WIRTSCHAFT UND WEITERBILDUNG 5/2017 - page 54

messen und kongresse
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wirtschaft + weiterbildung
05_2017
basierten Tools einfach andere Gruppen
als bisher. Am intelligentesten ist es also
immer, die Angebote miteinander zu
vernetzen. So existieren bereits Online-
Tools, die mit analogen Maßnahmen in-
teragieren und umgekehrt. Die Zukunft
des Gesundheitsmanagements liegt in
solchen smarten Produkten. Wenn sie gut
aufgemacht sind, können sie nach meiner
Einschätzung bis zu 80 Prozent der Mitar-
beiter erreichen.
Welche webbasierten Angebote sind
denn Ihrer Ansicht nach wirklich nützlich
und nachhaltig? Mit welchen Methoden
könnten Unternehmen auch die bewe-
gungsfaulsten Mitarbeiter motivieren?
Nürnberg:
Da wären zum Beispiel Apps,
die klassische Maßnahmen, wie Trai-
nings- oder Beratungseinheiten mit
Coachs, Therapeuten, digital abbilden –
etwa eine Sprechstunde via Skype oder
ein siebenminütiges Kraft- beziehungs-
weise Ausdauertraining mit Instruktionen
eines virtuellen Trainers.
Dann gibt es wiederum Tools, die spie-
lerisch an die Motivation der Nutzer
herangehen – Gamification ist hier das
Stichwort, ein Trend aus den USA. Auch
Wettbewerbselemente wie Schrittzähl-
Challenges steigern die Motivation vieler
User. Gerade wir Männer messen uns ja
gerne und brauchen Zahlen zur Bestä-
tigung. Das wirkt und ist auch ein sehr
guter Weg, um Gruppendynamik zu
schaffen. Denn viele schaffen es nicht al-
leine, sich aufzurappeln – in einem Grup-
pensetting dann schon eher.
Die klassische Gesundheitsförderung sei
tot, sagen Sie. Warum?
Professor Dr. Volker Nürnberg:
Zunächst
einmal bieten höchstens 50 Prozent aller
Unternehmen in Deutschland klassisches
Betriebliches Gesundheitsmanagement
an. Diese Maßnahmen erreichen bisher
aber nur zehn bis zwanzig Prozent der
Belegschaft. Der Haken dabei ist, dass
diese in der Regel schon zu den Gesun-
den zählen. Im Klartext heißt das: Aktuell
macht das klassische BGM die Gesunden
nur noch gesünder. Die Mitarbeiter mit
Risikofaktoren oder die richtig Kranken
konnten klassische Maßnahmen bisher
nicht oder nur selten erreichen. Deshalb
brauchen wir hier eine Innovation!
Wieso erreichen so viele Maßnahmen
nur so wenige Menschen?
Nürnberg:
Weil die entsprechenden Ziel-
gruppen meist nicht mit passenden Maß-
nahmen angesprochen werden. Hier sind
neue moderne Ansprachen gefordert, die
in erster Linie motivieren und im zweiten
Schritt dann eine nachhaltige Verhaltens-
änderung bewirken sollen. In dem einen
Unternehmen können klassische Maß-
nahmen prima funktionieren, in einem
anderen dagegen vielleicht nicht, weil es
einer anderen Branche angehört oder eine
andere Sozialstruktur aufweist. Grund-
sätzlich ist Gesundheit eine gemeinsame
Aufgabe von Unternehmen und Beleg-
schaft; beide zusammenzubringen ist hier
die große Kunst.
Haben klassische BGM-Tools keine
Daseinsberechtigung mehr?
Nürnberg:
Es ist eine Frage der geschick-
ten Kombination: Wir erreichen mit web-
„Das klassische BGM ist tot“
PERSONAL SÜD 2017.
„Das klassische Betriebliche Gesundheitswesen ist tot“,
behauptet Professor Volker Nürnberg, Leiter „Health Management“ bei Mercer
Deutschland. Nur webbasierte BGM-Tools könnten die Mehrheit der Beschäftigten zu einer
gesünderen Lebensweise motivieren. Nürnberg wird am 10. Mai auf der „Corporate Health
Convention 2017“, einer Begleitveranstaltung zur Messe „Personal Süd“, auftreten.
Foto: Pichler
Corporate Health Convention.
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