Personalmagazin 6/2017 - page 28

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TITEL
_FREMDPERSONALEINSATZ
personalmagazin 06/17
F
lexibilisierungsinstrumente
wie Arbeitnehmerüberlassung,
Dienst- und Werkverträge wer-
den von der Politik noch immer
als ungeliebtes Stiefkind behandelt. Den-
noch sind diese Beschäftigungsformen
für den Wettbewerbsstandort Deutsch-
land wichtig, denn Unternehmen sind
auf zusätzliche externe Ressourcen
angewiesen. Besonders Industrien mit
hohen Innovationszyklen brauchen
Spezialisten, die bei Projekten unter-
stützen, Auftragsspitzen abfangen, für
mehr „Customizing“ sorgen oder ein-
fach nur gerade fehlende Kompetenzen
einbringen. Was unter wirtschaftlichen
Gesichtspunkten einleuchtet, entpuppt
sich allerdings in der Unternehmenspra-
xis häufig als rechtliches Minenfeld für
alle Beteiligten.
Neue Risiken des AÜG zwingen zur
Anpassung der Prozesse
Das aktuell novellierte Arbeitnehmer­
überlassungsgesetz (AÜG) stellt die
Wirtschaft vor neue bürokratische und
rechtliche Herausforderungen. Seit 1.
April 2017 muss zum Beispiel ein Ar-
beitnehmerüberlassungsvertrag als sol-
cher gekennzeichnet werden. Ein Grund
für diese Regelung ist die vermeintlich
klarere Abgrenzung zwischen Arbeit-
nehmerüberlassung, Werk- und freiem
Dienstvertrag (zu den Abgrenzungskri-
terien lesen Sie mehr im Beitrag „Was
für welche Form spricht“).
In jedem Fall drohen empfindli-
che Strafen, sollte sich herausstellen,
Von
Carlos Frischmuth
Prozesse an das Recht anpassen
AUSBLICK.
Wegen der neuen AÜG-Vorgaben sollten Betriebe den Prozess zum Einsatz
von Externen prüfen. Die enge Zusammenarbeit mit Dienstleistern kann dabei helfen.
Beim Einsatz externer Spezialisten müssen die Prozesse im Einsatzunternehmen die
Compliance-Vorgaben erfüllen. Gut aufgestellte Dienstleister können hier helfen –
ebenso wie eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten.
Präventive gemeinsame Prüfung zur Absicherung gegen Risiken
Ein Dienstleister sollte spezifische Maßnahmen entlang der gesamten Sourcing-Kette
entwickeln, die dem individuellen Beauftragungsprozess im Unternehmen Rechnung
tragen. Dabei sollte er stets die Auswirkungen auf die komplette Lieferantenstruktur
sowie bereits vorhandene interne Richtlinien des Auftraggebers im Blick behalten.
Laufende Berücksichtigung bevorstehender Reformen
Da die Gesetzes- und Rechtsmaterie rund um das Thema „Fremdpersonaleinsatz“
komplex und schwierig zu durchdringen ist, sollte ein Dienstleister ausreichend Erfah-
rungen damit haben, wie bestimmte Vorgaben in der Praxis regelkonform ausgestaltet
werden können. Diese Erfahrung vermeidet Risiken für Unternehmen wie Dienstleister.
Der Dienstleister muss Reformen zu einschlägigen Regelwerken laufend verfolgen,
analysieren und seinen Auftraggeber darüber informieren, damit Anpassungsprozesse
zeitnah erfolgen können.
Es kommt immer auf die „Einzelfallbetrachtung“ an
Eine „unternehmensspezifische Einzelfallbetrachtung“, die eine individuelle Compli-
ance-Systematik fordert, ist unerlässlich. Das Gesetz trifft pauschale Aussagen und
weist an einigen Stellen Unschärfen auf. Es ist daher wichtig, dass diese im Licht der
unternehmensspezifischen Ebene betrachtet werden. In jedem Unternehmen gestaltet
Eckpfeiler für neue Prozesse
PERSONALDIENSTLEISTER
dass Unternehmen einen gewollten
Werk- oder Dienstvertrag in Abgren-
zung zu einer erlaubnispflichtigen
Arbeitnehmerüberlassung unsachge-
mäß umsetzen. Aufgrund dieser neuen
gesetzlichen Bestimmungen ist es für
Unternehmen ratsam, ihre gesamten
Beauftragungs- und Umsetzungsprozes-
se in Bezug auf den Einsatz von Exter-
nen zu durchleuchten und auf Risiken
zu prüfen. Auftraggeber und Personal-
dienstleister sind gut beraten, wenn sie
sich – abhängig von der jeweiligen Be-
schäftigungsform – mit den gesetzlichen
Bestimmungen detailliert auseinander-
setzen und über deren weitere Entwick-
lungen stets auf dem Laufenden bleiben.
Konstantes und nachhaltiges „Compli-
ant Sourcing“ - also das systematische
Stopfen möglicher Risikoquellen – ist
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