wirtschaft + weiterbildung
04_2016
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Max von der Ahé.
Gründer und Inhaber
des „Betahaus“ in Berlin, einer Art
moderne „Geburtsstation“ für mutige
Existenzgründungen.
Coworking im Betahaus.
Gründer nutzen offene Arbeitsräume, um
sich vor unproduktiver Isolation im „stillen Kämmerlein“ zu bewahren.
das leisten würde, wäre es bald pleite.
Deshalb muss es bei Bedarf den Fokus
schnell verändern. In großen Unterneh-
men gehen zwar über solche Irrwege
auch sehr viele Ressourcen verloren, aber
es fällt nicht so schnell auf und man kann
es sich meist finanziell leisten. Diese agile
Mentalität, nach dem Motto „Wir bauen
einen Prototypen, wir testen ihn, und
wenn wir nicht sofort positives Feedback
haben, machen wir was anderes“, fehlt
vielen etablierten Unternehmen.
Inwiefern gilt diese Agilität der Start-ups
auch für das Personalmanagement?
von der Ahé:
Beim Thema Personalma-
nagement sehe ich bisher die Stärken vor
allem auf Seiten der Corporates – insbe-
sondere in der Personalentwicklung. In
einer schnellen Start-up-Kultur, die stän-
dig wächst oder sich verändert, bleibt
wenig Zeit für Personalentwicklung.
Damit meine ich systematische Überle-
gungen, was die Ziele für jeden Einzelnen
sind, wie er diese erreicht und wie er sich
im Unternehmen entwickeln kann. Das
ist auch für Start-ups nicht unerheblich,
um erfolgreich zu sein. Gründer sollten
das nicht vernachlässigen. Da können sie
von Corporates etwas lernen.
Denken wir doch noch einmal in die
andere Richtung. Wie ließe sich die
Entrepreneur-Denke der Start-ups denn
in die Personalentwicklung der Unterneh-
men integrieren?
von der Ahé:
Den Grundstein versuchen
wir ja mit unseren Top-Talent-Program-
men zu legen. In der klassischen Per-
sonalentwicklung ist das jedoch sehr
schwierig. Ein Ansatz wäre aber zum
Beispiel eine interne Rotation. Ein agiles
Team formen, bei dem die Positionen
etwas rotieren können, das wäre eine
Idee. Das schafft auch wieder neue An-
reize.
Das Betahaus in Berlin gibt es nun auch
bereits seit sieben Jahren – fast schon
ein etabliertes Unternehmen, trotz aller
Turbulenzen. Wie veränderungsfähig sind
Sie selbst noch und was tun Sie dafür,
veränderungsfähig zu bleiben?
von der Ahé:
Wir sind ein kleines Unter-
nehmen, in Berlin haben wir etwa 20 Mit-
arbeiter. Das macht es natürlich leichter,
veränderungsfähig zu bleiben. Wir för-
dern dafür vor allem die Selbstverantwor-
tung unserer Leute. Jeder Mitarbeiter hat
das Ownership für die eigenen Projekte,
er weiß, was in seiner Verantwortung
liegt. Dabei ist es für uns selbstverständ-
lich, auf Augenhöhe zu arbeiten. Außer-
dem versuchen wir mit unseren Tools
immer up to date zu sein, also arbeiten
wir im Projektmanagement zum Beispiel
mit Slack oder Trello. Wir gehen mit un-
serem Team ein- bis zweimal im Jahr raus
und machen strategische Arbeit. Natür-
lich setzen wir uns Ziele und prüfen re-
gelmäßig, ob wir sie erreicht haben oder
nicht. Das Coworking Business ist sehr
dynamisch. Sehr viele Immobilienbesit-
zer oder Eigentümer stellen inzwischen
fest, dass Coworking wunderbar als Be-
treiberkonzept taugt. Deshalb gehen wir
einen eigenen Weg, indem wir uns auf
die Community der Coworker konzen-
trieren und versuchen, die Community-
Mitglieder zu besseren Unternehmern zu
machen.
Interview: Stefanie Hornung
Veranstaltungstipp.
Maximilian von der
Ahé hält auf der „Personal 2016 Nord“
den Keynote-Vortrag: „Top Talent Ent-
wicklung – Wie Corporates von Start-ups
und ihren Arbeitsweisen profitieren“. Die
Keynote startet am Dienstag, 26. April
2016, um 15:30 Uhr in der Messe Ham-
burg auf dem Eventforum.
Fotos: Betahaus