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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
ENERGIEWENDE
„Es wäre sinnvoll gewe-
sen, ganze Quartiere in
das Mieterstrom-Modell
einzubeziehen, weil
Verwaltungen häufig für
mehrere Gebäudeblöcke
zuständig sind.“
Thomas Meier,
BVI-Präsident
kümmert sich der Vermieter um den Be-
trieb der Heizung und kauft den nötigen
Brennstoff ein. Die Heizkosten und die
Betriebs- undWartungskosten der Anlage
werden nach der Heizkostenverordnung
auf die Mieter umgelegt. Es gibt jedoch
auch vertragliche Konstruktionen, bei
denen das Blockheizkraftwerk vom Ver-
mieter an einen anderen Betreiber ver-
pachtet oder von vornherein durch einen
externen Betreiber errichtet wird, das so
genannte Contracting, in verschiedenen
Ausführungsmöglichkeiten: Vom be-
triebswirtschaftlichen bis hin zum Ener
giecontracting oder Verträgen, die auf
Einsparziele hinarbeiten, sind mehrere
Varianten denkbar.
Die jüngst beschlossenen Neurege-
lungen für Photovoltaikanlagen auf Haus-
dächern sollen der Energiewende gerade
in Städten zu neuem Schwung verhelfen.
Wer als Eigentümer auf dem Dach Solar-
panels installiert und den daraus gewon-
nenen Stromdirekt anMieter verkauft, er-
hält künftig einen Zuschlag. Dessen Höhe
hängt von der Größe der Solaranlage und
dem Photovoltaik-Zubau insgesamt ab
und dürfte zwischen 2,21 Cent und 3,81
Cent pro Kilowattstunde liegen.
Der Strom darf auch an Bewohner in Ge-
bäuden im „unmittelbaren räumlichen
Zusammenhang“ mit dem Solardach-
Haus gehen – was genau dies in Praxis
und Rechtsprechung bedeutet, bleibt
abzuwarten. Die Gebäude müssen min-
destens zu 40 Prozent für Wohnzwecke
genutzt werden.
PFERDEFUSS 1: KEINE FÖRDERUNG AUF
QUARTIERSEBENE
Mit der Forderung,
ganze Quartiere in das Modell einzube-
ziehen, konnten sich Branchenverbände
leider nicht durchsetzen. „Dabei wäre
genau das sinnvoll gewesen, weil ja auch
Verwaltungen häufig für mehrere Gebäu-
deblöcke zuständig sind, hinter denen
ein Wohnungsunternehmen oder eine
Wohneigentumsgemeinschaft steht“, sagt
BVI-Präsident Thomas Meier.
PFERDEFUSS 2: GROSSE ANLAGEN NICHT
GEFÖRDERT
Kopfschütteln löst bei vielen
Experten aus, dass die Größe der förder
fähigen Anlagen auf 500 Megawatt jähr-
lich beschränkt ist. „Es gibt keinenGrund,
Investitionen auf diese Art und Weise zu
hemmen“, sagt Thomas Meier.
PFERDEFUSS 3: RIESIGER BÜROKRA-
TISCHER AUFWAND
Ohnehin ist fraglich,
welcher Vermieter die eigene Strompro-
duktion tatsächlich in Angriff nehmen
wird: Mit dem Engagement verlieren Un-
ternehmen ihre Gewerbesteuerbefreiung;
umgehen können sie das nur, indem sie
neue Gesellschaften eigens zur Stromher-
stellung und den entsprechenden Verkauf
gründen. „Wir als Immobilienverwalter
können nur vor dem erheblichen büro-
kratischen Mehraufwand warnen, der auf
Eigentümer und uns zukommt“, gibt Mei-
er zu bedenken.
„Unkomplizierter wäre es gewesen,
die Ausnahmeregelungen für Vermieter
auf den Mieterstrom auszuweiten.“ Ein
Knackpunkt bleibt auch die rechtliche
Stellung von Wohnungseigentümer
gemeinschaften: Im Moment werden sie
zu Elektrizitätsversorgungsunternehmen
mit entsprechenden Lieferantenpflichten.
Hier gebe es Anpassungsbedarf, stelltMei-
er klar. Es könne nicht sein, dass Eigentü-
mern und damit auch Verwaltungen noch
mehr Aufwand ans Bein gebunden wird.
PFERDEFUSS 4: EEG-UMLAGE WIRD FÄLLIG
Nach einer Studie des Instituts für Öko-
logische Wirtschaftsforschung (IÖW) im
Auftrag der Grünen ist Mieterstrom ge-
genüber dem Eigenverbrauch schlechter
gestellt. Während nämlich Eigenheim
besitzer keine oder reduzierte Abgaben
und Umlagen auf den selbst erzeugten
Strom zahlen müssten, werde der im
Hausnetz an Mieter gelieferte Solarstrom
voll mit der EEG-Umlage belastet.
Trotzdem können sich Mieterstrom-
Modelle schon für Gebäude ab 15 Wohn-
einheiten rechnen.
FÖRDERUNG: LÄNDER GEHEN VERSCHIE-
DENE WEGE
Neben den hohen KfW-För-
derungen KfW40 und KfW40 Plus bieten
immer mehr Bundesländer eigeneMieter-
stromförderungen an. Dazu gehörenHes-
sen, Nordrhein-Westfalen undThüringen.
In NRW zum Beispiel betrifft die
Förderung von maximal 30.000 Euro vor
allem Zuwendungen für die Ausgaben
bei Kauf und Installation von passenden
Zählern zur Bilanzierung des Mieter-
stromverbrauchs. Zuwendungsfähig
sind außerdem Hard- und Software für
Abrechnungssysteme. Daneben gibt es
andere Förderungen für Speicher und
PV-Anlagen.
In Thüringen wiederum werden mit
dem Programm „Solar Invest“ Solaranla-
gen mit bis zu 40 Prozent und Energie-
speicher mit bis zu 50 Prozent der Inves
titionskosten gefördert, sofern der Strom
komplett lokal imEigenverbrauch genutzt
wird. Investitionen in Mieterstrom-Mo-
delle werden sogar mit bis zu 80 Prozent
gefördert, dazu zählen auch Beratungsleis
tungen. Der maximal mögliche Zuschuss
je Vorhaben beträgt 100.000 Euro. Der
Fördersatz sollte nicht weniger als zehn
Prozent betragen.
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Redaktion „Immobilienwirtschaft“, Freiburg