Personalmagazin 11/2018 - page 96

Vermindert sich das Gehalt von Mitarbeitern auf Dauer auf
ein Niveau unterhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze, so muss
mit sofortiger Wirkung eine Rückstufung auf den Status „Ver-
sicherungspflicht“ erfolgen. Verändern sich die Rahmenbe-
dingungen dergestalt, dass sich das Gehalt erhöht, so tritt der
umgekehrte Fall ein: Frühestens zum nächstfolgenden Jahres-
wechsel ist auf den Status „Versicherungsfreiheit” umzustufen.
Fehler in dieser dem Arbeitgeber obliegenden Beurteilung sind
hier bekanntlich nicht auszuschließen. In den meisten Fällen
folgen hieraus jedoch keine praktischen Konsequenzen, jeden-
falls nicht, wenn der Mitarbeiter weiterbeschäftigt bleibt und
sich nicht für eine private Krankenversicherung entscheidet. Der
Grund: Beitragsaufwand und -verteilung zwischen Arbeitgeber
und Arbeitnehmer sind bei Pflicht- und freiwilliger Versiche-
rung identisch. Eine Fehlentscheidung kann jedoch gerade für
Mitarbeiterinnen zu einem erheblichen Nachteil führen, wenn
sie Elternzeit in Anspruch nehmen.
Der Fall des BSG: Wie sich Fehler bei der
Versicherungsfreiheit auswirken
Das zeigt auch ein aktueller Fall, in dem eine Mitarbeiterin ihre
Krankenkasse verklagte. Die Arbeitnehmerin war der Auffassung,
sie müsse während ihrer Elternzeit kostenfrei weiterversichert
werden. Für das Bundessozialgericht (BSG) war die Klage Anlass
genug, den Finger in die Wunde, nämlich die einer vom Gesetz-
geber gewollten „Ungleichbehandlung“, zu legen. Privilegiert
sind nämlich diejenigen, die mit dem Status „Versicherungs-
pflicht“ in die Elternzeit wechseln. Gemäß § 224 SGB V bleiben
während dieses Zeitraums die Einkünfte aus Elterngeld außen
vor. Ist jemand dagegen während der Elternzeit lediglich freiwil-
lig versichert, wird bei der Frage, wie hoch sein selbst zu zahlen-
der Beitrag zu bemessen ist, grundsätzlich auch das Elterngeld
als beitragspflichtiges Einkommen hinzugezogen.
Mit Blick auf diese grundsätzliche Differenzierung wurde die
Klage einer Mitarbeiterin, die von der Krankenversicherung
einen Beitragsbescheid erhalten hatte, in erster Instanz abge-
wiesen (SG Stuttgart, Az. S 14 KR 2330/14). Die Mitgliedschaft,
entschied das Sozialgericht, habe nicht beitragsfrei bestehen
können. Derartiges sei für eine freiwillige Mitgliedschaft schlicht
und einfach vom Gesetz nicht vorgesehen. Der Arbeitgeber habe
sie auch richtigerweise als versicherungsfrei eingestuft.
Das Urteil des BSG: Wie Arbeitgeber die
Mutterschutzzeiten berücksichtigen müssen
Die Beurteilung des Sozialgerichts hat schon das Landessozial-
gericht Baden-Württemberg (Az. L5 KR 2070/15) als Berufungs-
instanz nicht geteilt. Nunmehr hat auch das BSG die ursprüng-
liche Entscheidung endgültig geändert. Die Begründung: Im
vorliegenden Fall hätte der Arbeitgeber die Zeiten der Mutter-
schutzfristen als solche des Entgeltausfalls werten müssen. Hätte
er dies getan, so hätte er bei der Einschätzung des voraussicht-
lichen Jahresarbeitsentgelts eine Unterschreitung und damit
den Eintritt der Versicherungspflicht feststellen müssen. Was
sich im Ergebnis zunächst recht einfach anhört, hat es genauer
Warum einfach,
wenn es auch
kompliziert geht
Wann sind die Zeiten der Schutzfristen vor und nach der Geburt
eines Kindes für die Versicherungspflicht zu berücksichtigen?
Bundessozialgericht, Urteil vom 7.6.2018,
Az. B12 KR 8/16 R
Illustration: Lea Dohle
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