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1.2017
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
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FAKTEN:
Zwischen den Parteien bestand ein Mietverhältnis über eine Lagerhalle. Ein
besonderer Vertragszweck ist nicht vereinbart. Der Mieter errichtete in demMietobjekt
eine Lackierkabine und führte dort Lackierarbeiten an Kraftfahrzeugen durch. Die Be
hörde leitete später ein Verfahren gegen den Vermieter ein, weil für den Betrieb einer
Autolackiererei eine Baugenehmigung erforderlich sei. Im Hinblick auf die Unklarheit
stellte der Mieter die Mietzahlungen ein. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis
wegen der in der Zeit ab April entstandenen Mietrückstände. Das Gericht vertritt die
Ansicht, dass der Betrieb der Lackiererei vom Mietvertrag gedeckt sei. Die Pflicht des
Mieters zur Zahlung der Miete entfällt, wenn ihm der vertragsgemäße Gebrauch der
Mietsache entzogen wird. Hiervon ist auch dann auszugehen, wenn die zuständige Be
hörde die Nutzung des Mietobjekts durch ein rechtswirksames und unanfechtbares
Verbot bereits untersagt hat oder wenn der Mieter aufgrund der Umstände davon aus
gehen muss, dass die behördliche Nutzungsuntersagung droht. Dieser Umstand ist als
Sachmangel zu bewerten. Eine begründete Unsicherheit hinsichtlich der Zulässigkeit
der Nutzung reicht aus. Voraussetzung ist jedoch, dass sie tatsächlich tätig wird und
dass der vertragsgemäße Gebrauch hierdurch tatsächlich beeinträchtigt wird, was hier
noch nicht der Fall war.
FAZIT:
Dem Mieter ist es in der Regel zuzumuten, die behördliche Maßnahme auf ihre
Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen. Es genügt jedoch nicht, dass die Behörde mögli
cherweise tätig werden könnte. Die Klage des Vermieters hatte deshalb Erfolg.
DROHENDES BEHÖRDLICHES
NUTZUNGSVERBOT
Liegt ein Sachmangel vor?
Allein der Umstand, dass die Behörde
wegen einer unzulässigen Nutzung
eines Gewerbeobjekts ein Verfahren
eingeleitet hat, vermag einen Mangel
des Mietobjekts i. S. d. § 536 BGB
nicht zu begründen; dem Mieter ist es
grundsätzlich zuzumuten, die behörd-
liche Maßnahme auf ihre Rechtmäßig-
keit überprüfen zu lassen.
OLG Dresden, Beschluss v. 01.06.2017, 5 U 477/17
KOSTENPOSITIONEN ERKENNBAR?
Grundsätze der Betriebs-
kostenabrechnung
Für die Ordnungsgemäßheit einer
Betriebskostenabrechnung ist allein
entscheidend, ob die darin gemachten
Angaben dem Mieter ermöglichen,
die anstehenden Kostenpositionen zu
erkennen und den auf ihn entfallenden
Anteil an diesen Kosten nachzuprüfen.
Hieran sind keine strengen Anforde-
rungen zu stellen. Ausreichend ist es,
dass der Mieter die ihm angelasteten
Kosten bereits aus der Abrechnung klar
ersehen kann, sodass die Einsichtnah-
me in dafür vorgesehene Belege nur
noch zur Kontrolle und zur Beseitigung
von Zweifeln erforderlich ist.
BGH, Beschluss vom 25.04.2017, VIII ZR 237/16
EIGENBEDARFSKÜNDIGUNG
Grenzen der Anbietpflicht
Hat der Vermieter ein Wohnraummiet-
verhältnis gekündigt, weil er seine
bisherige Wohnung aufgeben und die
Wohnung des Mieters nutzen will, ist
er nicht verpflichtet, dem Mieter die
bisher von ihm selbst bewohnte Woh-
nung anzubieten, weil diese Wohnung
erst dann frei wird, wenn der Vermie-
ter nach dem Auszug des Mieters in
die gekündigte Wohnung eingezogen
ist. Auf einen „fliegenden Wohnungs-
wechsel“ muss sich der Vermieter
nicht einlassen. Die unterlassene
Anbietung von Vergleichswohnungen
stellt mit Ablauf der Kündigungsfrist
keine Pflichtverletzung dar.
BGH, Beschluss v. 19.07.2017, VIII ZR 284/16
UNTERSCHIED MIETE UND LEASING
Schriftform für Immobilien-
Leasingverträge?
Die Regelung der §§ 550, 578 BGB
(Schriftformerfordernis) ist auf
Immobilien-Leasingverträge nicht ent-
sprechend anwendbar. Insbesondere
ist das Kündigungsrecht wegen eines
Formmangels mit der rechtlichen und
wirtschaftlichen Natur des Leasingver-
trags, der eine Finanzierungsfunktion
für den Leasingnehmer erfüllt, nicht
vereinbar. Denn der Mietvertrag un-
terscheidet sich vom Leasingvertrag,
für den typisch ist, dass der Miet
gegenstand noch nicht vorhanden ist,
sondern vom Leasinggeber beschafft
und finanziert wird.
KG Berlin, Urteil v. 24.11.2016, 8 U 70/15