WIRTSCHAFT UND WEITERBILDUNG 5/2017 - page 60

fachliteratur
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wirtschaft + weiterbildung
05_2017
Als Simon Sineks neues Buch „Gute Chefs essen
zuletzt“ in der Redaktion lag und darauf wartete,
rezensiert zu werden, gab es keinen Kollegen, der
nicht auf die Titelzeile reagiert hätte, wenn er sie
gelesen hatte. Manche lachten, manche waren ver-
wundert, und manche wollten es gleich dem eigenen
Chef empfehlen. Und tatsächlich löst auch der In-
halt des Buchs genau diese Dinge aus: Amüsement,
Neugierde und Begeisterung. Dass Sinek sowohl mit
Leadership als auch mit Sprache umzugehen weiß,
hat er schon früher bewiesen: als Speaker, unter an-
derem mit einem der meistgeklickten Ted-X Talks
aller Zeiten, genauso wie als Autor des Buchs „Frag
immer erst warum“. Nun: Warum sollen gute Chefs
sich beim Essen hinten anstellen, wie der Autor im
neuen Buch fordert? Dieses Verhalten beobachtete
Sinek ausgerechnet bei den US-Marines. Dort essen
die Ranghöchsten immer zuletzt – für Sinek ein Indiz
dafür, dass eine gute Führungskraft in der Lage sein
muss, ihre eigenen Bedürfnisse hintenanzustellen
und das Wohlergehen derer, die sie führt, in den Vor-
dergrund zu stellen. Zudem müsse sie empathisch
sein und inspirieren. Nur so könnten funktionierende
Teams entstehen, die wiederum über das Wohlerge-
hen der gesamten Organisation entscheiden könnten.
Diese Thesen dekliniert Sinek im Laufe seines Buchs
überzeugend und unterhaltsam durch. So bedient
er sich etwa anthropologischer Argumente: Schon
in der Altsteinzeit, schreibt er, hätten Menschen nur
deswegen überlebt, weil sie die „bemerkenswerte
Fähigkeit besaßen, zusammenzuarbeiten“. Folglich
kommt in Sineks Argumentation der Führungskraft
noch heute die „anthropologisch festgelegte Ver-
pflichtung eines Alphatiers, den Stamm zu beschüt-
zen“, zu. Daneben zieht Sinek historische Fakten
(beispielsweise die Auswirkungen der Wirtschafts-
krise der 1920er-Jahre) oder ökonomische Fakten
(wie die Auswirkungen von Wohlstand) hinzu. In
locker-leichtem Stil handelt er auch biochemische
Argumente für Teamarbeit und gutes Leadership ab.
Über das „soziale“ Hormon Oxytocin, das unter an-
derem bei der Teamarbeit mit engen Kollegen eine
Rolle spielt, schreibt er etwa: „Das fühlen wir, wenn
wir Hand in Hand ‚Kumbayah‘ singen.“ Mit diesem
inspirierenden und humorvollen Stil schafft Sinek
es also auch selbst, seinen eigenen Ansprüchen an
einen guten Anführer zu genügen – und sorgt dafür,
dass der Leser nicht nur aus den Inhalten des Buchs,
sondern auch aus dessen Aufbau und Sprache lernt.
Simon Sinek
wurde in England geboren und
lebt inzwischen in New York. Er hat
Kulturanthropologie studiert und
ist heute als Speaker und Autor
unterwegs. Gleich Sineks erster Ted-X Talk, „Wie großar-
tige Führungspersönlichkeiten zur Handlung inspirieren“,
wurde zum Hit und ist der am dritthäufigsten gesehene
Talk aller Zeiten. Als Autor hat er sich mit dem Buch „Frag
immer erst warum“ einen Namen gemacht.
AUTOR
Foto: CHRIS 0WYOUNG
Rezepte für erfolgreiche Führung
TEAMARBEIT
Simon Sinek
Gute Chefs essen zuletzt: Warum manche Teams
funktionieren – und manche nicht, Redline,
München 2017, 240 Seiten, 24,99 Euro
1...,50,51,52,53,54,55,56,57,58,59 61,62,63,64,65,66,67,68
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