Personalmagazin 11/2018 - page 79

urteilt jedes Mitglied des Analyseteams
zunächst für sich alleine – aus seiner
fachlichen Sicht – die bei der Tätigkeit
auftretenden Belastungen. Um die Ob-
jektivität zu gewährleisten, trifft das Ana-
lyseteam die endgültige Beurteilung im
Konsens. Ganz wichtig dabei: Nicht die
einzelne Person, sondern die Anforderun-
gen der Tätigkeit werden beurteilt
Im Rahmen der Gefährdungsbeurtei-
lung Psychische Belastung (GPB) wer-
den vor allem die Faktoren betrachtet,
die in der Forschung immer wieder als
potenzielle Stressoren identifiziert wor-
Maßnahmen für KMU (Projekt MEgA)
Das in Großunternehmen bereits erfolgreich eingesetzte Verfahren GPB wurde im
aktuellen Projekt „Maßnahmen und Empfehlungen für die gesunde Arbeit von mor­
gen“ (Mega) für einen zeit- und aufwandsökonomischen Einsatz in KMU angepasst.
Das ist von hoher Relevanz, weil gerade KMU oftmals nur begrenzte finanzielle und
personelle Ressourcen für eine Gefährdungsbeurteilung haben.
Als wissenschaftliche Begleitvorhaben eines vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung (BMBF) initiierten Förderschwerpunktes koordiniert das Projekt
Mega bundesweit 30 Verbundprojekte rund um betriebliche Gesundheitsförderung
und Kompetenzentwicklung in der Arbeit 4.0. Die in den Projekten entwickelten und
erprobten Lösungen, wie beispielsweise Tools, Leitfäden oder Assistenzsysteme,
unterstützen vor allem das Human Resource und Gesundheitsmanagement in KMU,
sich auf den Wandel der Arbeitswelt vorzubereiten.
Die Plattform
formiert über die neuesten Ergebnisse
aus den Projekten. Zentrales Anliegen des Förderschwerpunktes ist es, Beschäftigte
auf die Herausforderungen der digitalen Transformation vorzubereiten. Die Berück­
sichtigung möglicher psychischer Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz ist hier eine
wichtige Stellschraube.
lastungsfaktoren am Arbeitsplatz objektiv
zu beurteilen. Das Verfahren lässt sich
für unterschiedliche Branchen, Unter-
nehmensgrößen und Tätigkeiten, etwa
Produktion, Verwaltung oder auch Lei-
tungsebene, einsetzen.
Die Praxis: Analyse,
Workshop, Gegenmaßnahmen
Wie läuft das Verfahren ab? Zunächst wird
ein unternehmensinternes, interdiszipli-
näres Analyseteam durch einen Arbeits-
psychologen geschult. Dieses Team setzt
sich aus Vertretern der Arbeitssicherheit
und -medizin, des Betriebsrats und be-
trieblichen Experten zusammen.
Das Kernstück des Verfahrens GPB bil-
den Arbeitsplatzbegehungen: Direkt vor
Ort beobachtet das Analyseteam einen
beziehungsweise mehrere Beschäftigte
beim Ausführen ihrer Tätigkeit. Zusätz-
lich werden die Stelleninhaber nach
ihren Arbeitsprozessen, Abläufen und
Bedingungen befragt. Gibt es Kontakt zu
schwierigen Kunden? Treten Störungen
im Betriebsablauf auf? Inwieweit kann
der zeitliche Ablauf der Arbeit selbst be-
stimmt werden? Das sind Beispiele für
Fragen, die das Analyseteam an die Stel-
leninhaber adressiert. Im Anschluss be-
jektiv und unabhängig vom jeweiligen
individuellen Beanspruchungserleben,
dann ist ein Beobachtungsinterview zu
empfehlen. Eine solche Methode stellt
die „Gefährdungsbeurteilung Psychische
Belastung (GPB)“ dar. Das Verfahren GPB
wurde von Arbeitpsychologen der Uni-
versität Heidelberg in enger Kooperation
mit der betrieblichen Praxis entwickelt
und inzwischen bei mehreren Großun-
ternehmen eingesetzt. Im Projekt „Mega
– Maßnahmen und Empfehlungen für
die gesunde Arbeit von morgen“ (siehe
Kasten) wird es für die Anwendung auch
in KMU angepasst.
Das Verfahren GPB beruht auf Beob-
achtungsinterviews. Ein Beobachtungs-
interview ermöglicht, die kritischen Be-
Jedes Mitglied
des Analyseteams
bewertet nach
der Begehung
der Arbeitsplätze
zunächst aus
seiner fachlichen
Sicht die
auftretenden
Belastungen. Erst
danach trifft das
Analyseteam
die endgültige
Beurteilung im
Konsens.
Onlinetipp:
Das Arbeitsprogramm Psyche der
Gemeinsamen Deutschen Arbeits­
schutzstrategie finden Sie hier:
Weitere Information zum Projekt
Mega erhalten Sie unter
oder direkt bei
karlheinz.sonntag@psychologie.
uni-heidelberg.de
Psychische Gefährdungsbeurteilung
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