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08/17 personalmagazin
nun an Bedeutung. Folgen lassen sich
damit aus dem Arbeitsprozess heraus
konzipieren. Das quantitative Problem
bekommt eine qualitative Komponente.
Risiko- oder Schlüsselstellenanalyse
und ihre Grenzen
Ein Konzept, das diesen qualitativen
Aspekt berücksichtigt, stellt die Schlüs-
sel- oder Risikostellenanalyse dar. Sie re-
flektiert das Verständnis, dass nicht jede
Stelle gleich relevant für den Fortbestand
eines Unternehmens ist. Konzeptionelle
Überlegungen legen nahe, Risiko-Ein-
flussgrößen zu parametrisieren, einen
Bewertungsmaßstab zu hinterlegen, die-
sen mit den Ergebnissen der Altersstruk-
turanalyse zu kombinieren und damit
qualitative Risiken aufzuzeigen. In der
Regel folgt dieser Ansatz der hierarchi-
schen Ordnung einer Organisation, er
nimmt also an, dass Risiken hierarchisch
verteilt seien. Damit einher geht die An-
nahme, das Treffen von Entscheidungen
(im Organigramm über Vorgesetzten-
Positionen sichtbar) sei riskanter als die
Vorbereitung einer Entscheidung oder
auch die Ausführung einer Entscheidung.
Die strenge Fokussierung auf die
Ergebnis- und Entscheidungsverant-
wortung berücksichtigt dabei den Pro-
zess der Entscheidungsvorbereitung
tendenziell zu wenig. Denn es leuchtet
unmittelbar ein, dass die Qualität einer
Entscheidung von der Qualität der zu-
grunde liegenden (aufbereiteten und
zueinander ins Gewicht gestellten) In-
formationen abhängt.
Begreift man Organisationen als die
aufeinander bezogene Abfolge qualita-
tiv unterschiedlicher Entscheidungen,
dann wird deutlich, dass sowohl Quanti-
tät als auch Qualität von Entscheidungen
maßgeblich für die Analyse von Risiken
sein können. Wesentliches Kennzeichen
quantitativ häufiger Entscheidungen
ist ihre Wiederkehr. Dementsprechend
sind diese Entscheidungen in der Regel
Gegenstand sogenannter Ausführungs-
programme. Ausführungsprogramme
zeichnen sich dadurch aus, dass sie die
Entscheidungsalternativen beim Auftre-
ten eines auslösenden Ereignisses in ih-
ren Handlungen klar umreißen. Beispiel
hierfür ist das Qualitätsmanagement.
Aus einer entscheidungsorientierten
Perspektive heraus betrachtet, stellt
eine Qualitätsprüfung die Verdichtung
einer Beurteilung auf eine dichotome
Auswahl dar: Gut/schlecht. Die damit
verbundene Entscheidung stellt also
keine Wahlentscheidung zwischen (ech-
ten) Handlungsalternativen dar. Diese
grundlegende Entscheidung wird kon-
zeptionell gesehen, einmalig getroffen,
in Form verschriftlichter Informationen
niedergelegt, verbindlich gemacht und
später wiederkehrend durch ein routi-
niertes Handeln in der Handlungsfolge
bestätigt. Die Ausführung der Entschei-
dung kann damit gleichförmig organi-
siert und effizient delegiert werden. Aus
der Risikoperspektive heraus betrachtet,
stellt dieses Vorgehen den Versuch dar,
Fehlentscheidungen durch Vorschreiben
entsprechender (Gut-)Handlungen zu
vermeiden. Dementsprechend sind hier
eher operative Risiken zu erwarten, dass
definierte Prozesse nicht zum richtigen
Zeitpunkt oder in der richtigen Qualität
erledigt werden.
Von diesen operativen – auf die
Aufrechterhaltung des bekannten Ar-
beitsprogramms bezogenen – Risiken
unterscheiden wir strategisch relevante
(Entscheidungs-)Risiken. Diese sind von
anderer Tragweite, da sie mit unvollstän-
diger Informationslage bei begrenzten
Ressourcen verbunden sind und eben
vom Typus der Entscheidung zwischen
echten Alternativen sind. Im Ergebnis
werden solche Entscheidungen als kon-
tingent und vielfach von Zufälligkeiten
beeinflusst und keinesfalls rational präde-
terminiert beschrieben. Gleichwohl wird
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Brain Drain: Der Abfluss von
Wissen ist für Unternehmen
ein zentrales Personalrisiko.
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