wirtschaft und weiterbildung 2/2016 - page 26

personal- und organisationsentwicklung
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wirtschaft + weiterbildung
02_2016
häufig erst ermöglicht. In dieser Phase
passiert der größte Erkenntnisgewinn.
Das Team schaut über den Tellerrand und
sieht sich selbst durch die Augen Drit-
ter. Die Rolle des Teamcoachs besteht in
dieser Phase in einer zurückhaltenden,
aber straffen Moderation, einer konzen-
trierten Aufmerksamkeit für die angebo-
tenen Lösungsansätze und einer inneren
Vorbereitung auf die dritte Phase des
Coachings. Der externe Blick kam beim
Degeto-Zuschauertag von den rund 40
nach demografischen Kriterien ausge-
suchten Zuschauern. Beim Workshop mit
dem Team des ARD-Mittagsmagazins be-
stand die externe Sicht aus einer qualita-
tiven Zuschauerstudie, durchgeführt von
der Medienforschung des Ersten, sowie
dem differenzierten Feedback zweier re-
nommierter Journalisten, die als Referen-
ten eingeladen wurden. Beim Grimme-
Institut erfolgte die Rückmeldung durch
zahlreiche Experten wie Medienkritiker,
Wissenschaftler, Regisseure, Produzenten
und Jurymitglieder.
In der wichtigen
Phase 3
diskutiert das
Team über das Gehörte und verabredet
verbindliche, neue Lösungen. Hier ist der
Coach am meisten gefordert: Er muss
hellwach sein, gut zuhören, Argumente
sortieren, gezielt provozieren, Konflikte
versachlichen, Ergebnisse sichern, zu-
sammenfassen, nachhaken und nicht
lockerlassen – damit am Ende des Tags
spezifische, messbare, angemessene, re-
levante und terminierte (kurz: „smarte“
Ziele) auf dem Flipchart stehen.
Phase 4
ist wichtig, um die Nachhaltig-
keit des Workshops zu sichern: Wieder-
kommen. Über den Zeitpunkt und die
Frequenz entscheidet der Auftraggeber.
Ein Follow-up-Treffen sechs Monate
nach dem Workshop sollte es allemal
geben, damit Teamleiter und Coach die
Ergebnisse des Workshops gemeinsam
daraufhin prüfen, ob sie tatsächlich um-
setzbar waren oder das Team weitere Un-
terstützung benötigt. Ein Teamcoaching,
bei dem der Auftraggeber einen solchen
Follow-up-Termin nicht für notwendig
hält, ist meines Erachtens hinsichtlich der
Nachhaltigkeit zum Scheitern verurteilt.
Häufig beginnt in einem kontinuierlichen
betrieblichen Qualitätsmanagement nach
Phase 4 wieder die Phase 1.
Ergebnisse des Teamcoa-
chings: ARD Degeto
Wie waren die konkreten Ergebnisse der
drei beschriebenen Teamcoachingpro-
zesse? Das erste Fallbeispiel ist die ARD
Degeto, die einen massiven Imageverlust
hinnehmen musste und sich mit einem
bewährten Team an sich verändernde
Publikumsbedürfnisse anpassen möchte:
Redaktionsleiter Sascha Schwingel setzt
konsequent auf das direkte Feedback von
Zuschauern. Im gemeinsam konzipierten
Workshop-Tag „Die Degeto im Dialog
mit ihren Zuschauern“ trafen sich rund
40 Zuschauer, die von einem Medienfor-
schungsinstitut anhand von demografi-
schen Vorgaben und Medienpräferenzen
ausgewählt worden waren. Hinzu kamen
die rund 20 Mitarbeiter der Degeto-
Redaktion. Die vier Phasen haben den
Tag strukturiert: Eingangs präsentierte
Redaktionsleiter Sascha Schwingel die
Degeto unter anderem anhand aktueller
Filmausschnitte. Die Zuschauer berichte-
ten reihum von ihren Seherlebnissen mit
Degeto-Filmen und ihren Assoziationen
zu dieser Firma. Besonders unterhalt-
sam und erkenntnisreich waren übrigens
die Fotos der persönlichen Fernsehsitu-
ationen, die die Zuschauer zu diesem
Workshop mitgebracht hatten. Anschlie-
ßend wurden in zwei Runden Gruppen-
diskussionen mit je wechselnden Grup-
penzusammensetzungen durchgeführt,
in denen die Zuschauer gemeinsam mit
den Redaktionsmitgliedern über spezi-
fische Aspekte (zum Beispiel Kino-Co-
Produktionen, Pressefotos, Schauspieler,
Filmanfänge und Filmtitel) diskutierten.
Der Teamcoach geht in dieser Phase von
Gruppe zu Gruppe. So wird eine maxi-
male Erkenntnistiefe erreicht, die im Ple-
num humorvoll und knapp von einem
Tandem aus Degeto-Mitarbeiter und Zu-
schauer präsentiert wurde.
Die Bilanz: „Die Redakteure fanden das
Treffen mit den Zuschauern sehr inter-
essant und aufschlussreich und den Zu-
schauern hat es auch gefallen. Das Markt-
R
Konzept.
Workshops beim Team-
coaching lassen sich in vier Pha-
sen aufteilen. In diese vier Phasen
werden sowohl interne als auch
externe Perspektiven einbezogen.
1. Würdigen:
die Würdigung des
Erreichten und Identifizierung
der „coachablen“ Themen
2. Wahrnehmen:
die Differen-
zierung zwischen Selbst- und
Fremdwahrnehmung
3. Wege finden:
die gemeinsame
Erarbeitung konkreter Lösungen
und Ziele
4. Wiederkommen:
die Überprü-
fung dieser Verabredungen nach
einer Umsetzungsphase.
Teamcoaching mit
den „vier W“
Fernsehstudio.
Das
Team des „Mittags-
magazins“ zog sich
kurzzeitig zurück,
um Arbeitsabläufe
und Programmin-
halte zu optimieren.
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