Immobilienwirtschaft 2/2018 - page 43

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2.2018
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
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FAKTEN:
Der Eigentümer einer Garage verkaufte sie für 20.000 Euro. Der Käufer vermie-
tete die Garage an seine Ehefrau zu einer Jahresmiete von 420 Euro. Der Mietvertrag hat
eine Laufzeit von 26 Jahren; das Recht des Vermieters zur ordentlichen Kündigung ist
ausgeschlossen. An der Garage bestand jedoch ein dingliches Vorkaufsrecht zugunsten
des B. Zwei Monate nach dem Verkauf erklärte B die Ausübung des Vorkaufsrechts. Er
kündigte das mit der Ehefrau des Käufers bestehende Mietverhältnis. Der BGH hatte
über die Räumung zu entscheiden. Er führt aus, der Mietvertrag über die Garage sei in-
soweit sittenwidrig, als das ordentliche Kündigungsrecht des Vermieters ausgeschlossen
wird. Dies folgt aus § 138 BGB.
FAZIT:
Ein Vertrag ist nichtig, wenn die Vertragsparteien damit die Ausübung eines Vor-
kaufsrechts verhindern wollen. Hiervon ist auszugehen, wenn eine mit einemVorkaufs-
recht belastete Immobilie langfristig zur einer auffällig geringen Miete vermietet wird,
sodass der Erwerb des Objekts wirtschaftlich unattraktiv ist. Ein derartiges Missverhält-
nis zwischen dem Kaufpreis und der Höhe der Jahresmiete hat der BGH hier bejaht.
LANGFRISTIGER MIETVERTRAG
Kündigung setzt Nachteil
bei Vermieter voraus
Vermietet der Eigentümer einer mit
einem Vorkaufsrecht belasteten
Immobilie das Objekt langfristig zu
einer auffällig geringen Miete, um
den Berechtigten von der Ausübung
des Vorkaufsrechts abzuhalten, ist der
Mietvertrag insoweit sittenwidrig, als
das ordentliche Kündigungsrecht des
Vermieters ausgeschlossen wird.
BGH, Urteil v. 30.6.2017, V ZR 232/16
FAKTEN:
Das Mietverhältnis über Räume zum Betrieb eines Restaurants ist beendet.
Aufgrund eines Titels hat der Mieter die Räume an den Eigentümer herauszugeben.
Aus diesem Titel will der Eigentümer die Zwangsvollstreckung betreiben. Der Mieter
behauptet, er habe die Räume bereits vor Erlass des Räumungstitels an einen Dritten
untervermietet. Der Eigentümer vermutet, dass der Untermietvertrag nur zum Schein
abgeschlossenwurde, um so die Vollstreckung des Herausgabeurteils zu verhindern. Mit
Erfolg: Der Anspruch des Eigentümers auf Unterlassung einer Gebrauchsüberlassung
an Dritte ergibt sich hier aus § 1004 BGB. Diese Voraussetzungen muss der Eigentü-
mer glaubhaft machen. Dafür genügt es, dass mehr für die Absicht zur Vereitelung der
Vollstreckung spricht als dagegen.
FAZIT:
Hier sprachen verschiedene Indizien dafür, dass der vomMieter behaupteteUnter-
mietvertrag rückdatiert wurde, um den Eindruck zu erwecken, dass er bereits während
desMietverhältnisses und nicht nach dessen Beendigung geschlossenwurde. Damit hatte
der Eigentümer die tatsächlichen Voraussetzungen des § 1004 BGB glaubhaft gemacht.
EINSTWEILIGE VERFÜGUNG
Untervermietung zur Verzöge-
rung der Räumung
Dem ehemaligen Mieter kann im
Wege der einstweiligen Verfügung
die Untervermietung und Überlassung
der Räume an einen Dritten untersagt
werden, wenn hinreichende Anhalts-
punkte vorliegen, dass die Unterver-
mietung zum Zweck der Verhinderung
oder Verzögerung der Räumungsvoll-
streckung erfolgt.
OLG München, Beschluss v. 4.9.2017, 7 W 1375/17
FAKTEN:
Der Eigentümer vermietete eine Wohnung an A. Im Kopf des schriftlichen
Mietvertrags ist allerdings nicht A als Privatperson, sondern eine GmbH. Der Vertrag
ist mit „Mietvertrag für gewerblich genutzte Flächen“ überschrieben; als Vertragszweck
ist eine „Nutzung als Mitarbeiterwohnung“ vereinbart. A benutzt die Wohnung als Pri-
vatwohnung. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs. Das
Gericht hatte zu entscheiden, ob zwischen den Parteien ein Wohnraum- oder ein ge-
werblichesMietverhältnis vorliegt.Wohnraummiete liegt nur dann vor, wenn die Räume
dem Mieter vertragsgemäß zur Befriedigung seiner eigenen Wohnbedürfnisse dienen
sollen. Wird eine Wohnung durch ein Unternehmen zum Zweck der Unterbringung
eines Mitarbeiters angemietet, so liegt – wie hier – ein gewerbliches Mietverhältnis vor.
FAZIT:
Der Vertrag wird hier ausdrücklich als „Mietvertrag für gewerblich genutzte
Flächen“ bezeichnet. Dies kann als Indiz für den Parteiwillen gewertet werden. Entschei-
dend für die rechtlicheWertung ist aber die vertragliche Zweckbestimmung der Räume.
GEWERBLICHES MIETVERHÄLTNIS
Anmietung einer Wohnung zur
Unterbringung eines Mitarbeiters
Wird eine Wohnung durch ein Unter-
nehmen zum Zweck der Unterbringung
eines Mitarbeiters angemietet, so liegt
ein gewerbliches Mietverhältnis vor.
Dies gilt auch dann, wenn die Räume
nicht an einen Mitarbeiter überlassen,
sondern vom Mieter selbst als Woh-
nung genutzt werden.
KG Berlin, Beschluss v. 17.7.2017, 8 U 216/16
1...,33,34,35,36,37,38,39,40,41,42 44,45,46,47,48,49,50,51,52,53,...76
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