Immobilienwirtschaft 10/2018 - page 46

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EXPO REAL
2018
I
INVESTMENTSTUDIE
dorf sind gar nicht so weit davon entfernt.
Noch mehr Kraft bekommt dieses Argu-
ment, wenn man den deutschsprachigen
Raum als einen einheitlichen Markt be-
trachtet – wie es unter den maßgeblichen
internationalen Real-Estate-Investoren
übrigens längst üblich ist. Wer sich als
Immobilieninvestor in der DACH-Region
auskennt, der hat gleichmal zehn bis zwölf
der 50wichtigsten europäischenMetropo-
len abgedeckt.
Die Folge: So schwer der „SafeHaven“-
Effekt auch wiegt – die Zeiten, in denen
sich die Stärke des hiesigen Immobilien-
markts in erster Linie aus der Schwäche
andererMärkte ableitete, sind passé. Auch
unabhängig von exogenen Faktoren wie
dem Brexit oder der Katalonien-Krise be-
trachten viele Geldmanager die DACH-
Region mittlerweile als eine der attrak-
tivsten Gegenden der Welt, durchaus ver-
gleichbar mit den USA, Großbritannien
oder den großen asiatischen Märkten.
London, New York, Tokio? München,
Zürich, Wien! Das gilt umso mehr, als
die Renditen – wiewohl sie angesichts der
stetig steigendenNachfrage gesunken sind
– nachwie vor attraktiv erscheinen, jeden-
falls verglichenmit anderenRegionenoder
gar mit anderen Assetklassen. So liegt die
durchschnittliche Verzinsung eines hoch-
wertigen deutschen Immobilienportfolios
laut unserer aktuellen Studie immer noch
rund drei Prozentpunkte über der Rendite
einer zehnjährigenBundesanleihe.Mit der
entsprechendenMarktkenntnis und einer
professionellen Projektentwicklung lassen
sich in der DACH-Region auch weiterhin
Renditen erzielen, die über eine „norma-
le“ Verzinsung von drei bis vier Prozent
deutlich hinausgehen. Dabei stellen wir
fest, dass immer mehr Investoren auf der
Suche nachMehrrenditen nicht etwa nach
alternativen LagenAusschau halten – son-
dern nach alternativen Nutzungsklassen.
Dabei dürften in den kommenden Jahren
Segmente wie Pflege oder Logistik noch
stärker in den Fokus rücken.
In manchen Fällen
gleicht der Gang in
die Nische inzwischen
eher einer Flucht
Denn Investoren tun sich hierzulan-
de bei der Suche nach klassischen Core-
oder gar Core-Plus-Assets immer schwe-
rer. Womit wir bei der Kehrseite des seit
Jahren anhaltenden Aufschwungs wären:
Nicht alles, was Investoren nachfragen,
wird auch angeboten. Oder anders gesagt,
imsicherenHafenwerden die Ankerplätze
rar. Dazu passt, dass die Kapazitäten im
Bausektor für die nächsten drei, vier Jah-
re ausgebucht sind, die Projektentwickler
den Nachfrageüberhang auf absehbare
Zeit also nicht werden auffangen können.
Gerade für große Investoren – und ganz
speziell für solche, denen es an der Exper-
tise für die DACH-Region mangelt – er-
geben sich damit Verfügbarkeitsrisiken.
Der Anlagedruck dürfte indes hoch
bleiben, und zwar nicht nur auf kurze,
sondern auch auf mittlere und lange Sicht.
Denn zumeinenwird die private Säule der
Altersvorsorge nicht nur hierzulande im-
mer wichtiger – und zum anderen setzen
Pensionskassen und Versicherer immer
stärker auf Assetklassen jenseits von Ak-
tien und Anleihen. Tatsächlich zeigt un-
sere aktuelle Studie, dass sich parallel zur
wachsenden Bedeutung des Immobilien-
markts in der DACH-Region auch die In-
vestorenszene in Deutschland, Öster
reich
und der Schweiz rasant entwickelt. So ist
die Zahl der institutionellen Real-Estate-
Investoren in den vergangenen drei Jahren
ummehr als einDrittel gestiegen, nämlich
von rund 400 auf mehr als 550. Umwelche
Dimensionen es hierbei geht, erkennt man
daran, dass laut OECD-Zahlen Pensions-
fonds in den drei DACH-Ländern über
zusammenmehr als 1.000Milliarden Euro
verfügen.
Da der Zufluss ausländischen Kapi-
tals anhalten dürfte, wird vielen hiesigen
Immobilieninvestoren gar nichts anderes
übrigbleiben, als sich ihrerseits vermehrt
nach Anlagemöglichkeiten außerhalb der
DACH-Region umzusehen. Aus Gesprä-
chen mit führenden deutschen Invest-
mentmanagern wissen wir beispielsweise,
dass sie ihr europäisches Exposure weiter
diversifizierenwollen. Liegen aktuell noch
vier Fünftel des Geldes in europäischen
Immobilien, so soll sich dieser Anteil mit-
telfristig auf rund ein Drittel reduzieren.
InUmrissen lässt sich dieser Trend bereits
in den jüngsten Marktzahlen erkennen.
So investierten deutsche Real-Estate-
Investoren in den zwölf Monaten bis ein-
schließlich März dieses Jahres satte sechs
Milliarden Dollar in US-amerikanische
Immobilien.
Wer möchte, kann hierin beinahe ein
Paradoxon sehen. Während die globalen
Investoren immer öfter auf die DACH-
Region blicken, schauen die Investoren
aus der DACH-Region immer häufiger
hinaus in die Welt.
«
Susanne Eickermann-Riepe, Frankfurt am Main
Susanne Eicker-
mann-Riepe
leitet
das deutsche Real-
Estate Geschäft bei
PwC. Sie ist seit
2002 Partnerin, Mit-
glied des Advisory
Leadership Teams.
AUTORIN
27
%
aller institutionellen Immobilien-
Transaktionen in Europa ent-
fielen im vergangenen Jahr auf
die DACH-Region. 2014 waren es
gerade einmal 15 Prozent.
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