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SCHWERPUNKT
_INTERVIEW
PERSONALquarterly 03/17
PERSONALquarterly:
Von wem ging bei Merck die Initiative aus,
verstärkt im Bereich HR-Analytics tätig zu werden?
Miriam Tolksdorf:
Initiator war die HR-Funktion. Als strategischer
Partner für das Geschäft müssen wir unsere Aktivitäten darauf
ausrichten, den unternehmerischen Erfolg optimal zu unter-
stützen. Dazu braucht es heute Entscheidungsgrundlagen, die
auf Daten und Fakten basieren. Aus diesem Grund haben wir
2015 mit der Implementierung einer HR-Analytics-Systematik
begonnen.
PERSONALquarterly:
Was zeichnet HR-Analytics bei Merck aus?
Anna Lena Fritzsche:
HR-Analytics bei Merck umfasst die Integra-
tion von Mitarbeiterstammdaten und Prozessdaten – wie Ver-
gütung, Talentstatus, Performance, Recruiting etc. – und damit
die Möglichkeit zu umfassenden Analysen. Diese helfen uns,
Trends frühzeitig zu erkennen undWechselwirkungen aufzuzei-
gen. Dazu zählt auch eine intuitive, mobil nutzbare Technologie
(„Visier“), über die wir unseren Führungskräften direkten Zu-
griff auf Daten und Analysen geben können. Kurze E-Learnings
helfen unseren Führungskräften und auch den HR-Mitarbeitern,
den Umgang mit dem System zu erlernen. Der direkte Daten-
zugriff – in einem System, mit standardisierten Kennzahlen
und automatischer Aufbereitung in Grafiken, Diagrammen und
Charts – spart Zeit und hilft, den Fokus von administrativen
Tätigkeiten auf strategische Analysen zu verschieben. Damit
unterstützt HR-Analytics unser Zielbild einer leistungsfähigen
HR-Organisation und ist zudem ein wichtiger Beitrag zur Unter-
stützung der Geschäfte.
PERSONALquarterly:
Wie unterscheidet sich HR-Analytics bei Merck
von bekannten Kennzahlensystemen im Rahmen von HR-Cont
rolling?
Anna Lena Fritzsche:
Die Basis unserer HR-Analytics-Plattform ist
eine einheitliche und transparente Datenbasis in einem integ
rierten System. Insofern unterscheidet sich die Architektur
zunächst nicht von traditionellen Warehouse-Konzepten. Der
Unterschied liegt in der Evolution von klassischen Reporting-
ansätzen, die in der Regel retrospektiv Daten bereitstellen und
Entwicklungen erklären, hin zu einem „Advanced Reporting“
und dem Schritt in stärker vorausschauende Analyse („Predicti-
HR-Analytics ist immer auch Storytelling
Das Interview mit
Miriam Tolksdorf
und
Anna Lena Fritzsche
führten
Prof. Dr. Torsten Biemann
und
Prof. Dr. Heiko Weckmüller
ve Analytics“). Hier schafft vor allem die regelmäßige und sys
tematische Analyse von Beziehungen und Trends, die über das
klassische KPI-Reporting hinausgeht, einen Mehrwert, der von
Führungskräften und HR-Mitarbeitern gleichermaßen bestätigt
wird. Tatsächliche Research-Projekte auf Basis der vorliegenden
Daten machen in dieser ersten Phase der Einführung unserer
HR-Analytics-Plattform den kleineren Anteil aus.
PERSONALquarterly:
Wo ist der Bereich HR-Analytics organisato-
risch bei Merck verankert?
Miriam Tolksdorf:
Das neu aufgestellte HR-Analytics-Team ist Teil
der übergreifend agierenden HR-Strategie-Einheit unserer glo-
balen HR-Funktion. Das Team liefert Standardreports, sichert die
Qualität der Daten, liefert Zusatzanalysen auf Anfrage und arbei-
tet zusammen mit Hochschulen oder anderen externen Partnern
an ausgewählten Research-Projekten.
PERSONALquarterly:
Hat die Einführung von HR-Analytics Auswir-
kungen auf die Stellung der HR-Funktion bzw. auf die Arbeitstei-
lung innerhalb von HR?
Miriam Tolksdorf:
HR-Analytics ersetzt das „Bauchgefühl“, das in
der Vergangenheit häufig die Basis für personalrelevante Ent-
scheidungen war. Der Tätigkeitsschwerpunkt der HR-Mitarbei-
ter verlagert sich von der Datenbeschaffung und -konsolidierung
hin zur datenbasierten Beratung und Analyse von Trends und
Einflussfaktoren. Wir helfen damit unseren Führungskräften,
belastbare Entscheidungen auf Basis von Daten und Fakten zu
treffen. Und innerhalb der HR-Funktion hilft HR-Analytics so-
wohl Business-Partnern als auch Experten, eine stärker strate-
gisch beratende Funktion einzunehmen.
PERSONALquarterly:
Welche überraschenden Erkenntnisse haben
Sie durch HR-Analytics gewonnen?
Anna Lena Fritzsche:
Führungskräfte sehen jetzt beispielsweise
deutlich und direkt, dass gezieltes Feedback einen Einfluss
hat, sowohl auf Engagement als auch auf Bewegungen und
Entwicklung der Mitarbeiter. Es gibt eine andere Transparenz
hinsichtlich Wirkungsweisen einzelner Personalführungs
instrumente und damit eine objektivere Nutzenbewertung
einzelner Aktivitäten.