wirtschaft und weiterbildung 9/2015 - page 30

personal- und organisationsentwicklung
30
wirtschaft + weiterbildung
09_2015
R
verändern müssen“, erklärt Professor Mi-
siek Piskorski, Professor für Strategie und
Innovation am IMD. „Und dabei spielt ge-
rade HR eine Schlüsselrolle.“
Europäische Schulen bieten
noch wenig zu Disruptionen
An den Business Schools findet das
Thema erst langsam Eingang, sei es mit
einzelnen Kursen im MBA-Programm
oder Executive-Education-Angeboten
(siehe Kasten auf Seite 32). Vorreiter ist
die Harvard Business School. Während
sich auch andere US-Schulen wie Stan-
ford oder das MIT schon länger und in-
tensiver mit dem Thema beschäftigen,
findet man bei europäischen Schulen
noch nicht allzu viel. Meist ist das Thema
in bestehende Programme integriert.
„Wir sehen ein wachsendes Interesse in
dem Bereich und alle unsere Programme
haben inzwischen einige Inhalte zur digi-
talen Disruption“, erklärt Philippe Oster,
Sprecher bei der HEC Paris. Auch im Exe-
cutive MBA wird das Thema behandelt.
Doch ein eigenes Programm für digitale
Transformation gibt es bisher nicht. Das
gilt auch für Insead, eine der führen-
den Business Schools mit Standorten in
Frankreich, Singapur und Abu Dhabi.
So ist „Customer Centricity in a Digital
World“ ein Programmbaustein in firmen­
internen Programmen und wird zudem in
offenen Managementkursen wie „Strate-
gic Marketing“ und „Strategic Manage-
ment in Banking“ behandelt.
Dagegen bietet die Iese Business School
in Barcelona bereits ein dreitägiges Pro-
gramm „Digital Mindset: How to innovate
your business for the future” in Singapur
an. Auch die IE Business School in Ma-
drid hat einige Programme in dem The-
menfeld, darunter ein fünftägiges „Digital
Transformation Lab“, bei dem sich die
Teilnehmer mit spezifischen Problemen
aus ihrem Unternehmen beschäftigen
und eine individuelle Roadmap erarbei-
ten. Die Judge Business School an der
University of Cambridge startet 2016 mit
einem neuen zweitägigen Programm
„Business Model Innovation: Changing
the Game“. Und auch die Imperial College
Business School in London bietet 2016
erstmals ein zweieinhalbtägiges Seminar
„Doing Disruption“ an. An den führen-
den deutschen Schulen finden sich bisher
keine entsprechenden Angebote.
Zehn Millionen Dollar für
IMD-Transformationszentrum
„Das Thema hat erst vor Kurzem Fahrt
aufgenommen“, sagt Piskorski, der bis
vor einem Jahr Ko-Direktor des Weiter-
bildungsprogramms „Driving Digital and
Social Strategy” an der Harvard Business
School war. Vor allem im Forschungsbe-
reich gebe es dazu erst wenig. Das will
das IMD nun ändern. Im Juni eröffnete
die Schule, die im Executive-Education-
Ranking der „Financial Times“ zum vier-
ten Mal hintereinander als weltweit beste
Schule im Bereich offene Programme
gekürt wurde, ein neues Global Cen-
ter for Digital Business Transformation
(DBT-Center). Das neue Zentrum wird
gemeinsam mit dem US-IT-Konzern Cisco
betrieben, der dafür in den nächsten fünf
Jahren zehn Millionen Dollar zahlt.
Uber hat die Taxibranche eiskalt erwischt.
Das Start-up vermittelt Fahrgästen private
Fahrer mit eigenem Auto oder Mietwagen
via Smartphone-App. Der Preis wird au-
tomatisch festgelegt, bezahlt wird über
Kreditkarte. Auch wenn manche Dienste
des US-Unternehmens derzeit in etlichen
Ländern verboten sind: Das Geschäftsmo-
dell wird weiter Furore machen und die
Taxibranche in Bedrängnis bringen.
Uber ist nur ein Beispiel für digitale Dis-
ruptionen, wie sie heute viele Branchen
erschüttern. Ähnliches widerfährt gerade
der Hotelbranche, die mit dem enormen
Erfolg des Privatunterkunft-Vermittlers
Airbnb zu kämpfen hat. Aber auch die
Finanzbranche, der Einzelhandel, Medien
und Unterhaltung und nicht zuletzt auch
Bildungsanbieter müssen sich mit neuer
Konkurrenz auseinandersetzen. Experten
glauben, dass die digitale Transforma-
tion etablierte Unternehmen und Märkte
schneller umkrempeln könnte als jede an-
dere bisherige industrielle Entwicklung.
„In den vergangenen beiden Jahren
haben uns die Unternehmen immer wie-
der gefragt, was steckt hinter der disrup-
tiven Digitalisierung und wie können wir
uns verändern“, erklärt Professor Michael
Wade, Professor für Innovation und stra-
tegisches Informationsmanagement am
IMD in Lausanne, einer der führenden eu-
ropäischen Business Schools. „Die größte
Herausforderung ist es, den organisatori-
schen Wandel hinzukriegen.“ Denn was
zuerst vor allem ein IT-Thema war, dann
Marketing und Verkauf veränderte, be-
trifft heute längst das gesamte Unterneh-
men. „Es geht darum, wie sich sämtliche
Funktionen und die gesamte Organisation
Digitale Transformation:
Uber lauert überall
EXECUTIVE EDUCATION.
Jedes vierte Unternehmen ist innerhalb der nächsten fünf
Jahre von digitalen Disruptionen bedroht, so die Prognose aus einer Studie.
Das sollte Grund genug sein, sich frühzeitig mit dem Thema zu beschäftigten, bei dem
HR eine Schlüsselrolle spielt. Doch an den Business Schools gibt es erst allmählich
entsprechende Angebote. Nun prescht das IMD aus Lausanne vor.
Foto: Bärbel Schwertfeger
1...,20,21,22,23,24,25,26,27,28,29 31,32,33,34,35,36,37,38,39,40,...68
Powered by FlippingBook