Immobilienwirtschaft 10/2017 - page 83

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FAKTEN:
ImursprünglichenVerwaltervertrag war geregelt, dass der Verwalter ermächtigt
ist, namens der Eigentümergemeinschaft Aktivverfahren gegen Eigentümer zu führen.
Der Verwalter wurde wiederbestellt. Zum Verwaltervertrag wurde nichts geregelt. Jetzt
leitete der vom Verwalter beauftragte Rechtsanwalt ein Mahnverfahren gegen einen
Eigentümer ein. Das gerichtliche Verfahren scheiterte, dem Rechtsanwalt der Gemein-
schaftwurden die Prozesskosten auferlegt. Die Klage war bereits unzulässig. Der Anwalt
der Gemeinschaft hatte zwar ein vom Verwalter unterzeichnetes Vollmachtsformular
vorgelegt. Dies war nicht ausreichend, da der Verwalter nicht mehr ermächtigt war, eine
entsprechende Vollmacht zu erteilen.
FAZIT:
Das in der Praxis immer wiederkehrende Problem, dass der Verwalter lediglich
per Beschluss wiederbestellt wird und nichts über einen bestehenden Verwaltervertrag
geregelt wird, ist von großer Bedeutung. Gesetzlich ist der Verwalter nicht ermächtigt,
Aktivprozesse für die Gemeinschaft zu führen, er darf sie nur in Passivprozessen vertei-
digen. Dem Verwalter kann aber eine Ermächtigung nach § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG auch
zum Führen von Aktivverfahren für die Gemeinschaft erteilt werden. Dies kann auch
im Verwaltervertrag geschehen. Allerdings muss dann die Ermächtigung zum Führen
von Aktivprozessen vom Beschluss über den Verwaltervertrag gedeckt sein. Die Eigen-
tümer müssen bei Beschlussfassung über den Verwaltervertrag also wissen, dass sie dem
Verwalter eine Aktivlegitimation erteilen. Das können sie aber nur dann, wenn ihnen
der Verwaltervertrag selbst bei Beschlussfassung vorliegt.
HÄUFIGES PROBLEM
Der Verwalter, der nur denkt,
er dürfe klagen
Ist dem Verwalter im Verwaltervertrag
die Ermächtigung zum Führen von
Aktivverfahren für die Gemeinschaft
eingeräumt, muss diese Ermächtigung
von dem Beschluss über den Verwal-
tervertrag umfasst sein. Ist dies nicht
der Fall, so muss die Ermächtigung
nachbeschlossen werden.
LG Frankfurt, Beschluss v. 03.04.2017, 2-13 S 85/16
GEMEINSCHAFTSORDNUNG
Aktivlegitimierung gilt für
jeden Verwalter
In der vor 30 Jahren erstellten Teilungs-
erklärung mit Gemeinschaftsordnung
wurde der Verwalter ermächtigt, zur
Vertretung der Eigentümergemein-
schaft im Rahmen der laufenden
Verwaltung in ihrem Namen Hausgeld­
rückstände für eben die Gemeinschaft
gerichtlich und außergerichtlich gel-
tend zu machen. Eine solche Regelung
gilt nicht nur für den ersten Verwalter,
sondern für den jeweils aktuellen
Verwalter. Soll hier Abweichendes
gelten, muss sich dies deutlich aus der
Gemeinschaftsordnung selbst ergeben.
LG Dortmund, Urteil v. 10.01.2017, 1 S 199/16
ZUGANG ZUR HEIZUNGSANLAGE
Zwingend
Gemeinschaftseigentum
Entscheidend für die Sondereigen-
tumsfähigkeit der Zugänge ist, ob der
betreffende Raum hinsichtlich seines
Nutzungszwecks der ständigen Herr-
schaftsmacht aller Eigentümer unter-
liegt. Zugänge zur gemeinschaftlichen
Heizungsanlage sind zwingend Ge-
meinschaftseigentum. Die Heizung er-
fordert einen ständigen Bedienungs-,
Wartungs- und Kontrollaufwand und
damit einen ständigen ungehinderten
Zugang aller Eigentümer. Er darf nicht
dadurch gefährdet werden, dass ein
Eigentümer im Rahmen seiner Raum-
herrschaft den gemeinschaftlichen
Gebrauch stört.
OLG Dresden, Beschluss v. 29.03.2017, 17 W 233/17
SCHADENSERSATZANSPRÜCHE
GEGEN VERWALTER
Eigentümerbeschwer bemisst
sich nach anteiliger Forderung
Das für die Rechtsmittelbeschwer
maßgebliche wirtschaftliche Interesse
des klagenden Eigentümers, der im
Wege der Anfechtungs- und Beschluss­
ersetzungsklage die Geltendmachung
von Schadensersatzansprüchen gegen
den Verwalter erreichen will, bemisst
sich nach seinem – im Zweifel nach
Miteigentumsanteilen zu bestim-
menden – Anteil an der Schadenser-
satzforderung. Ebenso beschränkt sich
das wirtschaftliche Interesse daran,
eine Kostenmehrbelastung zu verhin-
dern, auf den Anteil des Eigentümers
an den Mehrkosten.
BGH, Beschluss v. 09.02.2017, V ZR 88/16
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