Personalmagazin 6/2017 - page 22

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TITEL
_FREMDPERSONALEINSATZ
personalmagazin 06/17
I
n der Zeitarbeit mit knapp einer
Million Arbeitnehmern ist die Tarif-
bindung hoch: Die Auswertung der
Verdienststrukturerhebung des Sta-
tistischen Bundesamtes für das Jahr 2014
ergab, dass annähernd 100 Prozent der
Beschäftigten in Leiharbeitsfirmen nach
Tarif bezahlt werden. Die Verhandlungs-
gemeinschaft aus Bundesarbeitgeber-
verband der Personaldienstleister (BAP)
und Interessenverband Deutscher Zeit-
arbeitsunternehmen (IGZ) hat mit der
DGB-Tarifgemeinschaft Leiharbeit einen
Flächentarifvertrag ausgehandelt – und
zusätzlich mit den vier Einzelgewerk-
schaften IG Metall, IG Bergbau, Chemie
und Energie, Verdi sowie Eisenbahn- und
Verkehrsgewerkschaft (EVG) Branchen-
zuschläge für elf Bereiche vereinbart.
Das kann sich jetzt auszahlen. Denn
das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
(AÜG), das nun in neuer Fassung gilt,
erlaubt auf der Basis von Tarifverträgen
Abweichungen. Und es wird auch schon
intensiv verhandelt. „Equal Pay“ nach
neun Monaten, die Konkretisierung der
Arbeitnehmerüberlassung im Vergleich
Von
Ruth Lemmer
Das richtige Etikett
PRAXIS.
Die AÜG-Reform erfordert eine klare Definition des Vertragsverhältnisses
beim Fremdpersonaleinsatz. Wie Unternehmen dies managen und Risiken mindern.
zu Werk- und Dienstverträgen sowie die
Einbeziehung des Betriebsrats im Kun-
denunternehmen sind Knackpunkte, die
für die Zeitarbeitsbranche Folgen haben.
Zudem geht es zwischen den Tarifpart-
nern – hier sind nicht die Vertreter der
Zeitarbeitsbranche, sondern der jewei-
ligen Einsatzbranche gefragt – darum,
die Grenze von 18 Monaten Überlas-
sungsdauer zu verlängern und die Rück-
kehr der Leiharbeiter – etwa nach drei
Monaten – zu ermöglichen. „Equal Pay“
und Übernahmeangebote sollen erhalten
bleiben, die bürokratische Erfassung der
Bedingungen klein gehalten werden.
In den Zeitarbeitsunternehmen steigt
der Erklärungsbedarf enorm an
Randstad gehört zu den Tarifpionieren
der Branche. Das Zeitarbeitsunterneh-
men hat schon zur Jahrtausendwende
erste Tarifverträge mit den Gewerk-
schaften abgeschlossen. Hans Christian
Bauer, Randstad-Direktor für Tarif- und
Betriebspolitik sowie die hauseigene
Akademie, erwartet von den Verhand-
lungen „mehr Klarheit und Planungssi-
cherheit für die Zeitarbeitsfirmen, unse-
re Mitarbeiter und unsere Kunden“. Für
Bauer ist vor allem die Kommunikation
der neuen Paragrafen eine Riesenaufga-
be. „Mitarbeiter im Kundeneinsatz und
Kunden sind verunsichert, der Kosten-
block Kommunikation steigt“, skizziert
er.
Randstad informiert darum sowohl die
Zeitarbeitnehmer als auch die Ansprech-
partner in den Kundenunternehmen und
schult die eigenen Niederlassungsmit-
arbeiter in Webinaren und Seminaren,
denn sie müssen die Anwendung des
neuen Gesetzes erklären können. „Am
Ende darf sich kein Kunde und kein Mit-
arbeiter als zweite Wahl fühlen“, betont
Bauer. Last, not least müssen die neuen
Regelungen im SAP-System implemen-
tiert werden.
Weitgehend einig ist man sich schon
in Baden-Württemberg. Der Tarifvertrag
Südwest für Zeitarbeitnehmer der Me-
tallbranche ermöglicht eine Höchstüber-
lassungsdauer von 48 Monaten, wobei
der entleihende Betrieb nach 18 Mona-
ten die unbefristete Übernahme prüfen
und nach 24 Monaten ein Angebot zur
Übernahme in ein unbefristetes Arbeits-
verhältnis machen muss.
Die Tarifparagrafen stärken die Be-
triebsräte der Entleihfirmen: Die 48
Monate müssen in einer Betriebsver-
einbarung zwischen Arbeitgeber und
Betriebsräten vereinbart werden. Un-
terschrieben wird das Konstrukt von
der IG Metall allerdings erst, wenn mit
den Metallarbeitgebern und den Zeit-
arbeitsfirmen Einigkeit über die künf-
tigen Branchenzuschläge erzielt wird.
„Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
ist ein notwendiges und funktionie-
„Mit der Scrum-Methode sind Modelle
denkbar, die die Selbstständigkeit der
Dienstleister belegen.“
Alexander Zumkeller, Präsident des BVAU
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