Immobilienwirtschaft 10/2017 - page 81

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durch eine Sonderumlage zu finanzieren,
abgelehnt. Die gegen den Beschluss ge-
richtete Anfechtungsklage hatte Erfolg.
Der Anspruch auf Herstellung des zweiten
Rettungswegs durch die Gemeinschaft er-
gibt sich aus der Bestimmung des § 21Abs.
4 WEG. Es gehört zu dem plangerechten
Zustand einer Teileigentumseinheit, dass
die öffentlich-rechtlichen Anforderungen
an einen Aufenthaltsraum erfüllt sind.
Die in der Gemeinschaftsordnung enthal-
tene Kostenregelung ist nicht anwendbar.
Bereits nach dem Wortlaut bezieht sich
dies aber nur auf die Nutzung der „Gewer-
beflächen“, die die erstmalige Herstellung
der Eignung als Aufenthaltsraum nicht
erfasst. Eine abweichende Kostenregelung
gemäß § 16 Abs. 4 WEG wäre nicht zuläs-
FAKTEN:
In der Wohnungseigentums­
anlage sind im Souterrain drei Teileigen-
tumseinheiten vorhanden. Die Gemein-
schaftsordnung enthält insoweit folgende
Regelung: „Die Gewerbeflächen dürfen
zu baurechtlich zulässigen gewerblichen
Zwecken genutzt werden. Der Teileigen-
tümer ist verpflichtet, auf seine Kosten
alle erforderlichen öffentlich-rechtlichen
Genehmigungen einzuholen, und hat
alle mit der Nutzungsänderung in Zu-
sammenhang stehenden Kosten und
Lasten zu tragen.“ Ein Eigentümer der
Teileigentumseinheiten möchte diesen
als Aufenthaltsraum nutzen. In einer Ei-
gentümerversammlung wurde der Antrag
des Teileigentümers, die Herstellung des
zweiten Rettungswegs zu beschließen und
Entscheidung des Monats:
Wohnungseigentümer hat Anspruch auf Errichtung eines zweiten Rettungswegs
Es gehört zum plangerechten Zustand einer Teileigentumseinheit, dass die öffentlich-rechtlichen Anforderungen an
einen Aufenthaltsraum erfüllt sind. Eine abweichende Kostenregelung gemäß § 16 Abs. 4 WEG ist nicht zulässig.
BGH, Urteil v. 23.06.2017, V ZR 102/16
FAKTEN:
Ein Eigentümer hatte Klage auf sofortige Abberufung des Verwalters erhoben.
Das Amtsgericht hatte seine Klage abgewiesen. Die Berufung blieb erfolglos, Revision
wurde nicht zugelassen. Der Eigentümer erhob Nichtzulassungsbeschwerde. Die war
jedoch unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer
20.000 Euro nicht übersteigt. Das Interesse des Eigentümers an der vorzeitigen Abberu-
fung des Verwalters ist regelmäßig nach seinem Anteil am restlichen Verwalterhonorar
zu bemessen. Die Höhe dieses Anteils hatte der Eigentümer mit 802,33 Euro angegeben.
FAZIT:
Der Streitwert eines eigentumsrechtlichen Verfahrens entspricht meist nicht der
Beschwer des klagenden Eigentümers. Hier hatte die Beschwer nur ca. 800 Euro betra-
gen. Der Streitwert wurde diesbezüglich aber auf ca. 4.000 Euro festgesetzt. Wird der
Verwalter etwa bei einem jährlichen Honoraranspruch von 15.000 Euro 18 Monate
vor Beendigung seiner Amtszeit abberufen und erhebt er dagegen Klage, besteht das
Interesse des Verwalters darin, restliche Vergütungsansprüche zu sichern. Im Beispiel
entspricht es dem Honorar von 22.500 Euro.
VERWALTERABBERUFUNG
Die Beschwer richtet sich
nach anteiligem Honorar
Maßgebend für den Streitwert in woh-
nungseigentumsrechtlichen Verfahren
ist das Interesse des Rechtsmittelfüh-
rers an der Abänderung des ange-
fochtenen Urteils. Das Interesse eines
Eigentümers an der vorzeitigen Abbe-
rufung des Verwalters ist regelmäßig
nach seinem Anteil an dem restlichen
Verwalterhonorar zu bemessen.
BGH, Beschluss v. 19.01.2017, V ZR 167/16
sig, weil es im Interesse aller Eigentümer
liegt, dass die brandschutzrechtlichen An-
forderungen an die in der Teilungserklä-
rung vorgesehene Nutzung des Gebäudes
eingehalten werden.
FAZIT:
Dass ein Anspruch eines Eigentü-
mers gegen die übrigen Eigentümer auf
Herstellung von Gemeinschaftseigentum
besteht, das öffentlich-rechtlichen Vorga-
ben entspricht, ist zunächst nichts Neues.
Von erheblicher Bedeutung ist aber die
Klarstellung des BGH, dass dem Eigen-
tümer diesbezüglich nicht exklusiv die
Kosten der entsprechenden Maßnahme
auferlegt werden können. Dies hatten
zwar bereits Instanzgerichte klargestellt,
war aber nicht unumstritten.
Präsentiert von:
Rechtsanwalt Alexander C. Blankenstein
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht, Düsseldorf
Wohnungs-
eigentumsrecht
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
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