Personalmagazin 6/2017 - page 18

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TITEL
_FREMDPERSONALEINSATZ
personalmagazin 06/17
Auftraggeber sind zwar Weisungen
hinsichtlich der zu erbringenden Be­
ratungsleistung, jedoch keine arbeits­
bezogenen Weisungen gegenüber den
eingesetzten Arbeitnehmern des Bera­
tungsunternehmens erlaubt.
Allein das Beratungsunternehmen ent­
scheidet, welche Arbeitnehmer zur Erle­
digung des Auftrags eingesetzt werden.
Was bringt die Überlassungserlaubnis
bei (Schein-)Werkverträgen?
Eine der zentralen Änderungen des
neuen Rechts liegt in der Frage, ob sich
der Verleiher, der auf der Grundlage ei­
nes (Schein-)Werkvertrags tätig wurde,
auf seine Erlaubnis zur Arbeitnehmer­
überlassung berufen kann – wenn der
Fremdpersonaleinsatz nachträglich von
Behörden oder Gerichten als Arbeit­
nehmerüberlassung eingestuft wird.
Die bislang zulässige sogenannte Vor­
ratserlaubnis (auch Fallschirmlösung
genannt), mit der die unerwünschte
Begründung eines Arbeitsverhältnis­
ses zum Entleiher bei Vorliegen eines
Scheinwerkvertrags vermieden werden
konnte, entfaltet seit der Gesetzesände­
rung keine Wirkung mehr. Ein Arbeits­
verhältnis zum Entleiher wird künftig
nicht nur bei illegaler Arbeitnehmer­
überlassung – also einer Überlassung
ohne Erlaubnis – begründet, sondern
auch dann, wenn
die Höchstüberlassungsdauer von 18
Monaten überschritten wird oder
der Vertrag nicht als Arbeitnehmer­
überlassungsvertrag bezeichnet (Kenn­
zeichnungspflicht) und der Leiharbeit­
nehmer nicht namentlich konkretisiert
wurde (Konkretisierungspflicht).
Die Kennzeichnung als Leiharbeit hat
schriftlich zu erfolgen, sodass bereits
bei Vertragsschluss entschieden werden
muss, welche Vertragsform vorliegt.
Ist der eingesetzte Leiharbeiter im
Überlassungsvertrag zu bezeichnen?
Die konkret überlassenen Leiharbeit­
nehmer müssen nicht zwingend schon
im Überlassungsvertrag benannt wer­
den. Verleiher und Entleiher müssen
die Person des Leiharbeitnehmers
nur unter Bezugnahme auf den Über­
lassungsvertrag konkretisieren. Ein
Schriftformgebot ist dem Gesetz nur für
die Offenlegung der Überlassung zu ent­
nehmen (Kennzeichnungspflicht).
Erforderlich ist eine Dokumentation
der Konkretisierung, die allerdings nicht
notwendig schriftlich, sondern auch
auf andere Weise, zum Beispiel durch
E-Mail, erfolgen kann. Die Geschäfts­
anweisung der Bundesagentur differen­
ziert danach, ob ein Rahmenvertrag oder
ein bereits auf einen Leiharbeitnehmer
konkretisierter Vertrag vorliegt (dann
Schriftform). In der Regel zeichnet sich
die Zeitarbeit aber dadurch aus, dass der
Verleiher die Leiharbeitnehmer einseitig
bestimmt. Eine Dokumentation in Text­
form (ohne Unterschrift von Ver- und
Entleiher) reicht daher aus.
Soll ein Leiharbeitnehmer kurzfristig
– etwa aufgrund einer Krankheit – aus­
getauscht werden, kann die Konkreti­
sierung ebenfalls durch Mitteilung per
E-Mail erfolgen. Diese kann sodann bei
behördlicher Überprüfung als Beleg für
die ordnungsgemäße Überlassung vor­
gelegt werden.
Was folgt bei nicht ordnungsgemäßer
Benennung der Leiharbeiter?
Dem Gesetz und den Anweisungen der
BA lässt sich nicht eindeutig entneh­
men, ob es zur Fiktion eines Arbeits­
verhältnisses zum Entleiher nur bei
einem Verstoß gegen beide Pflichten,
also sowohl gegen die Kennzeichnungs-
als auch die Konkretisierungspflicht,
kommt. Der Zweck der Regelung (Ver­
hinderung von verdeckter Zeitarbeit)
spricht aber gegen die Fiktion, wenn es
nur an einer Konkretisierung des Leih­
arbeitnehmers fehlt beziehungsweise
diese nicht dokumentiert worden ist.
Wird der Einsatz des konkreten Leih­
arbeitnehmers somit lediglich nicht ord­
nungsgemäß dokumentiert, liegt zwar
eine Ordnungswidrigkeit vor (§ 16 Abs.
1 Nr. 1d AÜG), der Arbeitsvertrag zwi­
schen Verleiher und Leiharbeitnehmer
bleibt aber wirksam.
Dürfen Leiharbeiter länger als 18
Monate eingesetzt werden?
Seit April gilt eine Höchstüberlassungs­
dauer von 18 Monaten. Zu diesem Kom­
plex stellen sich einige Fragen: Darf ein
Unternehmen für eine bestimmte Tätig­
keit auch für einen längeren Zeitraum
Leiharbeiter einsetzen? Wie wird die
Höchstüberlassungsfrist berechnet und
was gilt bei Unterbrechungen?
Aus Sicht der Einsatzbranchen ist po­
sitiv zu werten, dass die Höchstüberlas­
sungsfrist nicht arbeitsplatz-, sondern
arbeitnehmerbezogen zu verstehen ist.
Weiterhin kann also eine bestimmte be­
triebliche Tätigkeit länger als 18 Monate
durch Leiharbeitnehmer erledigt werden:
Es darf nur nicht ein und derselbe Leihar­
beitnehmer länger als 18Monate überlas­
sen werden. Selbst diese Höchstgrenze
gilt aber nur mit Einschränkungen. So
darf derselbe Leiharbeitnehmer nach ei­
ner Sperrfrist von drei Monaten erneut
auf seinem alten Arbeitsplatz eingesetzt
werden und zwar sogar unter erneuter
Abweichung vom Gleichstellungsgebot
(siehe Frage 8). Außerdem kann die
Höchstüberlassungsdauer durch einen
Tarifvertrag der Entleiherbranche, bei
entsprechender tariflicher Öffnungs­
klausel sogar durch eine Betriebsverein­
barung, verlängert werden.
Für die Berechnung der Höchstüberlas­
sungsdauer heißt es in der Geschäftsan­
Die Pflicht zur Offenle­
gung einer Arbeitneh­
merüberlassung führt
faktisch zu einer Risiko­
verschiebung zulasten
der Unternehmen.
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