PERSONALquarterly 3/2017 - page 22

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PERSONALquarterly 03/17
SCHWERPUNKT
_HR-ANALYTICS
W
eil Persönlichkeitsmerkmale stabile Verhal-
tensprädiktoren sind (Costa & McCrae, 1992),
wäre es nützlich, wenn man Persönlichkeits-
merkmale vollautomatisch mittels prädiktiver
Algorithmen prognostizieren könnte. Der Personalbereich
könnte dann die Persönlichkeitsinformationen der Bewerber
bspw. im Rahmen der Eignungsfeststellung bei der Stellen-
besetzung nutzen (Buettner, 2014a). Die Bewerber könnten
sich jedoch ebenfalls über zu ihrer Persönlichkeit passende
Arbeitgeber informieren und E-Recruiting-Plattformanbieter
wären in der Lage, ihre Matchingalgorithmen zu verbessern
(Buettner, 2016g).
Der vorliegende Beitrag stellt empirische Ergebnisse auto-
matisierter Prognosen der Big-Five-Persönlichkeitsmerkmale
durch maschinelles Lernen auf Basis von Xing-Daten vor und
zeigt deren konzeptionelle Anwendungsmöglichkeiten für den
Personalbereich.
Digitale Fußabdrücke
Die Persönlichkeit eines Menschen beeinflusst maßgeblich
sein Denken, Fühlen und Verhalten. Das zeigt sich in verschie-
denen privaten und beruflichen Lebensbereichen. Da das Ver-
halten auf Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter
digital aufgezeichnet und gespeichert wird, hinterlassen de-
ren Nutzer persönlichkeitsspezifische Fußabdrücke (Buettner,
2016e). Es konnte in einer Reihe von Korrelationsanalysen
gezeigt werden, dass schwache, aber stabile Zusammenhänge
zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und den digitalen Fußab-
drücken bei der Social-Media-Nutzung bestehen (vgl. Abb. 1).
So bestehen stabile Zusammenhänge zwischen spezifischen
Social-Media-Nutzungsattributen (Anzahl Kontakte, Anzahl
Nachrichten, Anzahl Bilder etc.) und den Big-Five-Persönlich-
keitsmerkmalen. Diese Korrelationen wurden kohärent über
unterschiedliche Social-Media-Plattformen hinweg gefunden,
insb. Facebook, Twitter, Linkedin, Youtube, Myspace, Renren
(Buettner, 2016h).
Prädiktive Algorithmen zur Persönlichkeitsprognose
Prädiktive Algorithmen werden durch maschinelles Lernen
gefunden. Hierbei lassen sich Muster in den Daten entdecken
Prädiktive Algorithmen zur Persönlichkeits­
prognose auf Basis von Social-Media-Daten
Von
Prof. Dr. Ricardo Büttner
(Hochschule Aalen)
und evaluieren, die durch einfache Verfahren wie Regressi-
onsanalysen nicht auffindbar sind. Zu den häufig verwendeten
Standardansätzen maschinellen Lernens zählen hauptsäch-
lich Entscheidungsbäume, künstliche neuronale Netze und
Support Vector Machines.
Entscheidungsbäume dienen als geordnete und gerichtete
Graphen mit einer Wurzel der Klassifikation von Datenob-
jekten. Ältere Entscheidungsbaumverfahren können Bäume
nur auf Basis diskreter Attribute erzeugen. Neuere CART-
Verfahren (classification and regression trees) können zudem
reelle Attribute verarbeiten und nutzen eine Reihe von Opti-
mierungsstrategien wie bspw. das Rückschneiden (pruning)
von Baumabschnitten mit geringer prädiktiver Kraft. Zur
CART-Familie zählt auch das ID3-Verfahren (iterative dicho-
tomiser 3), das entropiebasiert dasjenige Attribut mit dem
höchsten Informationsgewinn auswählt, um an der Stelle ei-
nen neuen Baumknoten zu generieren.
Künstliche neuronale Netze orientieren sich am Vorbild der
Nervenzellverbünde und abstrahieren deren Informationsver-
arbeitung auf einem oder mehreren Computern. Dabei erfolgt
eine Simulation der biologischen Vorgänge wie bspw. das
Aktivieren von Neuronen oder die Synapsenveränderungen
aufgrund von Lernvorgängen. Neben Assoziativspeichern
werden häufig mehrschichtige vorwärtsgerichtete künstliche
neuronale Netze (azyklische, gerichtete Graphen) zur Muster-
erkennung oder für prädiktive Modelle eingesetzt.
Support Vector Machines separieren klassenunterschied-
liche Objekte durch die Einpassung von Hyperebenen im
Vektorraum, in welchem jedes Objekt durch einen Vektor re-
präsentiert wird. Die Hyperebenen werden so gelegt, dass um
die Klassengrenzen herum ein möglichst großer Bereich frei
von Objekten bleibt. Support Vector Machines wurden in den
letzten Jahren ebenfalls methodisch erweitert. So bieten Ker-
nelfunktionen bspw. die Möglichkeit, auch an sich nicht linear
trennbare Objekte zu klassifizieren.
Um die unterschiedlichen Ansätze hinsichtlich ihrer Güte
miteinander vergleichen zu können, hat Buettner (2016g) das
Caret-Paket in der Statistiksoftware R x64 3.2.2 (R Core Team
2015) genutzt. Das Caret-Paket stellt ca. 200 unterschiedliche
Algorithmen zum maschinellen Lernen bereit.
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