personalmagazin 07/2015 - page 72

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RECHT
_ELTERNZEIT
personalmagazin 07/15
M
ehr als 60 Prozent der Müt-
ter und Väter wünschen
sich, dass beide Partner
in gleichem Umfang er-
werbstätig sind und sich um Haushalt
und Familie kümmern. Der DIW Wo-
chenbericht (Nr. 46/2013) zeigt zudem,
dass nur 14 Prozent von ihnen tatsäch-
lich eine gleichmäßige Aufteilung der
Erwerbstätigkeit gelingt.
Die Zeitsouveränität der Eltern stär-
ken, das beabsichtigt die Bundesregie-
rung mit dem „Gesetz zur Einführung
des Elterngeld Plus mit Partnerschafts-
bonus und einer flexibleren Elternzeit
im BEEG” (veröffentlicht im Bundesge-
setzblatt, Teil I vom 29. Januar 2015).
Um den früheren Wiedereinstieg ins
Erwerbsleben zu erleichtern und die
Partnerschaftlichkeit der Eltern zu stär-
ken, wird ein Elterngeld Plus mit Part-
nerschaftsbonus eingeführt.
Neue Regeln ab Juli
Zwar ist das Gesetz zum 1. Januar 2015
in Kraft getreten, die Neuregelungen
zur Elternzeit finden jedoch erst Anwen-
dung auf Kinder, die ab dem 1. Juli 2015
geboren sind. Die Elternzeit für bis zum
30. Juni 2015 geborene Kinder richtet
sich weiterhin nach bisherigem Recht
(§ 27 Abs. 1 Satz 2 BEEG). Damit müs-
sen bis zum 29. Juni 2023 zwei Fassun-
gen des BEEG angewandt werden. Erst
dann vollendet ein am 30. Juni 2015 ge-
borenes Kind das achte Lebensjahr.
Nach bisheriger Rechtslage konnten
Eltern die Elternzeit nur auf zwei Zeit-
Von
Jutta Schwerdle
abschnitte verteilen. Zudem war ein An-
teil von bis zu zwölf Monaten Elternzeit
nur mit Zustimmung des Arbeitgebers
auf die Zeit nach dem dritten Geburtstag
zu übertragen.
Elternzeit in drei Abschnitten
Nun regelt § 16 Abs. 1 Satz 6 BEEG: „Je-
der Elternteil kann seine Elternzeit auf
drei Zeitabschnitte verteilen.” Zudem
bestimmt das Gesetz, dass bis zu 24
Monate der in den ersten drei Lebens-
jahren des Kindes nicht verbrauchten
Elternzeit zu einem späteren Zeitpunkt
genommen werden kann – ohne dass
es eines „Hinausschiebens“ oder der
Zustimmung des Arbeitgebers bedarf.
Letztlich bestimmt nun § 15 Abs. 2 Satz
2 BEEG, dass Elternzeit nach dem drit-
ten Geburtstag des Kindes auch ohne
Zustimmung des Arbeitgebers genom-
men werden kann, längstens bis zur
Vollendung des achten Lebensjahrs.
Damit besteht auch nach einem Arbeit-
geberwechsel Anspruch auf Elternzeit
nach dem dritten Geburtstag des Kin-
des.
Um Doppelansprüche auszuschließen,
regelt § 16 Abs. 1 Satz 9 BEEG die Nach-
weispflicht: „Bei einem Arbeitgeberwech-
sel ist bei der Anmeldung der Elternzeit
auf Verlangen des neuen Arbeitgebers
eine Bescheinigung des früheren Arbeit-
gebers über bereits genommene Eltern-
zeit durch die Arbeitnehmerin oder den
Arbeitnehmer vorzulegen.“ Auf die Aus-
stellung dieser Bescheinigung hat der Ar-
beitnehmer einen Anspruch.
Gegebenenfalls müssen Arbeitgeber
Ersatzkräfte für kurze Elternzeiten oder
Teilzeitkräfte mit geringem Stunden-
umfang suchen. Um das Interesse nach
Planungssicherheit zu berücksichtigen,
hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, ei-
nen dritten Abschnitt der Elternzeit aus
dringenden betrieblichen Gründen abzu-
lehnen, soweit dieser nach dem dritten
Geburtstag des Kindes liegt. An „drin-
gende betriebliche Gründe“ sind jedoch
hohe Anforderungen zu stellen: So müss-
te der dritte Elternzeitabschnitt zu einer
erheblichen Beeinträchtigung betriebli-
cher Belange führen. Der Ablehnungs-
grund muss „dringend“, mit anderen
Worten nahezu zwingend oder unabweis-
bar sein. Eine Ablehnung kommt danach
nur in Ausnahmefällen in Betracht, zum
Beispiel bei Spezialisten.
Ankündigung und Kündigungsschutz
Wer Elternzeit beanspruchen will, muss
diese schriftlich unter Einhaltung einer
Mindestfrist von sieben Wochen vor
Beginn der Elternzeit vom Arbeitgeber
verlangen. Für Elternzeit zwischen dem
dritten Geburtstag und dem achten Le-
bensjahr des Kindes verlängert sich
diese Ankündigungsfrist auf spätestens
13 Wochen vor Inanspruchnahme (§ 16
Abs. 1 Satz 1 BEEG).
Während der Elternzeit besteht beson-
derer Kündigungsschutz. Anknüpfend
an die verlängerte Ankündigungsfrist
bei Elternzeit nach dem dritten Geburts-
tag des Kindes verlängert sich auch der
Kündigungsschutz. Vor Beginn der El-
ternzeit besteht Kündigungsschutz ab
Ankündigung,
• bei Elternzeit bis zum vollendeten
dritten Lebensjahr des Kindes (wie
Neue Zeitrechnung
ÜBERBLICK.
Ab 1. Juli wird es ernst, für danach geborene Kinder gilt das neue Eltern-
zeitrecht. Arbeitgeber sollten zu einigen grundlegenden Änderungen Bescheid wissen.
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