Immobilienwirtschaft 2/2016 - page 21

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2.2016
jekten haben das Finanzierungsgeschäft
spürbar belebt“, lautet das nüchterne Fa-
zit von Maria-Teresa Dreo, Bereichsleite-
rin Real Estate Germany der HVB. Vom
Neugeschäft der HVB, das in den ersten
neun Monaten 2015 um 70 Prozent auf
4,2Milliarden hochschoss, entfiel gut eine
Milliarde Euro auf kurzfristige Zwischen-
finanzierungen. Schließlich ist die HVB
eine Universalbank, zu deren Geschäfts-
feld das Investmentbanking gehört. Daher
war sie bei den großen Übernahmedeals
in der Immobilienbranche – wie dem
Kauf der Gagfah durch Vonovia (früher:
Deutsche Annington) – als Geldgeber und
Emissionshaus mit von der Partie.
AUSREICHENDE RISIKOPOLSTER
Das Neu-
geschäft (ohne Prolongationen) bei der zu
den Genossenschaftsbanken gehörenden
Münchener Hyp hat sich auf gut fünf
Milliarden Euro (Plus zu 2014: 15 Pro-
zent) entwickelt (Anteil der gewerblichen
Immobilienfinanzierung: 800 Millionen
Euro), die DG Hyp liegt bei rund 5,7 Mil-
liarden Euro (Plus zu 2014: 16 Prozent).
Obwohl die Risikoparameter nicht ge-
senkt worden seien, sei das Neugeschäft
ordentlich ausgefallen, sagt Axel Jordan,
Bereichsleiter Gewerbliche Immobilien-
finanzierung der DG Hyp.
Die wichtigsten Risikostellschrauben
einer Finanzierung sind seiner Ansicht
nach der Beleihungs- und Verkehrswert-
auslauf sowie die gesicherte Kapitaldienst-
fähigkeit. Die DGHyp finanziere bis zu 75
Prozent des Verkehrs-, aber maximal 100
Prozent des Beleihungswerts. Damit die
nachhaltige Kapitaldienstfähigkeit einer
Immobilie gewährleistet ist, hält er eine
Objektrendite – Mieteinnahmen minus
Bewirtschaftungskosten – vonmindestens
sieben Prozent für erforderlich. „In fünf
oder zehn Jahren, wenn eine Anschlussfi-
nanzierung vonnöten und das Zinsniveau
womöglich deutlich höher ist als heute,
kann es sonst, ohne einen ausreichenden
Finanzierungspuffer, problematisch wer-
den“, gibt Jordan zu bedenken. Das sieht
Jan Peter Annecke, Leiter Gewerbliche
Immobilienfinanzierung der Münchener
Hyp, ähnlich: „Das Zinsniveau befindet
sich nahe historisch niedriger Tiefstände,
das ist eine knifflige Situation.“ Selbst ein
moderater Zinsanstieg bedeute für Kre-
ditnehmer eine 50 Prozent höhere Zins-
belastung. „In den Big-5-Standorten ist
es wegen der stark gefallenen Renditen
gegenwärtig schwierig, für die Zeit der
Zinswende ein aus unserer Sicht ausrei-
chendes Risikopolster für Finanzierungen
mit einzukalkulieren“, soAnnecke. Gerade
angelsächsische Investoren reizten Finan-
zierungspotenziale gerne aus.
Deshalb haben DG Hyp und Mün-
chener Hyp in Deutschland den Fokus
ihres Immobilienkreditgeschäfts mehr in
die Regionen verlagert, zu den A-Lagen
der B- und C-Städte. Zudem fuhr die
Münchener Hyp – aufgrund des attrak-
tiveren Margenniveaus – die Kreditakti-
vitäten im Ausland hoch. Die Deutsche
Hypo versucht den Margendruck abzu-
federn, indem sie sich auch bei Projekt-
entwicklungen und im Refurbishment
engagiert. „Im Vordergrund steht, dass
Finanzierungen auf einer soliden Basis
erfolgen – was Marge und Risiko betrifft“,
sagt Vorstandssprecher Andreas Pohl.
2015 dürfte sich das Niveau des Neuge-
schäfts in etwa auf dem Niveau von 2014
(3,6 Milliarden Euro) bewegt haben.
Die Immobilienbanken erwarten dank
niedriger Zinsen und schwachem Euro
eine Fortdauer des deutschen Immobi-
lienbooms. Trotzdem bereitet ihnen die
– vielleicht 2017 – anstehende Zinswen-
de zunehmend Unbehagen. Jordan be-
schwichtigt: „Nervosität ist fehl am Platz,
ein starker Zinsanstieg ist schon wegen
der hohen Staatsverschuldung unwahr-
scheinlich.“
SUMMARY
»
Vom Boom auf dem Immobilienmarkt in Deutschland
profitieren auch die Kreditgeber. Das Neugeschäftsvolumen der zehn größten
Immobilienbanken betrug 2015 laut einer Prognose des Maklerhauses JLL fast 50 Milliarden Euro.
»
Für Standardfinanzierungen
bei Büro- und Ein-
zelhandelsimmobilien in den Top-Lagen der Big-5-Standorte in Deutschland ist die Marge stark geschrumpft. Laut JLL auf weit unter 100, mitunter sogar
60 Basispunkte. Auch mit der Finanzierung gewerblicher Wohnimmobilien sei aktuell wenig zu verdienen.
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Die Immobilienbanken
erwarten eine
Fortdauer des deutschen Immobilienbooms. Trotzdem bereitet ihnen die – vielleicht 2017 – anstehende Zinswende zunehmend Unbehagen.
«
Norbert Jumpertz, Staig
Stimmen
„In den Big-5-Standorten
ist es wegen der niedrigen
Renditen schwierig, für
die Zeit der Zinswende ein
ausreichendes Risiko-
polster für Finanzierungen
mit einzuplanen.“
Jan Peter Annecke,
Münchener Hyp
„Das hohe Transaktions-
niveau bei Gewerbeim-
mobilien und die stark
gestiegenen Aktivitäten
im Neubau und bei der
Restrukturierung haben
das Finanzierungsgeschäft
spürbar belebt.“
Maria-Theresa Dreo,
Bereichsleiterin HVB
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