Wirtschaft und Weiterbildung 1/2018 - page 54

messen und kongresse
54
wirtschaft + weiterbildung
01_2018
fangreiche Kongressprogramm stellte die
– nach Angaben des Veranstalters – mehr
als 375 Teilnehmer zudem vor erhebliche
Herausforderungen. Neben den Keynote-
Vorträgen im meist halbleeren Auditorium
liefen parallel jeweils fünf verschiedene
Workshops und Sessions, die zu unter-
schiedlichen Zeiten begannen und ende-
ten. Wer einen Workshop komplett be-
suchen wollte, musste auf einen anderen
verzichten und eine Zwangspause einle-
gen. Die Folge: Es gab einen ständigen
Wechsel in den Räumen, was so manchen
Referenten deutlich verunsicherte.
Thomas Vollmöller, CEO von Xing, einem
Kooperationspartner der Konferenz,
sparte nicht mit digitalen Superlativen:
„Die Veränderung der Arbeitswelt ist re-
volutionär, die größte Revolution nach
der industriellen Revolution.“ Die Tech-
nologie sorge für produktivere und befrie-
digendere Arbeit, Mitarbeiter würden zur
Hauptquelle für Innovationen. Innovation
müsse dabei von innen kommen, externe
Labs funktionierten nicht. Ein wesent-
liches Hindernis seien hierarchische
Strukturen, wie sie in zwei Dritteln der
Unternehmen vorherrschten. Weniger Hi-
erarchie führe zu „hundert Prozent mehr
Innovationen“. Eine extrem schwierige
Sache sei die Etablierung einer Fehlerkul-
tur.
Bei Xing gebe es daher eine Failebration.
„Da erzählen wir uns, wo wir geschei-
tert sind“, so Vollmüller. Und mit einem
Mood-o-Meter befrage man die Mitar-
beiter einmal in der Woche, wie sie sich
fühlten. Zudem bräuchten Unternehmen
einen Purpose (Sinn). Mitarbeiter in sinn­
orientierten Firmen seien dreimal so en-
gagiert, behauptete der Xing-Chef und
schloss seinen Vortrag mit den sprachlich
etwas verunglückten Worten: „Embracen
Sie Individualism.“
Der neue Chef ist Winnetou
plus Gandhi
Thomas Walter, Geschäftsführer der Un-
ternehmensberatung „Supersieben“, re-
ferierte über die Psychologie der Digita-
lisierung. „Jeder versteht etwas anderes
unter Digitalisierung“, so der Wirtschafts-
ingenieur. Für viele sei sie wie ein frem-
des Land, wo es vielleicht große Schätze
gebe, aber man wisse nicht, wo es liege
und wie man hinkomme. Mithilfe von
Algorithmen messe seine Firma „Emo-
tional Territories“, also Muster, Gefühle
und Werte, zu einzelnen Themen. Bei
einer Befragung von 500 Entscheidern
zum Thema Digitalisierung kam dabei ein
Bündel von Pflichtveranstaltung, Wagnis,
und Verlassenheit heraus. Walters Fazit:
Man brauche Führungskräfte, die eine
Mischung aus Winnetou, Gandhi und
Steve Jobs sind.
Einen interessanten Einblick in die Wir-
kungen der virtuellen Realität bot Alissia
Iljaitsch. Durch die Digitalisierung werde
der Körper immer unwichtiger, erklärte
die Mitgründerin und Digital Innovation
Strategist bei der Beratung „IQ Gemini“.
Aber die Emotionen entständen im Kör-
per. „Bevor unser Gehirn ein Signal in-
terpretiert, weiß unser Körper es bereits“,
so Iljaitsch. Virtuelle und erweiterte
(augmented) Realität bringe den Kör-
per wieder ins Spiel. „Man ist, wo man
nicht ist und hat auch noch einen Kör-
92 Prozent der Dax-Vorstände haben
keine Erfahrung mit Digitalisierung und
von 196 Dax-Vorständen sind 66 Prozent
völlig abstinent in den sozialen Medien.
80 Prozent der Mitarbeiter kennen keine
agilen Methoden, 70 Prozent der Füh-
rungskräfte nützen keine agilen Metho-
den. Glaubt man Stephan Grabmeier,
dann sieht es mit der digitalen Fitness in
deutschen Unternehmen übel aus.
Das gilt vor allem auch für die Personal-
abteilungen. Die „Treiber“ der digitalen
Transformation seien IT, Marketing und
Kommunikation, das Schlusslicht sei
HR, so der Innovation Evangelist, der
inzwischen von Haufe zu Kienbaum ge-
wechselt ist. Dabei sei Transformation in
erster Linie die Fähigkeit, das Verhalten
zu ändern. Schlüssel dafür sei ein Instant-
Feedback, das unmittelbar und kontext-
bezogen sein müsse. „Über die Selbst-
reflexion haben sie einen viralen Effekt
nach innen“, so Grabmeier.
Unterschiedliche Qualität der
Workshops
Auf der „Digital Mind Change“ am 26.
Oktober in der BMW Welt in München
konnten sich HR-Mitarbeiter bei Keynote-
Vorträgen und über 20 Workshops über
verschiedene Facetten der Digitalisierung
informieren. Die Qualität der Workshops,
die aufgrund der kurzen Zeit meist nur
Vorträge mit Fragerunde waren, erwies
sich als recht unterschiedlich. So man-
cher Workshop erinnerte eher an eine
PR-Präsentation und nicht bei allen war
der Zusammenhang mit dem Thema Di-
gitalisierung so recht erkennbar. Das um-
Digitalisierung braucht
authentische Beziehungen
DIGITAL-MIND-CHANGE-KONFERENZ.
Der Veranstalter der Kölner Messe „Zukunft
Personal“ hat sich eine Konferenz für Personaler namens „Digital Mind Change“ zugelegt.
Die erste Ausgabe fand am 26. Oktober in der BMW Welt in München statt. Inhaltlich und
organisatorisch gibt es Verbesserungsbedarf, berichtet die Münchner Journalistin Bärbel
Schwertfeger.
1...,44,45,46,47,48,49,50,51,52,53 55,56,57,58,59,60,61,62,63,64,...68
Powered by FlippingBook