06_2015
wirtschaft + weiterbildung
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Foto: Achim Zimmermann
Dr. Achim Zimmermann
Viele Trainer geben sich bei der Erstellung ihrer
Unterlagen erhebliche Mühe. Ihnen ist es wichtig,
dass sie kontinuierlich aktualisiert und auf dem
aktuellen Stand sind. Umso ansprechender die
Materialien sind, desto mehr Begehrlichkeiten
wecken sie bei den Teilnehmern und Auftragge-
bern. Deshalb stellt sich die Frage, inwiefern Semi-
narunterlagen urheberrechtlich geschützt werden
können (mehr dazu lesen Sie auch im Kolumnenteil
„Alles nur geklaut?“ aus Heft 02/2015).
Hierzu hat das Oberlandesgericht Frankfurt kürzlich
in einer Entscheidung (Urteil vom 4. November
2014 – 11 U 106/13) Stellung genommen: Im vor-
liegenden Fall nutzte die Beklagte für ihre eigenen
Schulungen die Unterlagen einer Konkurrentin, der
späteren Klägerin. Diese sah darin eine Verletzung
ihres Urheberrechts. Im Prozess stellte sich die
Frage, ob die Hand-outs dem urheberrechtlichen
Schutz unterfallen. Das Problem dabei ist, dass
Materialien meist aus verschiedenen Werkarten
zusammengesetzt sind – so finden sich darin
Texte, Zeichnungen und Fotografien. Deshalb geht
das Gericht davon aus, dass darin keine einheit-
liche Werkschöpfung zu sehen ist.
Dennoch sehen die Richter einen urheberrecht-
lichen Schutz. Denn neben der Möglichkeit, ein ein-
zelnes Werk zu schützen, kennt das Urheberrecht
auch sogenannte Sammelwerke. Sie fallen dann
in den Schutzbereich des Urheberrechts, wenn die
Anordnung oder Auswahl der darin befindlichen
einzelnen Elemente insgesamt eine eigene gei-
stige Schöpfung darstellt, urteilten die Frankfurter
Richter. Geschützt wird also nicht das einzelne
Werk – beispielsweise eine Textseite –, sondern
die Kombination mehrerer Werke (zum Beispiel
Texte und Bilder).
Erforderlich ist dabei aber, dass mehr vorhanden
sein muss als nur eine reine Aneinanderreihung
von Text. Die Zusammenstellung an sich muss
also so eigenständig sein, dass sie eine
eigene schöpferische Leistung darstellt.
Das ist gerade dann der Fall, wenn bei-
spielsweise Fotografien oder Zeichnungen
so in den Text eingefügt sind, dass sie
deren Inhalt erläutern und veranschaulichen. Da
der Text mit den Abbildungen korrespondiert, wird
darüber hinaus ein didaktischer Zweck verfolgt.
Für die Praxis bedeutet das, dass zwar nicht auto-
matisch jede einzelne Seite von Seminarunterla-
gen urheberrechtlich geschützt ist. Allerdings fallen
Unterlagen dann unter den urheberrechtlichen
Schutz, wenn gerade Texte und Abbildungen derart
kombiniert sind, dass allein diese Zusammenstel-
lung schon eine Leistung darstellt.
Dieser Schutz erfordert nicht viel: Das deutsche
Urheberrecht geht von der sogenannten Schöpfung
aus. Das bedeutet, dass allein durch die Erstellung
eines Textes das Werk geschützt ist. Damit muss
niemand sein Manuskript registrieren oder – wie
im Patentrecht – einen Antrag stellen. Erforderlich
ist die sogenannte Schöpfungshöhe. Sie fordert,
dass das Werk einen gewissen Anspruch haben
muss. Nicht jeder Einkaufszettel kann also den
Schutz erlangen. Ist er allerdings mit Zeichnungen
verziert oder kreativ aufgepeppt, besteht durchaus
die Wahrscheinlichkeit, dass ein Richter von einem
Schutz ausgeht.
Rechts-Kolumne
Sind auch Sammel-
werke urheberrecht-
lich geschützt?
Dr. Achim Zimmermann ist mit rechtlichen Fragen rund um Training und Coaching in Theorie und Praxis vertraut: Er arbeitet als Rechtsanwalt und Mediator.
Zudem führt er juristische Schulungen für Trainer und Coachs durch.
Nicht jeder Einkaufszettel kann
Urheberschutz erlangen.
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sgewählte Fragen beantwortet unser Kolumnist Achim Zimmer-
mann monatlich an dieser Stelle.