wirtschaft und weiterbildung 4/2016 - page 56

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wirtschaft + weiterbildung
04_2016
und beim anderen nicht? Was macht ein
Jogi Löw anders als van Gaal damals als
Trainer von Bayern München, sodass Mi-
roslav Klose unter Löw immer top und
unter van Gaal absolut unterstes Niveau
gespielt hat? Oder nehmen wir Jürgen
Kramny, den neuen Trainer des VfB Stutt-
gart als Beispiel. Alexander Zorniger, der
von extern kam, ist ja nach nur zehn
Punkten in 13 Bundesligaspielen raus-
geflogen. Dann hat der Co-Trainer über-
nommen, der schon seit 15 Jahren im
Club ist und die Spieler teilweise schon
als Jugendliche kennt. Der hat ein paar
taktische Dinge umgestellt, aber er weiß
vor allem, wie er mit ihnen umzugehen
hat. Schwuppdiwupp hat der VfB plötz-
lich ständig gewonnen. Das kann man im
Fußball sehr gut beobachten, was so ein
Trainerwechsel bewirkt und wie das die
Leistungsfähigkeit der Menschen beflü-
gelt.
Was machen diese Erfolgstrainer
konkret anders?
Hornig:
In einer Fußballmannschaft wer-
den die Spieler nur dann für ihre Chefs
durchs Feuer gehen, wenn sie sich zu
hundert Prozent mit ihnen identifizieren.
Dafür muss der Chef bestimmte Voraus-
setzungen mitbringen. Wenn ich möchte,
dass meine Mitarbeiter High Performance
erbringen und dass sie hochengagiert
sind, dann bin ich als Chef in der Bring-
schuld. Das verdeutlicht zum Beispiel das
Modell der transformationalen Führung.
Da sagt der Chef nicht, was der Mitarbei-
ter zu tun hat, sondern er versucht, des-
sen Einstellung zur Arbeit zu verändern.
Um ein hohes Engagement, mehr Ehrgeiz
und Lust auf Leistung zu fördern, kommt
es auf die vier „I“ an:
• Das erste „I“ steht für Identifikation.
Klar ist, dass die Mitarbeiter nur dann
für mich durchs Feuer gehen, wenn sie
sich mit mir identifizieren. Dafür muss
die Führungskraft Vorbild und Vertrau-
ensperson sein.
• Das zweite „I“ steht für Inspiration:
Die Führungskraft sollte ihren Mitar-
beitern mitteilen, was sie ihnen noch
Was hat Leistungssport mit Wirtschaft
zu tun?
Markus Hornig:
Überall da, wo Menschen
zusammen arbeiten und etwas leisten,
geht es letztendlich immer um die Erfül-
lung von psychologischen Grundbedürf-
nissen. Wer hat denn zum Beispiel die
höchste Burn-out-Rate? Das sind Mitar-
beiter in der Pflegebranche. Warum? Pfle-
ger habe per se eine hohe Arbeitsbelas-
tung und bekommen in der Regel wenig
Anerkennung. Sie müssen funktionieren.
Wir nennen das Gratifikationskrise. Kom-
men dann geringer Entscheidungsspiel-
raum, mangelnde Anerkennung und
Wertschätzung und unter Umständen
noch private Probleme, wie ein famili-
ärer Pflegefall, hinzu, braucht man sich
nicht wundern, wenn solche Menschen
auf Dauer ausbrennen. Wenn psycholo-
gische Grundbedürfnisse, wie Wertschät-
zung, Gerechtigkeit, faire Entlohnung,
persönlicher Gestaltungsspielraum oder
Entwicklungsmöglichkeiten nicht gege-
ben sind, dann wird auf Dauer niemals
Spitzenleistung herauskommen. Das soll-
ten Führungskräfte berücksichtigen. Aus
den Mannschaftssportarten kann man gut
ableiten, wie man das Team so weiterent-
wickelt, dass das Leistungspotenzial auf
Dauer steigt.
Bleiben wir doch zunächst beim Thema
Teamführung. Sie ziehen da ja im Grunde
eine Analogie zwischen Trainer und
Führungskraft. Könnten Sie das einmal
an einem Beispiel verdeutlichen, was
einen guten Trainer ausmacht?
Hornig:
Warum erbringt ein Spieler bei
dem einen Trainer seine volle Leistung
Profis machen bei der Arbeit
„gehirngerechte“ Pausen
PERSONAL 2016 NORD – KEYNOTE-SPEAKER.
Markus Hornig ist Mentaltrainer der
Frauen-Fußballnationalmannschaft. Außerdem gründete er „Reenergize Consult“, um aus-
gewählte Erfolgsstrategien des Spitzensports auf die Wirtschaft zu übertragen. Hornig hält
auf der „Personal 2016 Nord“ in Hamburg den Vortrag: „High Performance Leadership –
Was Führungskräfte in der Wirtschaft vom Spitzensport lernen können“.
Foto: Christof Koepsel, Getty Images
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