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PERSONALquarterly 03/17
SCHWERPUNKT
_HR-ANALYTICS
L
aut einer aktuellen Deloitte-Studie finden 77% der
7.096 befragten internationalen Professionals aller
Fachrichtungen, dass People Analytics (auch: HR oder
Workforce Analytics) wichtig oder sehr wichtig für
den Unternehmenserfolg ist; rund zwei Drittel schätzen die
Fähigkeiten ihres Unternehmens in diesem Feld dagegen als
unzureichend ein (Deloitte 2016). Ein ähnliches Bild zeichnet
sich in zahlreichen HR-, Xing- und Linkedin-Blogs ab: People
Analytics wird als relevantes Wachstums- und Erfolgsfeld be-
trachtet, dem sich Unternehmen aktuell noch nicht in Gänze
stellen können. Investitionen in People Analytics stehen bei
vielen Firmen auf der Agenda: In einer weiteren Deloitte-Studie
gaben zwei Fünftel der befragten Firmen an, aktuell oder für
die nächsten zwei Jahre geplant bessere Voraussetzungen für
People Analytics schaffen zu wollen (Jones, 2014).
Unternehmen haben verschiedene Möglichkeiten, People-
Analytics-Ansätze in ihre Personalarbeit einfließen zu lassen.
Bspw. hat die Audi AG bereits gute Erfahrungen mit Wis-
senschaftskooperationen gemacht und nutzt diese Form der
Zusammenarbeit auch zur Analyse und Evaluation von HR-
Initiativen. Das Praxisbeispiel, das wir in diesem Beitrag vor-
stellen, basiert auf einer solchen Kooperation.
Das Praxisprojekt zur Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ort
Im Rahmen des Projekts „Audi Arbeitswelt“ beschäftigt sich
das Unternehmen mit der Arbeitswelt von morgen. Dabei spielt
die Flexibilisierung von Arbeitsort und Arbeitszeit bei allen
(Teil-)Projekten eine große Rolle. Angesichts der sich verän-
dernden tradierten Rollenbilder und Vorstellungen über Ar-
beit und als wichtiger Schritt, um noch mehr Flexibilität und
Innovationen zu fördern, wurde im Oktober 2016 die Betriebs-
vereinbarung „Mobiles Arbeiten“ eingeführt. Dadurch haben
Mitarbeiter Anspruch auf mobiles Arbeiten, wenn es ihre Ar-
beitsaufgabe zulässt. Das heißt, sie haben die Möglichkeit, auf
freiwilliger Basis und nach Absprache mit ihrer Führungskraft
den Arbeitsort und die Arbeitszeit innerhalb der gesetzlichen
(Arbeitszeit-)Vorgaben frei zu wählen.
Mobile Arbeit ist an unterschiedlichenOrten, sowohl ganztägig
als auch tagesanteilig möglich. Zum Schutz der Beschäftigten ist
das Recht verankert, außerhalb der vereinbarten Arbeitszeiten
People Analytics als Wissenschaftskooperation:
Mobiles Arbeiten bei der Audi AG
Von
Hanna Kuschel
(Ludwig-Maximilians-Universität München),
Stephanie Prünster
(Audi AG) und
Prof. Dr. Ingo Weller
(Ludwig-Maximilians-Universität München)
nicht erreichbar zu sein. Mit der Betriebsvereinbarung sollen
gleiche Rahmenbedingungen für alle geschaffen und die Res-
source Arbeitszeit effizienter genutzt werden. Zugleich erfordert
die Einführung des mobilen Arbeitens auch einen Kulturwandel
und stärkt das gegenseitige Vertrauen (insbesondere zwischen
Führungskraft und Mitarbeiter): „Wir wollen noch besser auf
die Lebenssituation der Menschen bei Audi eingehen. Ziel der
Betriebsvereinbarung ist es daher, mehr persönliche Freiräume
zu schaffen und dem Mitarbeiter ein selbstbestimmtes Arbeiten
zu ermöglichen. Der Wunsch nach flexiblem und lebenspha-
senorientiertem Arbeiten wurde im intensiven Austausch mit
den Mitarbeitern deutlich. Jetzt fördert das Unternehmen die
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben noch stärker. Diese
Flexibilität kommt auch dem Unternehmen zugute, denn mehr
Selbstbestimmung gibt Raum für Ideen“, so Stephanie Prünster,
sie leitet bei der Audi AG das Projekt „Audi Arbeitswelt“.
Die wissenschaftliche Begleitung: Aufgaben und Ziele
Die Einführung der Betriebsvereinbarung „Mobiles Arbeiten“
und weitere Teile des Projekts „Audi Arbeitswelt“ werden durch
ein Doktorandenprojekt am Institut für Personalwirtschaft der
Ludwig-Maximilians-Universität München begleitet. Audi hat
diese Form der Wissenschaftskooperationen über das unter-
nehmenseigene Doktorandenprogramm institutionalisiert, das
bereits seit 14 Jahren besteht. Aktuell arbeiten rund 120 Dok-
toranden aus allen Fachbereichen an unterschiedlichen Audi-
spezifischen Fragestellungen mit verschiedenen Hochschulen
zusammen.
Die wissenschaftliche Begleitung des mobilen Arbeitens hat
verschiedene Aufgaben und Schwerpunkte, soll insbesondere
aber auch Methodenkompetenz beisteuern, um die Wirksam-
keit der Betriebsvereinbarung zu messen. Neue Arbeitszeit-
regelungen und die Einführung neuer Arbeitsformen gehen
mit Fragestellungen einher, die alle Parteien in Unternehmen
betreffen:
3
Mitarbeiter, die die Neuregelung des mobilen Arbeitens posi-
tiv betrachten und sie (intensiv) nutzen wollen,
3
Mitarbeiter, die die Regelung selbst nicht nutzen, aber durch
die mobile Arbeit von Kollegen indirekt betroffen sind (z.B.
weil Kollegen nicht persönlich im Büro erreichbar sind);