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TITEL
_LEADERSHIP 4.0
personalmagazin 06/16
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E
ntscheidend ist Leadership“, be-
hauptete Gisbert Rühl, CEO des
Stahlhändlers Klöckner & Co in
Duisburg, vor Kurzem auf einer
Tagung zur digitalen Transformation.
„Sie müssen ein anerkannter Leader sein
und ihre Mitarbeiter mitnehmen kön-
nen.“ Die Insignien der Macht genügten
heute nicht mehr, so der Vorstandschef.
Ob Globalisierung, Digitalisierung
oder New Work – Führungskräfte brau-
chen heute neue Kompetenzen. Kein
Wunder, dass auch der Markt für Füh-
rungsseminare boomt. George Kohl-
rieser, Professor an der IMD Business
School in Lausanne, sieht hier gerade
bei deutschen Führungskräften noch
Nachholbedarf. „Deutsche sind oft sehr
stark fokussiert auf das Planen, Struk-
turieren, Organisieren und Ausführen
und daher sehr gute Manager, aber das
genüge eben nicht immer, um auch moti-
vierte Mitarbeiter zu haben“, erklärt der
amerikanische Psychologe, der in seinen
Leadership-Seminaren viele deutsche
Manager erlebt hat.
Auch „junge Wilde“ aus Start-ups sind
Zielgruppe für Führungstrainings
Bei Führung gehe es immer auch um Kul-
turgestaltung und den Aufbau von Ver-
trauen, erklärt Simon Beck, Geschäfts-
führer der Akademie für Führungskräfte
in Überlingen am Bodensee. Manage-
ment gestalte dagegen die Rahmenbedin-
gungen und stelle die Ressourcen bereit.
Ein guter Leader müsse jedoch beides
können. „Wir verstehen uns als Spezia-
Von
Bärbel Schwertfeger
listen für Führung und werden uns künf-
tig noch stärker darauf konzentrieren“,
betont Beck. Besonders stark sei die Aka-
demie, die zum Cognos-Konzern gehört,
beim Thema „innere Haltung“. Daher
spiele auch die Selbstreflexion und Per-
sönlichkeitsentwicklung eine wichtige
Rolle. „Das ist unser Fundament, das wir
hegen und ausbauen“, so Beck.
Das Hauptgeschäft seienweiter die klas-
sischen Zwei- bis Vier-Tagesseminare. Ein
Bestseller sei der Intensivworkshop für
Nachwuchsführungskräfte, bei dem die
Teilnehmer auch reflektieren, ob sie wirk-
lich in die Führung wollen. „Das hilft den
Unternehmen und kann ihnen viel Geld
sparen“, so Beck. Bei den offenen Semi-
naren laufe alles gut, was mit Übergängen
(zum Beispiel vom Kollegen zum Chef) zu
tun habe, aber auch Seminare zu Themen
wie „Führung ohne Vorgesetztenfunkti-
on“ oder „laterale Führung“ seien beliebt.
Der Umsatzanteil aus offenen Seminaren
im Verhältnis zu Inhouse-Trainings sei al-
lerdings wie im gesamten Markt deutlich
zurückgegangen.
Mit dem Ansatz „Topografie der Füh-
rung“ hat die Akademie ein neues Füh-
rungsmodell entwickelt, das den Kontext
abbilden soll, in dem Führung stattfin-
det: die formale Organisationsstruktur,
das Kommunikationsnetzwerk und die
Landkarte der politischen Stakeholder.
„Damit gehen wir wertfrei an das Thema
‚Führung‘ heran“, erklärt Beck. Entschei-
dend sei, dass eine Führungskraft stets
kontextbezogen agiere. Dafür brauche sie
Kompetenzen, die sie in ihrer Selbst- und
Mitarbeiterführung stärken und ihr Sou-
veränität im komplexen Alltag geben.
Neu ist das Leadership-Excellence-
Programm „Lead“ mit den drei dreitä-
gigen Modulen „Selbstführung“, „Den
Führungsraum ergreifen“ und „Führend
Perspektiven schaffen“, das sich an lang-
jährige Führungskräfte wendet. Dazu
gehören virtuelle Intervisions-Meetings,
das Persönlichkeitsprofil „Empreinte“ mit
einem halbtägigen Einzelcoaching sowie
die Nutzung der virtuellen Lernplattform
„Ilias“. Der erste Durchlauf war für April
angesetzt, fand aber aufgrund geringer
Nachfrage nicht zum geplanten Termin
statt. Die Durchführung im September sei
aber bereits gesichert. Die Teilnehmerzahl
liegt bei maximal zehn Führungskräften.
Auch die Zielgruppe der „jungen Wil-
den“ in den Start-ups möchte die Akade-
Da ansetzen, wo es weh tut
MARKTÜBERBLICK.
Seminare rund ums Thema Führung sind gefragt. Weiterbildungs
anbieter bauen ihr Angebot aus und kooperieren zunehmend mit Hochschulen.
„Wir schauen noch zu intensiv auf
Prozesse und Instrumente und weniger
auf Haltungen und Kompetenzen.“
Katharina Heuer, Geschäftsführerin, DGFP
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