wirtschaft und weiterbildung 4/2016 - page 57

wirtschaft + weiterbildung
04_2016
57
Trainingslager.
Markus Hornig
begleitet die Profi-
fußballerinnen (v.l.)
Josephine Henning,
Dzsenifer Marozsán
und Nadine Kessler
im Juni 2013 in
Essen zu einem
Trainingsspiel.
alles zutraut und dass sie sie auf dem
Weg dahin unterstützen möchte. So in-
spiriert sie ihre Mitarbeiter, sich selber
höhere Ziele zu setzen.
• Das dritte „I“ steht für intellektuelle
Stimulierung. Es geht darum, die Mit-
arbeiter zu animieren, unternehme-
risch zu denken – also zum Beispiel zu
überlegen, wie sich die Erfahrungen im
Team noch verbessern lassen oder wie
sie ihre Talente besser nutzen können.
• Das vierte „I“ steht für individuelle
Behandlung. Die Führungskraft muss
verstehen, dass die Menschen unter-
schiedlich sind.
Was heißt Selbstmanagement eigentlich
für Büroarbeiter?
Hornig:
Ein Kopfarbeiter kann nicht von
morgens acht Uhr bis nachmittags 17 Uhr
ohne Pause hochkonzentriert durcharbei-
ten. Wenn Sie Ihr Gehirn optimal nutzen
und auch nicht in Stress geraten möch-
ten, dann müssen Sie sich zum Beispiel
genau überlegen, was Sie wann machen.
Doch das ist in der Unternehmenswelt
häufig total unterbelichtet. Die Unterneh-
men kommen erst langsam drauf, weil es
immer mehr stressbedingte und psychi-
sche Erkrankungen gibt. Wenn einer mal
einen schlimmen Burn-out hat, dann pas-
siert ihm in der Therapie nichts anderes,
als das, was ein guter Trainer im Sport
von vornherein macht – nämlich nicht
gegen die Gesetzmäßigkeiten, die von der
Natur vorgegeben sind, zu verstoßen.
Dass man dann auch wieder lernt, Prio-
ritäten zu setzen, dass man versteht, was
die eigenen Kraftquellen sind – Hobbies,
Freunde, gute Beziehungen. Sie sehen,
dass das etwas Ganzheitliches ist – phy-
sische und mentale Gesundheit gehören
zusammen. Leistung, Leistung, Leistung
– das ist doch total eindimensional. Wer
sich total verausgabt, wird trotz eines gro-
ßen Einsatzes und großen Ehrgeizes am
Ende des Tages weniger schaffen, als der,
der vorher nachdenkt und gemäß seiner
Natur arbeitet.
Das leuchtet sicher vielen Leuten ein.
Aber im persönlichen Arbeitsumfeld ist
es manchmal einfach schwierig, Pausen
einzuplanen, wenn gerade viel zu tun ist.
Hornig:
Dann sollte man an der Zielset-
zung arbeiten und sich fragen, was man
wann macht. Jeder hat bestimmte Zeit-
fenster, in denen er seine beste Leistungs-
fähigkeit erreicht, zum Beispiel am Mor-
gen. Eine Rolle spielt auch die ideale Um-
gebung, zum Beispiel wenig Ablenkung
und Ruhe für Arbeiten, die erhöhte Kon-
zentration benötigen. Ein Leistungskiller
erster Güte ist permanente Ablenkung.
Eine aktuelle Studie aus den USA hat
herausgefunden, dass der moderne Kopf-
arbeiter im Schnitt alle elf (!) Minuten
unterbrochen wird. Und beim Fortführen
der Arbeit nach der Unterbrechung benö-
tigt das Gehirn wiederum einige Minuten,
um auf den vorausgegangenen Leistungs-
stand zu kommen. So arbeitet man wie
Sisyphos und wundert sich am Ende des
Tages, dass man wenig geschafft hat und
trotzdem ausgepowert ist. Wenn Unter-
nehmen Spitzenleistung von ihren Mitar-
beitern erwarten, dann sollten sie diesen
auch die entsprechenden Rahmenbedin-
gungen einräumen.
Was empfehlen Sie genau?
Hornig:
Im Prinzip sind es eineinhalb bis
zwei Stunden – es hängt davon ab, wie
stark man sich konzentrieren muss und
ob ich die Konzentration für etwas ver-
wende, was ich gerne mache oder was
mir nicht liegt. Nach 90 Minuten ist das
Gehirn ausgepowert und dann braucht
es eine Regenerationspause von zehn bis
15 Minuten, um sich zu erholen. Nach
einer kurzen Pause ist das Gehirn zu fast
100 Prozent wieder hergestellt und in der
Lage, die nächsten 90 Minuten mit einer
hohen Effektivität und Konzentration zu
arbeiten. Das Gehirn ist ein Sprinter, kein
Ausdauerläufer. Die Kunst besteht darin,
eine vernünftige, gehirngerechte Pausen-
politik in den Arbeitstag zu integrieren.
Interview: Stefanie Hornung
Veranstaltungstipp.
Markus Hornig und
Prof. Dr. Carsten Steinert, Personalma-
nagement an der Hochschule Osnabrück,
halten zusammen auf der „Personal 2016
Nord“ am Mittwoch, 27. April, um 12.30
Uhr den Vortrag: „High Performance
Leadership – Was Führungskräfte in
der Wirtschaft vom Spitzensport lernen
können“. Veranstaltungsort ist die Messe
Hamburg (Halle A4).
1...,47,48,49,50,51,52,53,54,55,56 58,59,60,61,62,63,64,65,66,67,...68
Powered by FlippingBook