35
01/17 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
CHRISTOPH KÜBEL
hat Karriere in der
LInie bei der Robert Bosch GmbH gemacht,
ehe er zum Arbeitsdirektor berufen wurde.
Kübel:
Grundsätzlich sind bei Bosch die
Fach- und Führungslaufbahn sowie eine
Karriere als Projektleiter organisato-
risch, aber auch finanziell gleichwertig.
Allerdings haben wir festgestellt, dass
unser bisheriges Vergütungssystem für
Führungskräfte nicht mehr zeitgemäß
war. Deshalb haben wir seit Jahresbe-
ginn die persönliche Zielerreichung vom
Bonus entkoppelt. Stattdessen orientiert
sich die Bonuszahlung der Führungs-
kräfte nur noch am Erfolg des Geschäfts-
bereichs und des Gesamtunternehmens,
um auch langfristige Ziele besser zu
verfolgen. Damit beteiligen wir alle Mit-
arbeiter am Unternehmenserfolg, das
halte ich für richtig. Wir haben damit ein
klares Zeichen gesetzt, dass wir in einer
vernetzten Welt viel mehr über die Team-
leistung führen und motivieren wollen.
personalmagazin:
Eine weitere These aus
dem Arbeiten-4.0-Thema heißt, Gehälter
sind nicht mehr geheim zu halten, son-
dern transparent zu machen. Wie geht
Bosch damit um?
Kübel:
Die Frage hat uns bislang nicht
beschäftigt. Denn im Tarifbereich sind
unsere Gehälter seit vielen Jahren
schon transparent, weil diese im Rah-
mentarifvertrag nachlesbar sind. Da-
rüber hinaus vergleichen wir jährlich
firmenintern die Gehälter und stellen
beispielsweise fest, dass Männer und
Frauen das Gleiche verdienen. Bei den
außertariflichen Führungskräften ha-
ben wir seit 2016 eine neue Transparenz
geschaffen, indem wir einzelne Gehälter
in einen Marktvergleich einordnen und
jede Führungskraft ein Feedback von
ihrem Vorgesetzten erhält, wo sie be-
züglich Leistung und Aufgabe steht. Das
kam bei den Führungskräften sehr gut
an. Unsere Gehaltsübersichten hängen
wir allerdings nicht am Schwarzen Brett
aus, das passt nicht zu unserer Kultur
– und wäre sicherlich auch nicht im In-
teresse unserer Beschäftigten.
personalmagazin:
Meine letzte These aus
dem Arbeiten 4.0-Umfeld: Führungskräf-
te sollen nicht ernannt, sondern gewählt
werden. Wie steht Bosch zu den Ideen der
Demokratisierung?
Kübel:
Wir sind nach wie vor davon
überzeugt, dass wir Führungskräfte
aufgrund der Kompetenzen, die ein Ein-
zelner mitbringt, auswählen sollten. Die
Führungskompetenzen beurteilen wir
sowohl von Seiten des Fach- als auch des
Personalbereichs. Eine Führungskraft
muss ein Team begeistern und coachen
können, Freiräume geben, aber auch
helfen, Ergebnisse zu erzielen. Für gute
Führung tragen wir als Arbeitgeber die
Verantwortung, deshalb bestimmen wir
weiterhin unsere Führungskräfte selbst.
personalmagazin:
Haben Sie vor, mit neuen
demokratischen Organisationsmodellen
zu experimentieren?
Kübel:
Natürlich beschäftigen wir uns
auch schon mit Organisationsmodellen
ohne Führungskräfte. Als kürzlich in ei-
nem Zentralbereich eine Führungskraft
ausgeschieden ist, haben die Mitarbeiter
gesagt, sie bräuchten keinen Chef mehr
und wollten als selbstverantwortliche
Fachkräfte ohne direkten Vorgesetzten
arbeiten. So wollen wir pragmatisch Er-
fahrungen sammeln, um zu sehen, ob
sich damit die Motivation der Mitarbei-
ter steigern und die Arbeitsergebnisse
verbessern lassen. Ob die Wahl eines
Vorgesetzten dazu ein sinnvoller Schritt
ist, bleibt abzuwarten.
personalmagazin:
Lassen Sie uns über die
Führungskräfteentwicklung reden, die
bei Bosch einen großen Stellenwert hat.
Setzen Sie vor allem auf interne Ressour-
cen oder arbeiten Sie auch mit externen
Anbietern wie Business-Schulen oder
Akademien zusammen?
Kübel:
Wirhabeneineunternehmenseige-
ne Führungskräfteentwicklung, auf die
wir stolz sind. Diese reicht vom Tarif-
beschäftigten bis hin zu den Vorstän-
den unserer Geschäftsbereiche. In die-
sen Programmen haben wir Trainings-
module und Bausteine, die auf unserem
eigenen Führungsmodell aufbauen.
Zum Teil setzen wir dazu auch exter-
ne Trainer ein. Darüber hinaus gibt es
immer wieder Themen, die für die Stra-
tegie von Bosch von großer Bedeutung
sind. Wir haben uns beispielsweise ent-
schieden, die Kultur der Start-up-Szene
den Führungskräften näherzubrin-
gen. Dazu führen wir dann besondere
Programme durch, bei denen wir auch
mit externen Experten zusammenar-
beiten.
personalmagazin:
Wenn Sie die Top 400
Führungskräfte Ihres Unternehmens
anschauen. Wie sieht diese Gruppe in
zehn Jahren aus? Welche Veränderungen
erwarten Sie?
Kübel:
Ich kann mir gut vorstellen, dass
unsere Spitzenkräfte in zehn Jahren
noch viel mehr über sinnstiftende Auf-
gaben führen. Sie geben den Mitarbei-
tern bestmöglich den Freiraum, den
diese brauchen, um für unsere Kunden
begeisternde Produkte zu schaffen.
Im Top-Führungskreis werden deut-
lich mehr Informatiker und Software
ingenieure, aber auch deutlich mehr
Frauen vertreten sein. Unsere Füh-
rungskräfte verstehen ihr Handwerk, in
einer sich schneller verändernden Welt
Menschen zu führen. Dabei vereint sie
ein Führungsverständnis, gemeinsam
mit der Belegschaft in einer vernetzten
Welt erfolgreich zu sein.
Das Interview führte
Reiner Straub