Rechtswegzuweisung im Mindestlohn-
gesetz nicht vorgesehen. Antworten auf
die Fragen, wo und wie gegen die ge-
schilderten Entscheidungen vorgegan-
gen werden kann, ergeben sich deshalb
aus den allgemeinen Grundsätzen der
Rechtswegzuteilung. Für den vorlie-
genden Fall ergibt sich eine geradezu
kafkaeske Rechtsmittelsituation.
Bußgelder: Amtsgerichte entscheiden
Beginnen wir mit den Rechtsmitteln ge-
gen Bußgeldbescheide der Zollbehörde
oder des Gewerbeaufsichtsamts. Ein-
schlägig ist das Ordnungswidrigkeiten-
recht, das Einsprüche gegen Bußgelder
den Amtsgerichten zuweist. Auch wenn
der Grund für den Verstoß ein rein ar-
beitsrechtliches Auslegungsproblem ist,
müssen diese entscheiden. Ein Verweis
an die Arbeitsgerichte erfolgt nicht.
Und die Verfügungen über die Vorlage
von Dokumentationen und Arbeitszeitan-
weisungen? Im ersten Schritt ist gegen
Verwaltungsakte zunächst ein interner
Behördengang, das sogenannte Wider-
spruchs- oder Einspruchsverfahren zu
durchlaufen. Danach entscheiden aber
erneut nicht die Arbeits-, sondern die
Gerichte, die nach den jeweiligen be-
hördlichen Verfahrensordnungen für die
Anfechtung von Verwaltungsentschei-
dungen zuständig sind. Das sind für Ver-
fügungen des Zolls die Finanzgerichte,
für jene des Gewerbeaufsichtsamts die
Verwaltungsgerichte.
Und die Entscheidung der Sozialver-
sicherung, aufgrund einer bestimmten
arbeitsrechtlichen Auslegung einen
Phantomlohn zu erheben? Auch hier
wird ein Verwaltungsakt angegriffen
und auch hier ist zunächst ein Wider-
spruchsverfahren durchzuführen. Da-
nach entscheiden die Sozialgerichte.
Auch Arbeitsgerichtsurteil hilft nicht
„Können also Arbeitsgerichte nie über
das Mindestlohngesetz entscheiden?“
Diese Frage des Personalleiters könnte
sein Anwalt wohl so oder ähnlich beant-
worten: „Selbstverständlich können wir
zu den Arbeitsgerichten gelangen. Das
setzt aber voraus, dass sie den Mitarbei-
ter, für den der Phantomlohn festgesetzt
wurde, auffordern, sie auf Zahlung des
tatsächlichen Lohns zu verklagen.“
Allerdings kann der Anwalt seinem
Mandanten auch in diesem Fall nicht
zu viel Hoffnung machen. Denn selbst
bei einem arbeitsgerichtlichen Urteil,
welches zum Beispiel die Ansichten
des Personalleiters stützt, muss der Zoll
nachträglich nicht zwingend zugeben,
die falsche arbeitsrechtliche Meinung
vertreten zu haben. Zumal – und die-
ser letzte anwaltliche Hinweis dürfte
dem Personalleiter endgültig zusetzen:
„Auch die Richter der unterschiedlichen
Rechtszüge sind nicht gebunden und
können abweichende, ja sogar gegen-
sätzliche Meinungen haben.“
THOMAS MUSCHIOL
ist
Rechtsanwalt und Fachautor
in Freiburg.
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Die häufigsten Fragen und Antworten
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