Wirtschaft und Weiterbildung 1/2018 - page 56

messen und kongresse
56
wirtschaft + weiterbildung
01_2018
Mitarbeitern ähnlich. Zum Rahm gehör-
ten die Performer, zum Abschaum die
Pfeifen und Psychopathen. „Die Pfeifen
sind auf dem mentalen Niveau eines
Vierjährigen und entwickeln sich nicht
weiter“, behauptete Grieger-Langer. Sie
könnten zwar Leistung bringen, fühlten
sich aber nicht bemüßigt, das zu tun.
Wichtig sei es daher, die Pfeifen in den
Griff zu bekommen. „Achtsamkeit bedeu-
tet, gnadenlos auszusortieren, mit wem
Sie Kontakt haben“, empfahl sie. Kriti-
sche Nachfragen zu ihren teils abstrusen
Aussagen gab es nicht, dafür Applaus.
Fragwürdig waren auch einige Aussagen
des Experten für Digital Leadership, Ibra­
him Evsan. Digital Leadership bedeute,
die neuen digitalen Lebensbereiche zu
verstehen, erklärte der Berater. Die meis-
ten Führungskräfte hätten keine Social-
Media-Strategie und wüssten nicht, wie
sie die digitale Kommunikation umsetzen
sollten. Digital bedeute „absolute Vernet-
zung“ und „etwas Höheres“. „Ihr könnt
euer Umsatzziel so hoch setzen wie ihr
wollt, ihr werdet es erreichen, wenn ihr
das System versteht“, behauptete der Be-
rater und bedauerte, dass es heute häufig
an Magie fehle. „Nur wenn ich mich in
den Dingen sehe, dann liebe ich es“, er-
klärte Evsan.
Sind Algorithmen die besseren Ent-
scheider? Robindro Ullah, Blogger und
Buchautor, präsentierte den Web-Dienst
„Crystal“, der alle Daten einer Person
im Internet durchforstet und daraus ein
Persönlichkeitsprofil erstellt. Grundlage
ist der wissenschaftlich umstrittene Per-
sönlichkeitstest „DISC“. Der sei natürlich
nicht valide, so Ullah. „Das ist das Niveau
Bauchgefühl.“ Dennoch sei es wichtig,
solche Angebote im Auge zu behalten.
Neues vom Zukunftsforscher
In Kleingruppen sollten sich die Teil-
nehmer zu der Frage austauschen: Ist
das Tool für Sie als Personaler hilfreich
und wie sehen Sie es, wenn Bewerber
das auch bei Ihnen anwenden? Das sei
eine zusätzliche Informationsquelle und
daher durchaus hilfreich, erklärte eine
junge HR-Mitarbeiterin. Und dass sie
selbst vom Bewerber analysiert werde, sei
für sie kein Problem. Die Persönlichkeit
spiele doch überhaupt keine Rolle bei der
Bewerberauswahl, ergänzte ein Persona-
ler aus dem IT-Bereich. „Bei uns geht es
nur darum, dass ein Kandidat die Fach-
kompetenz hat.“
Nachdenklich stimmte der Abschlussvor-
trag von Zukunftsforscher Matthias Horx.
„Bei 60 Prozent der Anfragen von Un-
ternehmen heißt es: Können Sie unserer
Belegschaft sagen, dass Digitalisierung
ganz toll ist? Uns glauben sie es nicht“,
berichtete Horx und sieht die Digitalisie-
rung irgendwo zwischen Euphorie und
Paranoia. Er selbst probiere in seinem
Haus stets neue Technologien aus, sieht
aber auch mögliche negative Folgen.
„Das Haus wird sich irgendwann allein
verwalten und was machen wir dann?“
fragte er. „Macht uns das dann zu einer
verhausschweinten Rasse?“ Kein Wunder,
dass es bereits die „Rache des Analogen“
gebe: So boomen Vinylschallplatten und
Lichtschalter zum Drehen.
Dabei schmiss der Zukunftsforscher
immer wieder neue Wortkreationen in
den Raum wie Infobesity (die Sucht nach
Infos), Pseudonymität (digitaler Exhibi-
tionismus), Feedback Failure (Man kann
die Sau rauslassen und es passiert nichts)
und Smart Tick (innere Leere). Und er
warnte vor drei fundamentalen Irrtü-
mern: Social Media sei eine neutrale Ab-
bildung des Sozialen. Digitalisierung sei
primär eine Effizienzsteigerungsmethode
und künstliche Intelligenz ersetze den
Menschen. „Wir verwechseln Bewusst-
sein und Intelligenz“, so der Berater. Beim
Bewusstsein gehe es um das Erfühlen der
Welt, das In-Verbindung-Treten, bei Intel-
ligenz stehe das Lösen formaler Probleme
im Vordergrund. Dabei plädierte Horx für
eine humanistische Digitalisierung. „Zu-
kunft entsteht, wenn Beziehungen gelin-
gen und Digitalisierung gelingt, wenn sie
authentische Beziehungen gestaltet“, so
der Zukunftsforscher. Wenn eine Bank
ihre Prozesse nur digitalisiere, um sich
die Kunden vom Leib zu halten, werde
das nicht zum Erfolg führen.
Bärbel Schwertfeger
R
Achtungserfolg.
Zur ersten
Konferenz „Digital Mind
Change“ am 26. Oktober 2017
kamen rund 375 Teilnehmer
nach München.
Zukunftsthemen.
Die Teilnehmer tauschten sich in Workshops über „mobiles
Arbeiten“, „Steuerung virtueller Teams“ und „Roboter- Recruiting“ aus.
Fotos: Spring Messe
1...,46,47,48,49,50,51,52,53,54,55 57,58,59,60,61,62,63,64,65,66,...68
Powered by FlippingBook