Immobilienwirtschaft 2/2016 - page 17

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2.2016
Was bringt 2016?
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ie Wohnungspolitik steht auch im neuen Jahr hoch im Kurs. Hat das Bündnis für
bezahlbares Wohnen und Bauen Anfang 2015 noch schleppend begonnen, lobten
die beteiligtenVerbände Ende November einhellig dessen Ergebnisse. Die Botschaft
ist klar: Der Bund muss und kann wieder mehr Verantwortung in der Wohnungspoli-
tik übernehmen. Die über eine Million Flüchtlinge im vergangenen Jahr werden bald
die Anspannungen auf vielen städtischen Wohnungsmärkten weiter verschärfen. Und
der Zustrom wird vermutlich anhalten, selbst wenn er sich etwas verlangsamen sollte.
Deshalb müssen noch weit mehr als die 2015 gebauten 260.000 Wohnungen geschaffen
werden; egal ob man nun mit einemNeubaubedarf von 350.000Wohneinheiten wie die
Bundesbauministerin oder 400.000 wie die Immobilienverbände rechnet.
Auf die vielen Bündnisempfehlungen müssen nun Taten folgen. Manches wurde
schon auf den Weg gebracht: eine Verdopplung der Bundesmittel für sozialen Woh-
nungsbau, ein Programm für experimentelles Bauen, die Verbilligung der Abgabe von
Bundesliegenschaften. Auch die regionalisierte degressive Afa in Zonen der Mietpreis-
bremse und Kappungsgrenze wird kommen. Doch wird das die richtigen Effekte haben?
Gehen finanzielle Anreize aufgrund vonKapazitätsengpässen in der Bauwirtschaft in die
Baukosten? Entstehen so genug bezahlbare Wohnungen oder gibt es Mitnahmeeffekte?
Paradox erscheint die Situation bei der Grunderwerbsteuer: Der Staat regt auf der
einen Seite denWohnungsneubaumit Steuermitteln an. Und auf der anderen Seite wurde
von fast allen Bundesländern die Grunderwerbsteuer erhöht, teilweise auf bis zu 6,5
Prozent. Dies verteuert die Erwerbskosten für eine Durchschnittsimmobilie mit einem
Kaufpreis von 360.000 Euro um bis zu 17.000 Euro bzw. fünf Prozent.
WIDERSPRUCH
Ein ähnlicher Widerspruch zeigt sich bei hohen Baustandards sowie den
umwelt- und planungsrechtlichen Regelungen, die Baukosten erhöhen, das innerstäd-
tische Bauen verlangsamen oder verhindern. Auch dazu liegen aus dem Bündnis Emp-
fehlungen vor: aus der Baukostensenkungskommission in Bezug auf Baustandards und
Normen; aus der AG „Aktive Liegenschaftspolitik“ für das Umwelt- und Planungsrecht.
Doch hier scheint sich die Bundesregierung und vor allem das Bundesbau- und
-umweltministerium selbst schwerer zu tun. Denn es müssen konstruktive Lösungen
für Zielkonflikte zwischen umwelt- und klimapolitischen Anliegen und einem bezahl-
baren, sozialverträglichen Wohnungsbau gefunden werden. Die seit 1. Januar geltende
nächste EnEV-Stufe macht dies deutlich. Die Bundesbauministerin – gleichzeitig Bun-
desumweltministerin – konnte schlecht in Paris ein neues, ambitioniertes internationales
Klimaabkommen erkämpfen und zu Hause die EnEV aussetzen. Doch was sie kann und
nun auf Druck der Bauministerkonferenz auch endlich tun wird, ist prüfen, ob die auf
Wärmeverluste ausgerichtete EnEV-Logik weiterhin der richtige Weg ist.
Denn wir brauchen dringend andere, flexiblere Klimaschutzansätze im Gebäude-
bereich, mit denen wir kostengünstiger und sozialverträglicher CO
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einsparen können.
Und auch zur besseren Verschränkung von Bauplanungsrecht und Immissionsschutz-
recht muss das BMUBmit der Initiative „Zusammenleben in der Stadt“ nun praktikable
Lösungen erarbeiten, damit wir in den Ballungsräumen bestehende Innenentwicklungs-
potenziale nutzen und etwas dichter bauen können. Das heißt nicht, umweltpolitisch
und gesundheitlich berechtigte Schutzstandards aufzugeben, sondern in erster Linie
andere, intelligentere und flexiblere Lösungen zuzulassen.
Deutscher Verband
Das Bündnis für bezahlbares
Wohnen und Bauen hat am
27. November 2015 seinen
Abschlussbericht vorgelegt.
Der Deutsche Verband hat
die AG Liegenschaftspolitik
selbst koordiniert und an an-
deren AGs mitgewirkt. Nicht
nur er verfolgt mit Spannung,
was die Wohnungspolitik des
Bundes für 2016 bringt.
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Christian Huttenloher, Berlin
Foto: Deutscher Verband
Christian Huttenloher ist Generalsekretär des
Deutschen Verbands für Wohnungswesen,
Städtebau und Raumordnung e.V. in Berlin.
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