Personalmagazin 11/2018 - page 86

HR-Management
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dente (stillschweigende) Einwilligungen durch die „freiwillige“
Preisgabe von Informationen.
Ausnahmsweise kann eine Einwilligung möglich sein, wenn
der Arbeitgeber die Daten (zunächst erfolgloser) Bewerber in
einen sogenannten Bewerberpool für künftige Bewerbungsver-
fahren aufnehmen möchte. Rechtssicher ist eine solche Erklä-
rung jedoch erst dann, wenn das laufende Bewerbungsverfahren
bereits abgeschlossen ist und der Bewerber eine Absage erhalten
hat. Darüber hinaus muss die Einwilligungserklärung zur Spei-
cherung von Bewerberdaten für künftige Fälle – ebenso wie alle
anderen Einwilligungen – eine klare Zweckbestimmung sowie
einen Hinweis auf das jederzeitige Widerrufsrecht enthalten.
Auf den Wortlaut sollte insbesondere dann zu achten sein, wenn
Arbeitgeber beabsichtigen, die Bewerberdaten im Konzern (in-
nerhalb der EU) oder gar ins Nicht-EU-Ausland zu transferieren.
In diesen Fällen bedarf die Einwilligungserklärung besonders
klarer und eindeutiger Formulierungen.
Wie ist mit freiwillig offenbarten Informationen
von Bewerbern umzugehen?
Wie erwähnt liegt bereits aus formellen Gründen keine Einwilli-
gung vor, wenn Bewerber mehr Informationen mitteilen, als vom
Arbeitgeber angefragt wurden oder als gesetzlich zulässig ist.
Nicht nur formell, sondern auch inhaltlich ist es jedoch nicht er-
laubt, die zum Beispiel im Lebenslauf oder Anschreiben bekannt
gegebenen sensitiven Daten – von Alter über Nationalität bis
hin zu persönlichen Vorlieben und Aktivitäten – zu verwenden.
Nur weil sie der Bewerber „freiwillig“ offenbart, liegt noch keine
Einwilligung vor. Eine rechtssichere Lösung ist in solchen Fällen
daher, dass der Kandidat – unter Zurückgabe der eingereichten
Unterlagen – eine „saubere“ Bewerbung übersendet. Schließlich
darf der Arbeitgeber im Grundsatz sensitive Daten im Bewer-
bungsverfahren nicht verwenden. Eine andere Alternative ist
die sofortige Schwärzung entsprechender Informationen in den
eigenreichten Unterlagen, insbesondere vor einer Archivierung
und internen Weitergabe.
Dagegen ist – zusätzlich zu den genannten Punkten – eine
ausdrückliche Einwilligung des Bewerbers zur weiteren Verarbei-
tung auch der sensitiven Daten riskant, da viele Daten im Zu-
sammenhang mit einer Bewerbung nicht berücksichtigt werden
dürfen. So kennt zum Beispiel das Allgemeine Gleichbehand-
lungsgesetz (AGG) hinsichtlich der Diskriminierungsmerkmale
keine Möglichkeit der Einwilligung. Ähnliche Bedenken gelten
hinsichtlich einer gelegentlich anzutreffenden Einwilligung zur
Durchführung von Backgroundchecks insbesondere in sozialen
Netzwerken oder generell im Internet. Auch hier empfiehlt sich
extreme Sorgfalt, sofern nicht – was ratsam erscheint – gänzlich
von derartigen Einwilligungserklärungen abgesehen wird.
Die Freiwilligkeit als zentrales Kriterium im
laufenden Arbeitsverhältnis
Anders als im Bewerbungsverfahren ist eine Einwilligungserklä-
rung im laufenden Arbeitsverhältnis eher möglich. Zwar ist der
Arbeitnehmer in dieser Situation regelmäßig an einem reibungs-
losen Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses interessiert und
möchte dieses nicht gefährden. Legt ihm der Arbeitgeber daher
eine Einwilligungserklärung vor, werden viele Arbeitnehmer
etwaige Bedenken hintanstellen und diese unterzeichnen, um
Probleme und Unstimmigkeiten zu meiden. Dementsprechend
sieht der Gesetzgeber auch im laufenden Arbeitsverhältnis Ein-
willigungen durchaus kritisch.
Allerdings erkennt er an, dass das Abhängigkeitsverhältnis im
Beschäftigungskontext nicht in jedem Fall von großer Bedeutung
ist. Dies gilt insbesondere für Situationen, in denen der Beschäf-
tigte einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteil durch eine
Einwilligungserklärung erlangt, zum Beispiel im Zusammenhang
mit der Einführung eines betrieblichen Gesundheitsmanage-
ments oder mit der erlaubten Privatnutzung von betrieblichen
IT-Systemen. Aber auch bei gleich gelagerten Interessen von
Arbeitgeber und Arbeitnehmer dürfte eine freiwillige Einwil-
ligung möglich sein, beispielsweise für eine Geburtstagsliste
oder die Nutzung eines Fotos im Intranet. Eine Einwilligung
ROLAND FALDER ist Fachanwalt für
Arbeitsrecht und Gründungspartner der
Kanzlei Emplawyers in München.
Erfüllt eine
Einwilligungserklärung
nicht die formellen
Vorgaben, ist ein
Rückgriff auf andere
Erlaubnistatbestände
gesperrt – auch wenn
und obwohl ein solcher
Erlaubnistatbestand als
Rechtsgrundlage hätte
dienen können.
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