Immobilienwirtschaft 10/2017 - page 66

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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
KOLUMNE
so fort. Ist also in Zeiten der Deals und Fake news das Recht des
Stärkeren die Managementmethode der Stunde? Donald Trump
als Role model für die deutsche Immobilienwirtschaft?
Oder bin ich zu zart besaitet für diese Art vonGeschäft? Kann
es sein, dass immer nur die anderen Schuld sind?Was sind unsere
eigenen Fehler? Könnten wir besser sein? Wie könnten Archi-
tekten stärker Einfluss nehmen auf das Baugeschehen und die
Beteiligten? Wie könnten die diversen Formen von Verschwen-
dung, Fehlern und überflüssigenKosten reduziert, wie kannmehr
Qualität erreicht werden? Ich schaue auch gernemal wohlwollend
auf die Branche. Ich bin ja selber Teil von ihr. Doch ohne über das
Wie und Warum zu sprechen geht nur wenig voran. Also, kurz
und gut: wie sieht eine bessere Projektplanung aus?
PHASE NULL
Alles fängtmit einer sorgfältigenVorbereitung an, der
Phase Null. Klar. Wenn Grundstücksentwicklungen mit solider
Vorprüfung und passendem Budget begonnen würden, stünden
die Planer nicht von Beginn an so mächtig unter Kostendruck.
Überhaupt kann eine erfolgreiche Projektbearbeitung durch eine
solide Finanzierung beschleunigt werden. Warum erwähne ich
das in Niedrigzinszeiten und Geldschwemme?
In der Regel finanzieren Banken den Grundstückskauf und
später auch den Bau. Die Planungsphase bis zumBauantragmuss
aber vomProjektentwickler selber gezahlt werden. Umdas eigene
Risiko gering zu halten, werden Zwischenfinanzierer eingeschal-
tet, die sich ihr Risiko mit hohen Zinsen bezahlen lassen. Um die
S
eit einer Stunde sitze ich zusammen mit meinem Partner
an einem blitzsauberen Besprechungstisch. Wir warten auf
unseren Auftraggeber. Ein eingespieltes Ritual, wie bei jeder
Verabredungmit demselbstbewussten Immobilienentwickler aus
London. Ein Gespräch über Form und Zukunft der Zusammen-
arbeit steht an. Der Ton in den Projektbesprechungen ist rüde,
bisweilen verletzend. Ein externes Projektmanagement für dieses
komplexe Vorhaben wurde nicht eingesetzt. Die Fachingenieure
werden, wie wir, nur schleppend bezahlt und halten infolgedessen
ihre Zuarbeit immer wieder zurück. Dadurch können wir unsere
Leistungen nicht abschließen, das Projekt zieht sich hin. Es gibt
also genug Gesprächsstoff. Ein Einzelfall, der nur uns betrifft?
Leider nein. Von vielen Kollegen höre ich ähnliche Geschichten.
Es gibt eine lange Kette von Beispielen für Do-it-yourself Ma-
nagement und fehlende Planungskultur.
LEAN CONSTRUCTION?
Ich sehe kaum eine Branche, in der so un-
beschwert unwirtschaftlich gearbeitet wird, wie in der Immobi-
lienbranche. Management Methoden wie etwa Lean Production
(„Werte ohne Verschwendung schaffen“) oder Lean Construction
(„Wie Toyota im Bauwesen“), gelten als überschätzt. Wer kennt
das nicht: Da werden schon mal hochgebildete Architekten und
Ingenieure abgekanzelt, preisgekrönte, erfahrene Architekturbü-
ros gefeuert, eigene Projektteams mitten imVerlauf ausgetauscht,
Kompetenzen entzogen, Entscheidungen nicht getroffen, Verträ-
ge einfach nicht eingehalten, Zahlungspläne nicht umgesetzt und
Im Wilden Westen
Foto: Dirk Weiß
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