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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Die Eigentümer hatten einen Grundlagenbeschluss über die Ausstattung der
Wohnanlage mit Rauchmeldern gefasst. In der Ladung hieß es, man habe bestimmte
Punkte mit demBeirat besprochen. Dann wurde eine Beschlussempfehlung abgegeben.
Angebote oder Preisvergleiche wurden nicht übersandt. Auf der Eigentümerversamm-
lung folgten die Eigentümer mehrheitlich dem Vorschlag im Ladungsschreiben. Ein
Eigentümer focht den Beschluss an. Mit Erfolg. Dem Ladungsschreiben zur Eigentü-
merversammlung waren keine Angebote oder Preisvergleiche beigefügt. Dies stellt einen
Verstoß gegen das in § 23 Abs. 2WEG normierte Gebot der ausreichenden Bezeichnung
des Beschlussgegenstands dar, zumindest dann, wenn auf eine bereits erfolgte Abstim-
mung zwischen Verwaltung und Beirat Bezug genommen und den Eigentümern das
Ergebnis dieser Konsultation als Beschlussempfehlung unterbreitet wird.
FAZIT:
Die Auslage von Vergleichsangeboten imRahmen der beschlussfassenden Eigen-
tümerversammlung reicht nicht, da sich die Eigentümer imVorfeld der Beschlussfassung
in Ruhe mit dem jeweiligen Preis-Leistungs-Verhältnis beschäftigen können müssen.
„VERGEMEINSCHAFTUNG“
Vorsicht bei Übertragung des
Anspruchs auf Gemeinschaft
Wird der Verwalter durch einen
Beschluss mit der gerichtlichen
Durchsetzung eines beschlossenen
Vorgehens bezüglich eines Abwehran-
spruchs beauftragt und bevollmäch-
tigt, wird eine sogenannte gekorene
Ausübungsbefugnis der Eigentümer-
gemeinschaft für die individuellen
Ansprüche der Eigentümer begründet.
LG Aurich, Beschluss v. 24.7.2017, 4 S 49/17
FAKTEN:
Die Gemeinschaft war vor Kurzem entstanden, und der Beirat hatte erhebliche
Arbeit geleistet, um die Verwaltung mitzuorganisieren. Auch künftig war mit großem
Zeitaufwand des Beirats zu rechnen. Die Eigentümer hatten daher beschlossen, künftig
jedem Beiratsmitglied eine Aufwandsentschädigung von 500 Euro jährlich zu zahlen.
Ein Eigentümer hatte den Beschluss angefochten. Seine Klage war erfolgreich. Beirats-
mitglieder müssten unentgeltlich tätig werden und erhielten nur einen dem tatsäch-
lichen Aufwand entsprechenden oder pauschalierten Aufwendungsersatz. Der betrage
üblicherweise ca. 100 Euro.
FAZIT:
Auch das KG Berlin (Beschluss v. 29.3.2004, 24 W 194/02) hatte eine Jahresvergü-
tung von 500 Euro für den Beiratsvorsitzenden als den Grundsätzen ordnungsmäßiger
Verwaltung widersprechend angesehen. Andererseits soll eine pauschale Entschädigung
von 200 Euro bzw. 250 Euro je Beirat und Jahr ordnungsmäßiger Verwaltung auch dann
entsprechen, wenn zusätzlich der Ersatz konkret entstandener AufwendungennachVorla-
ge entsprechender Belege genehmigt wird (AGHattingen, Urteil v. 23.1.2014, 28 C 30/13).
ORDNUNGSGEMÄSSE VERWALTUNG
Beiratsvergütung:
500 Euro pro Jahr sind zu hoch
Ein Beiratsmitglied ist ein „Beauftrag-
ter“. Gemäß § 662 BGB wird dieser
grundsätzlich unentgeltlich tätig.
Die Gewährung einer Aufwandsent-
schädigung in Höhe von 500 Euro an
jedes Beiratsmitglied entspricht daher
nicht den Grundsätzen ordnungs-
mäßiger Verwaltung.
AG München, Urteil v. 1.2.2017, 481 C 15463/16 WEG
FAKTEN:
Ein Eigentümer hatte aufgrund eines nichtigen Beschlusses eine Rollstuhlrampe
errichtet, was später mehrheitlich genehmigt wurde. Ein anderer Eigentümer focht die
Genehmigung an. Er bemängelt, mehrere Alternativen hätten keine Erörterung gefun-
den. Die Klage war erfolgreich. Es besteht ein Anspruch auf Duldung einer baulichen
Maßnahme. Jedoch sind die betroffenen Grundrechte gegeneinander abzuwägen. Sind
mehrere Maßnahmen geeignet, entscheidet über die Auswahl die Mehrheit der übrigen
Miteigentümer. Hier gab es keine für die Ausübung ihres Mitbestimmungsrechts aus-
reichende Entscheidungsgrundlage.
FAZIT:
Mit Urteil vom 13.1.2017 (V ZR 96/16) hatte der BGH klargestellt, dass ein be-
hinderter Eigentümer keinen Anspruch auf Einbau eines Personenaufzugs hat. Ein An-
spruch auf Errichtung einer Rollstuhlrampe und/oder eines Treppenlifts bestehe jedoch.
Die Eigentümer können ihr Ermessen jedoch nur dann ausüben, wenn im Vorfeld der
Beschlussfassung mögliche Alternativen bekannt gemacht wurden.
ERRICHTUNG EINER ROLLSTUHLRAMPE
Beschluss muss ausreichend
bestimmt sein
Kommen mehrere geeignete Maßnah-
men zur Schaffung eines barrierefreien
Zugangs zur Wohnanlage in Betracht,
besteht ein Anspruch, dass diese aus-
reichend erörtert werden.
AG München, Urteil v. 5.7.2017, 482 C 26378/16 WEG