Immobilienwirtschaft 10/2017 - page 82

82
VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Nach der Teilungserklärung sind die Eigentümer verpflichtet, Gebäudeteile,
Anlagen und Teile von diesen, die sich als Gemeinschaftseigentum im Bereich des Son-
dereigentums befinden, in Stand zu halten. Die Penthouse-Wohnung im Dachgeschoss
verfügt über eine umlaufende Dachterrasse. Die Isolierschicht zur darunter liegenden
Wohnung war undicht geworden. Die Kosten der Beseitigung sollte allein der Penthouse-
Eigentümer tragen. Da dieser die Zahlung verweigerte, erhob die Gemeinschaft Klage
gegen ihn. Die war aber erfolglos. Die entsprechende Regelung der Teilungserklärung
ist nämlich auch anhand des mit ihr verfolgten Regelungszwecks auszulegen. Die Ge-
meinschaft hat ein grundlegendes Interesse daran, die Instandhaltung wesentlicher Ge-
bäudebestandteile nicht aus der Hand zu geben.
FAZIT:
Grundsätzlich muss die Gemeinschaftsordnung bei für einzelne Eigentümer be-
lastenden Regelungen eine klare und eindeutige Regelung enthalten, ansonsten gilt die
gesetzliche Regelung. Hinsichtlich der Instandhaltung ist dann die Gemeinschaft in der
Pflicht. Was die Kostenverteilung angeht, gilt § 16 Abs. 2 WEG.
INSTANDSETZUNGSPFLICHTEN
Isolierschicht unter der
Dachterrasse nicht betroffen
Sind Eigentümer gemäß Teilungs­
erklärung verpflichtet, Gebäudeteile
und Teile, die sich als Gemeinschafts-
eigentum im Bereich des Sonder­
eigentums befinden, in Stand zu hal-
ten, bezieht sich die Regelung nicht
auf die Abdichtung der Terrasse einer
Penthouse-Wohnung, die das Dach der
Wohnung darunter darstellt.
LG Hamburg, Urteil v. 15.06.2016, 318 S 110/15
FAKTEN:
EineGemeinschaftsordnung soll folgendeRegelung enthalten: „SindEhegatten…
an einem Eigentum beteiligt, so sind diese gegenseitig ermächtigt, alle aus dem Eigentum
herrührenden Rechte wahrzunehmen, insbesondere auch Zustellungen entgegenzuneh-
men.“ Das Grundbuchamt hält die Regelung für nicht im Grundbuch eintragbar. Das
bestätigten auch die Richter. In dieser nicht eingeschränkten Form läuft die Ermächtigung
auf eine Blankovollmacht hinaus, die sämtliche sachenrechtlichen Eigentumsrechte, Mit-
gliedschaftsrechte und gemeinschaftsbezogenen Drittrechte erfasst. Die Vereinbarung
einer solchen umfassenden Ausübungsermächtigung mit dinglicher Wirkung auch für
den Sonderrechtsnachfolger ist demnach offensichtlich nichtig.
FAZIT:
Offensichtlich unzulässig ist imÜbrigen auch die Vereinbarung, wonach bei einem
Wechsel der Inhaberschaft eines Eigentums der bisherige Eigentümer so lange als ermäch-
tigt gilt, alle aus dem Eigentum herrührenden Rechte wahrzunehmen, bis demVerwalter
der Eigentumswechsel durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist. Die Vereinbarung
verletzt den neuen Eigentümer in seinen Eigentumsrechten.
GEMEINSCHAFTSORDNUNG
Grenzen der Gestaltungsfreiheit
Eine Regelung in der Gemeinschafts-
ordnung über die Ermächtigung
des Ehegatten bzw. eingetragenen
Lebenspartners zur Wahrnehmung der
Rechte aus dem Eigentum ist unwirk-
sam.
OLG Hamm, Beschluss v. 21.12.2016, I-15 W 590/15
FAKTEN:
Die Eigentümer beschlossenmehrheitlich eine mineralische Dämmung der Fas-
sade. ImBereichder Fassade sindBalkone vorhanden, die neun Jahre vor Beschlussfassung
saniert wurden. Die Beschlüssewurden seitens einer Eigentümerin angefochten. Siemeint,
es verstoße gegenGrundsätze ordnungsmäßigerVerwaltung, dass das Schicksal der bereits
sanierten Balkone ungeklärt sei. Die Beschlüsse seien gefasst worden, ohne dass zuvor ein
hinreichendes Sanierungskonzept erarbeitet wurde. Das Gericht teilte die Auffassung der
Eigentümerin, dass erst eine Lösung für die Balkone gefunden werden muss, damit Wär-
mebrücken vermieden werden können. Die Dämmung der Fassade war ohne Ausgestal-
tung beschlossen worden. Es handelte sich nicht um einen bloßen Grundlagenbeschluss.
FAZIT:
Das Gericht konnte offenlassen, ob es sich bei der beschlossenen Maßnahme um
eine solche der Modernisierung des Gemeinschaftseigentums oder eine solche seiner
modernisierenden Instandsetzung handelt. In beiden Fällen muss jedenfalls der Maß-
nahmenumfang selbst geklärt sein.
FASSADENSANIERUNG
Kein Konzept ohne Berück-
sichtigung der Balkone
Soll eine Fassadendämmung erfolgen,
muss bei Beschlussfassung geklärt
sein, wie sich eine Dämmung der
Balkone vollzieht bzw. welche Auswir-
kungen eine fehlende Dämmung der
Balkone auf das Energiekonzept des
Hauses hat.
AG Charlottenburg, Urteil v. 17.08.2016, 75 C 32/16
1...,72,73,74,75,76,77,78,79,80,81 83,84,85,86,87,88,89,90,91,92,...116
Powered by FlippingBook