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PERSONALquarterly 03/17
SCHWERPUNKT
_HR-ANALYTICS
I
n der Vergangenheit war die Personalfunktion häufig ei-
ne der am wenigsten datengetriebenen Funktionen im
Unternehmen. Während Finance, Controlling, Operations
und auch Vertrieb und Marketing in hohem Umfang mit
Kennzahlen gesteuert werden und die Analyse von Daten als
essenziellen Teil ihrer Arbeit verstanden haben, war dieses
Denken in Kennzahlen und quantitativen Analysen für Per-
sonalabteilungen lange fremd. Das Personalcontrolling er-
schöpfte sich häufig in der reinen Planung von Headcounts
und Personalkosten.
Eine wesentliche Ursache war oft die mangelnde Verfügbar-
keit von Daten. Während im Vertrieb und Betrieb von Unter-
nehmen schon früh Data-Warehouses genutzt werden konnten,
um detaillierte Analysen über Warenbewegungen oder Kun-
denbestellungen zu ermöglichen, hatten Personalabteilungen
seltener Zugriff auf detaillierte Personaldaten. Dies hat sich
jedoch durch die seit Jahren wachsende Bedeutung der IT-Infra-
struktur in Unternehmen geändert. Viele Unternehmen haben
mittlerweile in hohem Umfang Personaldaten angesammelt.
Warum People Analytics?
Gehälter, Leistungsbeurteilungen, Beförderungen, Kündi-
gungen, sowie weitere relevante Informationen sind grund-
sätzlich leicht in längeren Zeitreihen aus ERP-Systemen
ermittelbar. Unternehmen nutzen zusätzlich regelmäßig On-
line-Surveys, um die Wahrnehmungen und Meinungen von
Mitarbeitern zu erfassen. Bisher fehlen den Personalbereichen
aber oftmals noch die entsprechenden Kompetenzen, um sol-
che Daten systematisch zu verknüpfen und auszuwerten. Zwar
haben viele Unternehmen auch im Personalbereich Kennzah-
lensysteme eingeführt (HR-Scorecards, Dahsboards etc.). Diese
erschöpfen sich jedoch häufig in einem reinen Reporting. Be-
stimmte KPIs werden in festen Frequenzen berichtet. Solche
beschreibenden Berichte erlauben aber nicht notwendigerwei-
se auch deren systematische Analyse. Zudem garantiert die
Möglichkeit, Personaldaten auszuwerten und zu verknüpfen,
noch nicht, dass aus dieser Verknüpfung sinnvolle Handlungs-
empfehlungen abgeleitet werden können, die eine Investition
in die Technologie und Analysekompetenzen der HR-Mitarbei-
ter automatisch rechtfertigen.
People Analytics –
Personaldaten als Erfolgsfaktor
Von
Torsten Biemann
(Universität Mannheim),
Florian Englmaier
(Ludwig-Maximilians-Universität München),
Dirk Sliwka
(Universität zu Köln) und
Prof. Dr. Ingo Weller
(Ludwig-Maximilians-Universität München)
Häufig sind erste Analysen nützlich, um Korrelationen
aufzudecken (etwa: „Bereiche, in denen die Führungskräfte
Instrument XY einsetzen, haben eine höhere Mitarbeiterzufrie-
denheit“). Es bleibt jedoch die Frage, wie nützlich eine Erkennt-
nis über eine Korrelation ist, wenn man sich nicht sicher sein
kann, ob hinter der Korrelation auch ein Kausalzusammen-
hang steckt, der zu einem „Business Case“ führt („Wir sollten
Instrument XY unternehmensweit ausrollen, da es die Mitar-
beiterzufriedenheit erhöht, dadurch die Fluktuation senkt und
so den Gewinn erhöht“). People Analytics wird aber gerade
dann extrem wertvoll für die Steuerung von Unternehmen,
wenn es genau solche Schlüsse möglich macht. Genau dann er-
leichtert es der Personalfunktion, Einfluss auf Unternehmens
entscheidungen zu nehmen und wirklich zum strategischen
Business Partner zu werden.
Unser Beitrag skizziert Grundideen, wie dies gelingen kann.
Dabei geht es uns um zwei Ziele: Zum einen sollte People Ana-
lytics die Personalfunktion in die Lage versetzen, selbst Analy-
sen durchzuführen und Ergebnisse präzise zu interpretieren.
Zum anderen soll dargestellt werden, wie Unternehmen aus
von Forschern begleiteten People-Analytics-Projekten in ande-
ren Unternehmen lernen können.
Was braucht man?
Personaldaten sind komplex, da sie einerseits über eine Viel-
zahl von Prozessen gewonnen werden (z.B. Rekrutierung,
Leistungs- und Potenzialbeurteilungen, Gehaltsabrechnung,
Mitarbeiterbefragungen etc.) und andererseits nicht zwangs-
läufig in integrierten IT-Systemen gespeichert werden. So ist
es keinesfalls sicher, dass Personalakten, allgemeine ERP- und
spezielle HCM/HR-Systeme und Zusatzsoftware (z.B. für Mitar-
beiterbefragungen oder Mitarbeiterempfehlungsprogramme)
vollständig integriert sind. Wir hören in unseren Gesprächen
mit HR-Professionals immer wieder, dass Unternehmen aus
Kostengründen auf eine vollständige Integration ihrer Daten
verzichten. In der Konsequenz wird damit aber aus unserer
Sicht an der falschen Stelle gespart.
Die Verknüpfung von HR-Daten ist für People Analytics emi-
nent wichtig. Verknüpfung bedeutet, dass HR-Daten auf der
anvisierten Analyseebene (z.B. Mitarbeiter, Arbeitsgruppe,