Personalmagazin 11/2018 - page 89

„Na, wie macht sich denn der Neue?“
Eine solche Frage wird mitunter bereits
nach wenigen Wochen der Beschäftigung
gestellt, um unternehmensintern zu be-
urteilen, ob sich der neue Mitarbeiter für
den Job eignet. Verläuft die Erprobungs-
phase nämlich nicht wie gewünscht, so
besteht die Hoffnung, das Arbeitsverhält-
nis auch kurzfristig zu kündigen.
Wer sich dem Begriff „Probezeit“ über
eine Recherche in arbeitsrechtlichen Ge-
setzen nähert, der stellt zunächst fest:
Eine gesonderte arbeitsrechtliche Defini-
tion gibt es nicht. Zwar ist von der Probe-
zeit in den Auswahlmöglichkeiten der ge-
setzlichen Kündigungsfristen (§ 622 BGB)
die Rede und in der Befristungsvorschrift
des § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz
(TzBfG) wird das Wort „Erprobung“ ge-
nannt. Eine inhaltliche Beschreibung, ge-
schweige denn Rechtsfolgen beim Nicht-
bestehen der Probezeit sucht man jedoch
vergeblich. Gleichwohl gibt es bei richti-
ger Gestaltung durchaus Möglichkeiten,
den Probezeitgedanken arbeitsvertraglich
zu implementieren – ohne dabei zum Bei-
spiel auf die eher klassische sachgrund-
lose Befristung zurückzugreifen.
Der Klassiker: die
vorgeschaltete Probezeit
„Die ersten drei Monate des Arbeitsver-
hältnisses gelten als Probezeit.“ Diese
Formulierung findet sich in beinahe je-
der handelsüblichen Mustervorlage für
Arbeitsverträge. In erster Linie ist sie als
ein Hinweis für Arbeitnehmer zu verste-
hen, dass sich der Arbeitgeber während
der Probezeit abschließende Gedanken
dazu machen wird, ob der Mitarbeiter für
den Job geeignet ist, und er eventuell mit
der Kündigung wegen „nicht bestandener
Probezeit“ reagieren wird.
Kommt es dann tatsächlich dazu, liegt
die Rechtsgrundlage für eine Beendigung
nicht in der vertraglichen Probezeitverein-
barung. Vielmehr ist während der ersten
sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses
das Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
noch nicht anzuwenden. Eigentlich bedarf
es also gar keiner vereinbarten Probezeit,
vielmehr sind die ersten sechs Monate
eines Beschäftigungsverhältnisses quasi
eine gesetzliche Probezeit. In dieser Zeit
kann jedes Arbeitsverhältnis mit der Über-
legung, dass der Mitarbeiter nicht geeignet
ist, gekündigt werden. Dieser Aspekt wird
auch von Arbeitnehmern häufig unter-
schätzt. Wird beispielsweise eine Probezeit
von drei Monaten vereinbart und erfolgt die
Kündigung erst danach, aber innerhalb von
sechs Monaten seit Beginn der Beschäfti-
gung, wird häufig damit argumentiert, man
habe die Probezeit doch bestanden. Eine
Kündigung könne dann nicht mehr damit
begründet werden, dass die Leistung unbe-
friedigend war. Ein Trugschluss, denn die
„gesetzliche Probezeit“ von sechs Monaten
greift trotz vertraglich vereinbarter, kürze-
rer Probezeit. Andererseits gilt aber auch:
Aus dem Hauptgedanken des KSchG hat
das Bundesarbeitsgericht (BAG) geschlos-
sen, dass eine vorgeschaltete Probezeit über
sechs Monate hinaus im Regelfall unwirk-
sam ist. Denn damit werde die Schutzwir-
kung des KSchG ausgehebelt.
Gleichwohl ist die Vereinbarung einer
klassischen vorgeschalteten Probezeit
fast immer anzuraten, denn sie bewirkt,
dass während eines individuell gewählten
Probezeitraums von maximal sechs Mona-
ten die Kündigung in einer zweiwöchigen
Kündigungsfrist erfolgen kann. Sofern Ta-
rifverträge gelten oder auf diese Bezug
genommen wird, kann der Zeitraum so-
gar noch erheblich kürzer sein (vergleiche
Kasten zu den Kündigungsfristen).
Die Sicherheitsvariante: sechs
Monate Befristung zur Probe
Die Probezeit als eigenständige Vertrags-
gestaltung für einen befristeten Arbeits-
vertrag ist ausdrücklich als Sachbefristung
vorgesehen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG).
Seit der Einführung von sachgrundlosen
Befristungen bei Neueinstellungen ist die
praktische Bedeutung dieses Befristungs-
grundes zwar zurückgegangen – schließ-
lich können Arbeitgeber auch darüber
die Eignung des Arbeitnehmers prüfen.
Eine echte Probezeitbefristung bietet
sich jedoch an, wenn der Arbeitnehmer
bereits früher im Unternehmen beschäf-
tigt war. Um Auslegungstreitigkeiten zu
vermeiden, sollte sich dann aus dem
schriftlichen Arbeitsvertrag sowohl die
Rechtsgrundlage als auch der Erprobungs-
zweck ergeben, etwa mit der Erklärung:
„Die Beschäftigung erfolgt als befristetes
Probearbeitsverhältnis im Sinne des § 14
Abs. 1 Satz 2 Nr.5 TzBfG. Der Inhalt des
Arbeitsverhältnisses unterscheidet sich
wesentlich von der bisherigen/früheren
Tätigkeit und setzt andere Fähigkeiten vo-
raus, sodass ein berechtigtes Interesse des
Arbeitgebers an einer Erprobung vorliegt.“
Kürzere Kündigungsfrist
durch Probezeit
Kündigungen während einer verein-
barten Probezeit können nach § 622
Abs. 3 BGB mit einer Frist von zwei
Wochen ausgesprochen werden.
Arbeitgeber sind insoweit auch nicht
an die Fristbeendigung zum Ende
eines Kalendermonats oder zum 15.
eines Monats gebunden. Einzelver-
traglich ist es zwar verboten, Kün-
digungsfristen von weniger als zwei
Wochen zu vereinbaren. Dennoch
können Probezeitfristen aufgrund
einer gesetzlichen Öffnungsklausel
durch Tarifvertrag weiter verkürzt
werden. Nicht selten wird auch da-
von Gebrauch gemacht. Dies geht in
einigen Tarifverträgen sogar so weit,
dass die Kündigungsmöglichkeiten in
der Probezeit auf einen Tag reduziert
sind. Nicht tarifgebundene Unterneh-
men können eine verkürzte tarifliche
Kündigungsfrist nutzen, indem sie
im Arbeitsvertrag auf diesen Teil des
Tarifvertrags Bezug nehmen (§ 622
Abs. 4 Satz 2 BGB).
Ein Vorteil der Probezeitbefristung im
Vergleich zur vorgeschalteten Probezeit
ist: Reicht die vereinbarte Vertragslauf-
zeit zur Erprobung nicht aus, kann ein
weiterer befristeter Vertrag mit diesem
Sachgrund abgeschlossen werden – so-
fern die Erprobungszeit insgesamt nicht
unangemessen lang wird und sich der
Arbeitnehmer bisher nicht bewährt hat
(BAG-Urteil vom 12.9.1996, Az. 7 AZR
31/96). Bezüglich der Erwartungen des
Arbeitnehmers gilt: Selbst wenn sich die-
ser bewährt hat, muss ihn der Arbeitgeber
nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhält-
nis übernehmen. Vielmehr kann er frei
entscheiden, ob er den Arbeitnehmer
weiterbeschäftigen will (BAG-Urteil vom
8.3.1962, Az. 2 AZR 497/61).
Die Spezialistenvariante: die
längere Probezeitbefristung
Grundsätzlich sieht das Gesetz für die Pro-
bezeitbefristung keine Höchstdauer vor.
Die bei einer vorgeschalteten Probezeit
Probezeit
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