Wirtschaft und Weiterbildung 10/2016 - page 45

Studienabschluss voraus. Für den neuen
Leadership-Master genügt dagegen auch
eine mindestens sechsjährige einschlä-
gige Berufserfahrung, darunter mindes-
tens ein Jahr in Leitungsfunktion. Der
Schulabschluss sei nicht relevant, da die
Qualifikation über die Berufserfahrung
erfolge, so FH-Mitarbeiterin Völk. Auch
eine abgeschlossene Berufsausbildung
ist nicht notwendig. Vom Hauptschulab-
schluss zum Master – in Österreich ist
das offenbar möglich. Zwar gibt es auch
in Deutschland Möglichkeiten für quali-
fizierte Teilnehmer mit Berufserfahrung,
ein Masterstudium zu absolvieren, aller-
dings braucht man dafür einen Berufs-
abschluss, muss eine Eignungsprüfung
bestehen und manchmal auch noch ein
Vorstudium absolvieren. „Wir begrüßen
es sehr, dass man die Kompetenzen für
das Studium auch durch Berufserfahrung
erwerben kann“, sagt FH-Mitarbeiterin
Völk. „Warum soll ein fachfremder Ba-
chelor höher bewertet werden als ein-
schlägige Berufserfahrung?“ Natürlich
hätten die Teilnehmer beim Methoden-
wissen und der wissenschaftlichen Kom-
petenz Nachholbedarf und das müsse im
Masterstudium nachgeholt werden. Laut
Lehrplan kann der Nachholbedarf dabei
allerdings nicht sehr groß sein.
Der Anteil der Teilnehmer ohne Abitur
an der FH Wien schwanke je nach Stu-
diengang, so Völk. Während beim MBA
etwa drei Viertel ein Erststudium haben,
sei man beim Master in Handelsmanage-
ment froh, wenn wenigstens ein Drittel
Abitur habe. Die derzeit bei dem Leader-
ship-Master zugelassenen Teilnehmer
verfügten jedoch alle über Abitur und 60
Prozent hätten einen akademischen Ab-
schluss. Und weil in Österreich offenkun-
dig vieles möglich ist, gibt es für das be-
rufsbegleitende Studium stolze 120 ECTS-
Punkte. Die Leistungspunkte (European
Credit Transfer System) entsprechen dem
Arbeitsaufwand für das Studium. Dabei
geht man beim Vollzeitstudium von 30
ECTS pro Semester aus. Weiterbildungs-
master haben daher meist nur 60 bis 90
ECTS. Beim zweijährigen berufsbeglei-
tenden Leadership-Master erwirbt man
jedoch genauso viele ECTS wie bei einem
zweijährigen Vollzeitstudium – was
durchaus ein veritables Kunststück ist.
Der Fall zeigt, dass ein Masterabschluss
aus Österreich aus akademischer Sicht
mit Vorsicht zu genießen ist. Für Semi-
naranbieter ist das Franchise-Angebot na-
türlich ein interessantes Modell. „Das ist
ein ganz neuer Geschäftsbereich für uns“,
betont Hernstein-Mitarbeiterin und Studi-
engangsleiterin Schauer. Bisher habe man
zu 95 Prozent Firmenkunden, mit dem
Master erschließe man jetzt auch den
Bereich der Privatkunden. Denn dass Un-
ternehmen ihren Mitarbeitern das Mas-
terstudium finanzieren, sei sehr selten.
Schauer: „Die haben meist kein Interesse
daran, dass ihre Mitarbeiter einen akade-
mischen Abschluss bekommen.“
Bärbel Schwertfeger
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