Immobilienwirtschaft 10/2018 - page 56

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EXPO REAL
2018
I
CROWDINVESTING
wahrscheinlich, dass institutionelles Geld
in Crowdprojekte fließe. Immobilien­
finanzierungsexperte Sebastian über-
rascht dies nicht: „Große Pensionskassen
und Versicherungen verfügen seit Jahr-
zehnten über die Expertise, um selbst Im-
mobilienfinanzierungen auszureichen.“
Hohe Vermittlungs­
gebühren sind ein Hin­
derungsgrund für die
Immobilienfinanzierung
mit Geld vom Schwarm
Für kleinere institutionelle Investoren
wiederum sei es attraktiver, sich an einem
Kreditfonds zu beteiligen als an einer
Schwarmfinanzierung. „Die Gebühren,
die die Plattformen bislang erheben, sind
deutlich höher als die Managementfees
eines Debtfonds“, sagt Sebastian. So wür-
den Plattformen von den Kreditnehmern
Studie wider: Danach ist es für 58 Prozent
der befragten Investoren undenkbar, sich
Eigenkapitalersatz über Schwarmfinanzie-
rungen zu besorgen.
Gleichzeitig sind vermögende Pri-
vatanleger und Family Offices auch kaum
daran interessiert, als Kapitalgeber in
Crowdfunding-Vorhaben zu investieren.
„Diese Investoren streben meist die allei-
nige Autorität über die von ihnen erwor-
bene Immobilie an“, sagt Bernd Hollstein,
Verkaufsleiter beim Kieler Makler und
Hausverwalter Hans Schütt Immobilien.
Alternativ würden auch Anteile an Immo-
bilienfonds erworben. „Die Kunden su-
chen im Produkt Klarheit und Sicherheit,
was im Crowdfunding nicht unbedingt
gewährleistet ist“, sagt Hollstein.
Auch bei manchen Developern ist das
Interesse an der Schwarmfinanzierung
verhalten. „Tatsächlich in Anspruch ge-
nommen wird Crowdfunding als Finan-
zierungsweg eher von kleineren Projekt-
entwicklern“, sagt Francesco Fedele, CEO
des Immobilienfinanzierungsberaters
Experten
„Jeder vierte von uns be-
fragte Immobilieninvestor
und Developer plant, sich
Kapital durch ein Crowd-
funding zu beschaffen.“
Paul von Drygalski ,
Executive Director, EY Real Estate
„Das Risiko für die privaten
Investoren ist hoch: Schei-
tert die Idee, ist ihr Geld
verloren.“
Steffen Sebastian,
Professor für Immobilienfinan-
zierung am IREBS-Institut der
Universität Regensburg
„So wird auch für Pri-
vatanleger mit kleinerem
Vermögen ein Zugang zu
Märkten geschaffen, die
sonst nur professionellen
Investoren vorbehalten
sind.“
Johannes Ranscht,
Geschäftsführer der Schwarmfi-
nanzierungsplattform Mezzany
„Kleinere Pensionskas-
sen, Family Offices und
vermögende Privatanleger
sind so bonitätsstark, dass
sie auf Crowdfunding nicht
zurückgreifen müssen.“
Sven Keussen,
Geschäftsführender Gesellschafter
Rohrer Immobilien
in der Regel als Vermittlungsgebühr
denselben oder sogar einen höheren Zins-
satz verlangen, als diese an die privaten
Kapitalgeber zahlen. „Profiinvestoren
würden sich bei nachrangig besicherten
Mezzanine-Finanzierungen niemals mit
so geringenRenditen abspeisen lassen, wie
sie von Privatanlegern akzeptiert werden“,
sagt Sebastian.
Die von den Plattformen erhobenen
hohenVermittlungsgebühren sind nur ein
Grund, weshalb kleinere Pensionskassen,
Family Offices und vermögende Privat­
anleger sich für ihre Immobilienkäufe kein
Geld beim Schwarm besorgen, sondern
allein auf Eigenkapital und Bankdarlehen
setzen. Diese Investoren seien zum einen
„so bonitätsstark, dass sie auf das Crowd-
funding nicht zurückgreifenmüssen“, sagt
Sven Keussen, geschäftsführender Gesell-
schafter des Berliner Maklerunterneh-
mens Rohrer Immobilien. „Zum anderen
ist es für sie mühsam, viele einzelne kleine
Darlehensgeber zu verwalten.“ Diese Ein-
schätzung spiegelt zum Teil auch die EY-
1...,46,47,48,49,50,51,52,53,54,55 57,58,59,60,61,62,63,64,65,66,...116
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