken, die vom
Produktionsfaktor Per-
sonal ausgehen, wie
zum Beispiel der Verlust
von Know-how, bleiben
beim Risikomanage-
ment meist außen vor.